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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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abzublocken.
    »Die Firma Thompson liefert im Winter alle drei Wochen Heizöl«, berichtete Garwood, »und im Herbst in größeren Zeitabständen.«
    »Wieviel kostet eine Tankfüllung?« erkundigte sich Rya, die in der Rolle der kostenbewußten jungen Hausfrau sehr überzeugend wirkte.
    Ich sah einen sechsjährigen Jungen und ein siebenjähriges Mädchen in verschiedenen Stadien der Mißhandlung. Obwohl diese herzzerreißend wehrlosen Opfer schon lange tot waren, hallten ihre Schmerzensschreie, ihr Wimmern und Flehen in den Korridoren der Zeit wider und wurden von meinem sechsten Sinn wahrgenommen. Ich hatte Mühe, nicht in Tränen auszubrechen.
    Ich sah auch einen besonders bösartigen Troll — Klaus Orkenwold höchstpersönlich. So als wäre er zur Hälfte ein Dämon und zur anderen Hälfte ein Gestapo-Schlächter, wechselte er in seinem behelfsmäßigen Kerker nach Lust und Laune seine Erscheinungsform, war einmal Mensch, dann wieder — um das Entsetzen seiner Opfer zu steigern — Troll; und in beiden Gestalten verlieh ihm der flackernde orangefarbene Feuerschein aus dem offenen Ofen zusätzliche Unheimlichkeit.
    Irgendwie brachte ich es fertig zu lächeln, zu nicken und sogar einige Fragen zu stellen. Irgendwie kam ich auch wieder aus diesem Keller heraus, ohne mir meine maßlose Verstörung anmerken zu lassen, obwohl ich bis heute nicht weiß, wie es mir gelingen konnte, den Gleichmütigen zu spielen, während jene düstere Strahlung auf mich einwirkte.
    Wieder im Erdgeschoß, bei geschlossener Kellertür, spürte ich nichts mehr von der mörderischen Vergangenheit des feuchten unterirdischen Raums. Ich atmete tief aus, um meine Lungen von der mit Blut und Galle durchtränkten Luft zu befreien. Da das Haus für unsere Zwecke ideal gelegen war und sowohl Bequemlichkeit als auch Anonymität bot, beschloß ich, daß wir es mieten würden und ich einfach meinen Fuß nie wieder auch nur auf die Kellertreppe setzen würde.
    Wir hatten Garwood falsche Namen angegeben — Bob und Helen Barnwell aus Philadelphia. Und wir hatten ihm eine sorgfältig ausgedachte Geschichte erzählt, der zufolge wir Geologiestudenten waren. Angeblich hatten wir unsere Magisterexamen bestanden und wollten jetzt für unsere Dissertationen, die gewisse Besonderheiten der Felsschichten in den Appalachen zum Thema haben sollten, ein halbes Jahr praktisches Material sammeln. Auf diese Weise würden wir für etwaige Ausflüge ins Gebirge zur Erkundung der Mineneingänge und Werkanlagen einen harmlosen Vorwand haben.
    Ich war mit meinen knapp achtzehn Jahren erfahrener als viele doppelt so alte Männer, aber natürlich war ich nicht alt genug, um bereits meinen Magister in der Tasche zu haben und eine Dissertation anzustreben. Immerhin sah ich aber um Jahre älter aus, als ich tatsächlich war. Die Gründe sind Ihnen bekannt.
    Rya, die ja älter war als ich, machte einen so reifen Eindruck, daß man ihr das abgeschlossene Studium durchaus glauben konnte. Ihr schwieriges, von so vielen Tragödien überschattetes Leben hatte Spuren von Schmerz in ihrem schönen Gesicht hinterlassen.
    Jim Garwood schien keinen Verdacht zu schöpfen.
    Slick Eddy hatte uns in Gibtown auch gefälschte Papiere auf den Namen Barnwell besorgt. Für unser angebliches Studium an der Temple University von Philadelphia hatten wir allerdings keine Unterlagen. Wir konnten nur hoffen, daß Garwood über uns keine Erkundigungen einziehen würde, aber zum einen mieteten wir das Haus nur für sechs Monate, und zum anderen bezahlten wir die Gesamtmiete und eine gesalzene Kaution sofort in bar, was uns zu angenehmen und seriösen Mietern machte.
    Heutzutage, da in jedem Büro Computer stehen und man in wenigen Stunden eine Personenauskunft einholen kann, in der vom Arbeitsplatz bis zu Lebensgewohnheiten alles aufgeführt ist, hätte man unsere Geschichte ganz automatisch überprüft. Aber damals, im Jahre 1964, hatte die Microchip-Revolution noch nicht stattgefunden; Datenverarbeitung und Informationstechnik steckten noch in den Kinderschuhen, und Menschen wurden häufig nur nach ihren Aussagen und nach ihrem Gesamteindruck beurteilt.
    Glücklicherweise verstand Garwood auch nichts von Geologie und konnte uns deshalb keine unangenehmen Fragen stellen.
    In seinem Büro unterzeichneten wir den Mietvertrag, gaben ihm das Geld und bekamen die Schlüssel.
    Jetzt hatten wir eine Operationsbasis.
    Wir brachten unser Gepäck in die Apple Lane. Obwohl mir das Haus vor kurzer Zeit noch

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