Zwielicht
dem Keller war von oben nur ein kleines Stück grauen Betonbodens zu sehen.
Ich stieg vorsichtig die Treppe hinab.
Rya und Cathy folgten mir, und unsere Stiefel dröhnten auf den Holzstufen.
Üble Gerüche stiegen mir in die Nase. Urin, Kot, alter Schweiß.
Der große Raum enthielt nichts von all dem, was man normalerweise in Kellern findet — keine Werkzeuge, kein Holz für irgendwelche Arbeiten eines leidenschaftlichen Hobbybastlers, keine Farbtöpfe, kein eingemachtes Obst oder Gemüse. Stattdessen gab es hier einen Altar und einen großen stabilen Käfig mit Eisenstangen vom Boden bis zur Decke.
Obwohl sie jetzt still waren, zweifelte ich keinen Augenblick daran, daß die gräßlichen Insassen des Käfigs jenen Lärm verursacht hatten, der uns an diesen gottverlassenen Ort geführt hatte. Es waren drei junge Trolle, jeder etwa 1,20 Meter groß. Trollkinder. Sie gehörten unverkennbar jener dämonischen Spezies an — und waren doch anders. Unbekleidet, von Licht und Schatten gestreift, spähten sie zwischen den Gitterstäben hervor, während ihre Gesichter und Körper sich ständig veränderten. Ihre Fähigkeit zur Metamorphose war offenbar völlig außer Kontrolle geraten. Sie befanden sich ständig in einem fließenden Zwischenstadium, halb Trolle, halb Menschen. Fleisch und Knochen verwandelten sich unablässig, ohne eine der beiden Erscheinungsformen komplett zustandezubringen. Einer hatte einen menschlichen Fuß an einem trollartigen Bein und Hände mit zum Teil menschlichen, zum Teil trollartigen Fingern. Während ich hinschaute, formten sich einige Menschenfinger in viergliedrige Finger mit langen Krallen um, und umgekehrt wurden aus einigen Trollfingern allmählich Finger eines Menschenkindes. Eine der beiden anderen Kreaturen starrte uns aus harten, bösartigen, aber menschlichen Augen an, während ihr übriges Gesicht dämonisch war; doch im nächsten Augenblick entstand bereits eine neue Kombination menschlicher und trollartiger Züge.
»Was sind das für Wesen?« fragte Rya schaudernd.
»Ich glaube... mißgestaltete Trollkinder«, sagte ich und trat etwas näher an den Käfig heran, blieb aber außer Reichweite der grausigen Geschöpfe, die uns aufmerksam beobachteten.
»Mißgeburten«, fuhr ich fort. »Alle Trolle haben ein Gen, das ihnen die Verwandlung vom Mensch zum Troll und zurück ermöglicht. Aber diese Kreaturen wurden offenbar mit unvollkommenen metamorphen Genen geboren... ein ganzer Wurf von Mißgeburten. Sie können keine der beiden Erscheinungsformen beibehalten. Ihr Gewebe befindet sich ständig in Bewegung. Deshalb haben ihre Eltern sie hier unten eingesperrt, so wie Menschen früher ihre geisteskranken Kinder in Kellern und Dachkammern versteckten.«
Eine der Mißgeburten fauchte mich an, und die beiden anderen stimmten sofort begeistert ein — ein bedrohliches Zischen.
»Allmächtiger Gott«, flüsterte Cathy Osborn.
»Es ist nicht nur eine körperliche Mißbildung«, sagte ich. »Sie sind auch wahnsinnig — sowohl nach menschlichen Maßstäben als auch nach denen der Trolle. Wahnsinnig und äußerst gefährlich.«
»Sagt dir das dein sechster Sinn?« fragte Rya.
Ich nickte.
Während ich von ihrem Wahnsinn sprach, war ich wieder empfänglich für die Ausstrahlung ihrer geisteskranken Hirne geworden, wie zuvor auf der Kellertreppe. Ich spürte in ihnen Wünsche und Triebe, die ich zwar nicht richtig verstehen konnte, weil sie zu fremdartig waren, die aber unverkennbar durch und durch pervers, blutrünstig und abstoßend waren. Düstere Lüste und Bedürfnisse, beängstigender Hunger... Wieder reduzierte ich meinen sechsten Sinn, so als drosselte ich die Luftzufuhr in einem Ofen, und die lodernde Glut psychotischer Strahlung wurde langsam schwächer, bis nur noch eine kaum wahrnehmbare Flamme übrigblieb.
Sie hörten auf zu fauchen und zu zischen.
Ihre menschlichen Augen warfen plötzlich Blasen, schmolzen dahin, glühten rot auf und wurden zu haßerfüllt funkelnden Trollaugen.
Eine der Kreaturen stieß tief in der Kehle abgehackte Geräusche aus, die vermutlich eine Art Lachen darstellten — ein böses Lachen, das mich frösteln ließ.
Hier sprangen Hauer aus menschlichen Mündern hervor.
Da begann sich ein schwerer wilder Hundekiefer herauszubilden.
Und dort verwandelte sich ein perfekter menschlicher Daumen in ein viergliedriges Stilett.
Unablässige Verwandlung, nie zu Ende geführt. Genetischer Wahnsinn.
Eines der drei alptraumhaften Geschöpfe schob
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