Zwielicht
Flamme aus. Ich trug die Lampe zu den toten Trollen und goß das Öl über die Leichen.
Das reine Öl ließ ihre blasse Haut erglänzen.
Ihre Haare wurden dunkler.
Öltropfen hingen an ihren Wimpern.
Der Fäkaliengestank wurde von dem scharfen Geruch der brennbaren Flüssigkeit überlagert.
Die Käfiginsassen verfolgten das Geschehen schweigend.
Ich konnte die Sache nicht länger hinausschieben. Ich hatte den Revolver in meinen Gürtel geschoben. Jetzt nahm ich ihn zur Hand.
Als ich mich dem Käfig näherte, schweiften ihre Blicke von den Leichen zu der Waffe, die ihre Neugier nicht minder fesselte.
Ich tötete die Trolljungen mit Kopfschüssen und war mir bewußt — sie zu erschießen war deshalb eine Handlung, die eher einem Troll als einem Menschen zuzutrauen und eines Mannes eigentlich unwürdig war, obwohl ich keine andere Wahl hatte.
Rya und Cathy kamen zurück. Jede trug einen Eimer, der zu zwei Dritteln mit Benzin gefüllt war, und sie gingen die Treppe übertrieben vorsichtig hinab, um nur ja keinen Tropfen auf ihre Kleidung zu verschütten.
Sie warfen einen Blick auf die drei toten Mißgeburten im Käfig — und schauten hastig wieder weg.
Mich überkam plötzlich das Gefühl, daß wir uns schon viel zu lange im Haus aufhielten, daß die Gefahr, von anderen Trollen hier entdeckt zu werden, von Minute zu Minute zunahm.
»Bringen wir's vollends hinter uns«, flüsterte Rya, und ihr Flüstern — für das eigentlich kein Grund bestand — verriet mir, daß auch ihre Befürchtungen wuchsen.
Ich nahm Cathys Eimer und schüttete den Inhalt in den Käfig, über die Leichen.
Rya holte die noch brennende Öllampe vom Altar und folgte Cathy die Treppe hinauf. Ich goß den zweiten Eimer Benzin über den Kellerboden und rannte, nach Luft schnappend, in die Küche, wo die beiden Frauen warteten.
Rya streckte mir die Öllampe hin.
»Ich habe Benzin an den Händen«, sagte ich und wusch sie mir hastig an der Spüle.
Gleich darauf nahm ich Rya die Lampe ab und kehrte zur Kellertreppe zurück. Die Benzindämpfe waren erstickend. Ich schleuderte die Lampe auf den Boden hinab.
Die Glaskugel zerschellte auf dem Beton. Die Dochtflamme setzte das verspritzte Öl in Brand, und das brennende Öl entzündete das Benzin. Ein schreckliches Prasseln ertönte, und eine Hitzewelle überflutete die Treppe, so daß ich einen Moment lang glaubte, mein Haar hätte Feuer gefangen.
Rya und Cathy hatten sich schon auf die hintere Veranda zurückgezogen. Ich folgte ihnen rasch. Wir rannten um das Haus herum, vorbei an dem Streifenwagen, der in der Nähe der vorderen Veranda geparkt war, die Auffahrt hinab.
Noch bevor wir den Waldrand erreichten, sahen wir den Widerschein des Feuers auf dem Schnee. Als wir zurückblickten, hatten die Flammen bereits auf das Erdgeschoß übergegriffen. Die Fenster leuchteten wie Irrlichter. Dann explodierten die Scheiben mit lautem Klirren, das in der kalten Nachtluft deutlich zu hören war.
Jetzt würde der Wind die Flammen rasch bis zur Dachspitze tragen. Von den Leichen im Keller würden nur Knochen und Asche übrigbleiben. Wenn wir etwas Glück hatten, würden die Behördenvertreter — allesamt Trolle — den Brand auf einen Unfall zurückführen. Doch selbst wenn sie Verdacht schöpften und eine gründliche Untersuchung einleiteten, bei der Projektilspuren in den Knochen und andere Beweise auf ein Verbrechen hindeuteten, hatten wir auf jeden Fall ein bis zwei Tage Zeit, bevor die Fahndung nach den Trollmördern beginnen würde.
Die erste Schlacht des neuen Krieges. Und wir hatten sie gewonnen.
Wir wandten uns von dem brennenden Haus ab, rannten durch den dunklen Baumtunnel zur Hauptstraße und weiter zu unserem Kombi. Rya setzte sich ans Steuer, Cathy auf den Beifahrersitz. Ich nahm im Fond Platz, den Polizeirevolver auf dem Schoß. Falls Trolle auftauchten und uns aufzuhalten versuchten, würde ich sie ohne zu zögern über den Haufen schießen.
Das Haus lag schon kilometerweit hinter uns, als mir noch immer die unheimlichen Schreie der drei Mißgeburten in den Ohren gellten.
Wir brachten Cathy zu einer Tankstelle, begleiteten sie und einen Automechaniker dann zu ihrem Auto. Der Mann stellte fest, daß die Batterie leer war, und tauschte sie an Ort und Stelle aus.
Als der Pontiac wieder fahrtüchtig war, der Mechaniker seinen Lohn erhalten hatte und weggefahren war, schaute Cathy gehetzt von Rya zu mir und starrte sodann den gefrorenen Boden an. »Verdammt, und was jetzt?«
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