Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
stellen. Es ist viel ungefährlicher, als Einheimische umzubringen — und genauso befriedigend. Deshalb bezweifle ich, daß sie sich je eine Gelegenheit entgehen lassen, einen Vagabunden zu foltern und abzuschlachten. Auch wenn du Kelsko und den anderen Troll nicht umgebracht hättest, wäre dieser Dembrow mit größter Wahrscheinlichkeit auf dem Weg durch Yontsdown verschwunden, und sein Ende hätte kaum anders ausgesehen. Der einzige Unterschied besteht darin, daß er auch noch als Sündenbock diente, daß man auf diese Weise bequem die Akte eines Falles schließen konnte, mit dem die Bullen überfordert waren. Du bist nicht verantwortlich.«
    »Wer denn dann?« fragte ich jämmerlich.
    »Die Trolle«, erwiderte sie entschieden. »Diese Teufel. Und, bei Gott, wir werden sie auch für Dembrow büßen lassen, wie für alles andere!«
    Ich fühlte mich nach ihren Worten etwas besser — wenn auch nicht allzu sehr.
    Wir vertieften uns wieder in die Lektüre des Yontsdown Register und erfuhren, wer Kelskos Nachfolge als Polizeichef angetreten hatte. Der Name war uns erschreckend vertraut: Orkenwold, Klaus Orkenwold. Jener Troll, der im Keller des Hauses an der Apple Lane aus purem Sadismus seine Schwägerin gefoltert und getötet hatte, ebenso wie ihre beiden Kinder. Ich hatte Rya von den grausigen Verbrechen erzählt, die ich mit meinem sechsten Sinn wahrgenommen hatte. Jetzt starrten wir einander bestürzt an und fragten uns, was dieser Zufall zu bedeuten haben mochte.
    Wie bereits erwähnt, glaube ich manchmal — in deprimierter Stimmung —, daß die Welt ein einziges wildes Chaos ist, daß es so etwas wie den Sinn des Lebens überhaupt nicht gibt, daß alles nur Leere und Asche und Grausamkeit ist. In solcher Geistesverfassung bin ich ein geistiger Bruder des Predigers Salomo.
    Das war in der Bibliothek aber nicht der Fall.
    Bei manchen Gelegenheiten entwickle ich nämlich spirituelle Neigungen. Dann sehe ich in unserer Existenz ein kompliziertes Muster, das ich zwar nicht verstehen kann, das mich aber zu der ermutigenden Überzeugung führt, es gebe ein geordnetes Universum, in dem nichts Zufälliges geschieht. Mit meinen Zwielicht-Augen nehme ich verschwommen eine ordnende Kraft wahr, eine höhere Macht, der wir zu dienen haben — die in uns vielleicht sogar hohe Erwartungen setzt. Ich spüre einen Plan, obwohl seine Bedeutung mir völlig verborgen bleibt.
    Dies war eine solche Gelegenheit.
    Wir waren nicht einfach aus eigenem Antrieb nach Yontsdown zurückgekehrt. Es war uns bestimmt gewesen zurückzukehren, um mit Orkenwold abzurechnen — oder mit dem System, das er repräsentierte.
    In einer Kurzbiographie wurde die Tapferkeit gerühmt, mit der Orkenwold zahlreiche persönliche Schicksalsschläge überwunden hatte: Er hatte eine Witwe mit drei Kindern geheiratet — Maggie Walsh, geborene Penfield —, und nach zweijähriger, angeblich außerordentlich glücklicher Ehe hatte er Frau und Adoptivkinder bei einem Brand verloren, der eines Nachts sein Haus verwüstete, während er im Dienst war. Das Feuer wütete derart, daß nur Knochen übrigblieben.
    Ohne auch nur ein Wort darüber verlieren zu müssen, stand für Rya und mich fest, daß der Brand nicht versehentlich ausgebrochen war und daß ein ehrlicher Leichenbeschauer — wenn es außer Knochen etwas zu beschauen gegeben hätte — auf Spuren schwerer Verletzungen gestoßen wäre, die nichts mit dem Feuer zu tun hatten.
    Einen Monat später geschah die nächste Tragödie. Orkenwolds Partner beim Streifendienst — sein Schwager Tim Penfield — wurde bei dem Versuch, einen Einbrecher in einem Warenlager zu stellen, von diesem erschossen. Dem heldenhaften Orkenwold gelang es, den Täter zu erschießen.
    Auch darüber brauchte man kein Wort zu verlieren. Alles war sonnenklar. Orkenwolds Schwager war kein Troll gewesen und hatte aus irgendwelchen Gründen Orkenwold des Mordes an Maggie und den drei Kindern verdächtigt. Daraufhin hatte Orkenwold sich des Mannes geschickt entledigt.
    Der Register zitierte Orkenwold, der damals gesagt hatte: »Ich weiß wirklich nicht, ob ich die Polizeiarbeit weiterhin verkraften kann. Er war nicht nur mein Schwager, sondern auch mein Partner und mein bester Freund — der beste Freund, den ich je hatte. Ich wünschte, der tödliche Schuß hätte mich und nicht ihn getroffen.« Eine glänzende Vorstellung, in Anbetracht der Tatsache, daß er seinen Kollegen und irgendeinen Unschuldigen, dem er das Verbrechen in die Schuhe

Weitere Kostenlose Bücher