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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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oder jene, die vorzeitig durch Unfälle starben oder von Menschen wie mir ermordet wurden. Und weil sie wußten, daß sie allmählich aussterben würden, hatten sie beschlossen, den nächsten Krieg noch vor der Jahrhundertwende zu inszenieren. Später würde ihre schwindende Anzahl es zunehmend schwierig machen, die wenigen menschlichen Überlebenden der Katastrophe zur Strecke zu bringen.
    Rya hatte noch eine Ampulle Pentothal. Sie hielt sie hoch und warf mir einen fragenden Blick zu.
    Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte keine weiteren Fragen. Wir hatten ohnehin schon zuviel gehört.
    Sie steckte die Ampulle wieder ein. Ihre Hände zitterten.
    Verzweiflung hüllte mich wie ein Leichentuch ein.
    Ryas bleiches Gesicht war ein Abbild meiner eigenen Gefühle.
    »Wir lieben«, erklärte ich dem Dämon, der sich wieder zu rühren begann, weil die Wirkung der Droge nachließ. »Wir lieben! Verdammt, wir lieben!«
    Ich zückte mein Messer und schnitt ihm die Kehle durch.
    Blut floß.
    Der Anblick des Blutes bereitete mir keinen Genuß, bestenfalls eine grimmige Befriedigung.
    Der Troll hatte ja schon vorhin seine Menschengestalt angenommen, deshalb brauchte er es nicht in seiner Todessekunde zu tun. Seine Menschenaugen brachen, und darunter erloschen auch die roten Trollaugen.
    Als ich mich aufrichtete, ertönte plötzlich eine Alarmsirene, die von den kalten Betonwänden widerhallte.
    Wie in unserem Alptraum.
    »Slim!«
    »Verdammte Scheiße!« murmelte ich mit stockendem Herzschlag.
    Hatten sie den toten Troll auf der untersten Ebene ihrer Festung entdeckt? Oder hatten sie den Unhold vermißt, dem ich soeben den Garaus gemacht hatte, und deshalb Verdacht geschöpft?
    Wir eilten zur Tür, doch dann hörten wir, daß auf dem Korridor Trolle umherrannten und in jener alten Sprache herumbrüllten.
    Wir wußten jetzt, daß es 64 Kammern gab. Der Feind konnte nicht wissen, wie weit wir vorgedrungen waren, wo wir uns aufhielten. Es war deshalb unwahrscheinlich, daß sie ausgerechnet dieses Zimmer als erstes durchsuchen würden. Uns blieb also ein wenig Zeit, um einen Ausweg aus dieser verzweifelten Situation zu finden. Einige kostbare Minuten...
    Die Sirene heulte.
    Wir rannten durch das Zimmer und hielten Ausschau nach irgendeinem Versteck. Wir konnten nichts finden — bis mein Blick auf das Gitter der Belüftungsanlage fiel. Es war etwa einen Quadratmeter groß und befand sich wie ein Mauseloch unten an einer Wand. Zum Glück war es nicht angeschraubt, sondern wurde mit einem einfachen Magnetknopf geschlossen. Als ich daran zog, schwang das Gitter auf. Der Schacht maß einen Meter im Quadrat und hatte Metallwände. Die abgesaugte Luft verursachte ein leises Säuseln.
    Ich preßte meine Lippen an Ryas Ohr, um die Sirene zu übertönen. »Nimm deinen Rucksack ab und schieb ihn vor dir her«, sagte ich. »Die Schrotflinte auch. Solange die Sirene heult, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, daß man uns hören könnte. Danach müssen wir uns möglichst lautlos fortbewegen.«
    »Es ist dunkel da drin. Können wir unsere Taschenlampen verwenden?«
    »Ja. Aber schalt sie sofort aus, sobald du siehst, daß von draußen durch ein anderes Gitter Licht einfällt. Wir dürfen nicht riskieren, daß auch nur ein Strahl unserer Lampen auf einen Korridor fällt.«
    Sie schob ihren Rucksack und die Schrotflinte in den Schacht, kroch auf dem Bauch hinein und verschwand im Dunkeln.
    Auch ich beförderte mein Gepäck ins Innere und folgte hastig. Um das Gitter zu schließen, mußte ich mich in dem engen Raum schmerzhaft verrenken.
    Zwischen den Metallwänden hallte die Sirene noch schriller wider als in dem Zimmer, das wir soeben verlassen hatten.
    Die Klaustrophobie, gegen die ich schon in den Bergwerksminen anzukämpfen gehabt hatte, überfiel mich nun noch stärker. Ich rechnete fast damit, in dem Belüftungsschacht steckenzubleiben und zu ersticken. Mein Brustkorb war zwischen meinem hämmernden Herzen und dem kalten Metallboden eingezwängt. Nur mit Mühe gelang es mir, einen Schrei zu unterdrücken. Am liebsten hätte ich kehrtgemacht. Aber ich kroch weiter. Mir blieb gar keine andere Wahl. Hinter uns wartete der sichere Tod, und obwohl auch vor uns die Chancen, entkommen zu können, gering waren, galt es jetzt, auch die kleinste Chance zu nutzen.

30 -  Fern vom Rummelplatz
     
    Das Heulen der Sirene erinnerte mich an die Todeswand auf dem Rummelplatz. Dort wurden ähnliche Geräusche eingesetzt, um die waghalsigen Kunststücke der

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