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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Motorradfahrer akustisch zu untermalen. Und das dunkle Labyrinth des Ventilationssystems hatte etwas von einer Geisterbahn an sich. In der Tat war die geheime Gemeinschaft der Trolle, in der alles anders war als in der ›normalen‹ Welt, in mancher Hinsicht eine düstere Version der verschworenen Gemeinschaft der Schausteller. Während Rya und ich durch die Schächte krochen, kam ich mir vor wie ein junger Rummelplatzbesucher, der seinen Mut beweisen möchte, indem er nachts — wenn alles dunkel ist und niemand seine Schreie hören könnte — das Zelt der Abnormitätenschau aufsucht.
    Rya kam zu einem vertikalen Schacht, der von der Decke unseres horizontalen Kanals abging, und leuchtete mit ihrer Taschenlampe hinauf. Zu meiner großen Überraschung begann sie hochzuklettern und zog ihren Rucksack an den Tragegurten hinter sich her. Als ich ihr folgte, stellte ich fest, daß an einer Wand schmale Sprossen angebracht waren, um die Wartung zu erleichtern. Sogar die Trolle, die ja über Wände und Decken laufen konnten, hätten vermutlich Mühe, ohne Hilfsmittel an glattem Metall hochzusteigen.
    Es war eine gute Idee, jene Ebene zu verlassen, wo der zweite tote Troll lag, denn wenn die Leiche entdeckt wurde, würde die Suche sich vor allem auf jenes Stockwerk konzentrieren. Etwa fünfzehn oder zwanzig Meter über unserem Ausgangspunkt gelangten wir wieder in einen horizontalen Schacht und krochen auf dieser neuen Ebene weiter.
    Die Sirene erstarb endlich.
    In meinen Ohren dröhnte sie noch lange.
    An jedem Belüftungsgitter spähte Rya vorsichtig hinaus. Wenn sie dann ihren Weg fortsetzte, schaute auch ich durch die Metallschlitze. Manche Räume waren leer, dunkel und still. Aber in den meisten Kammern suchten bewaffnete Trolle nach uns. Obwohl ich von ihnen nur Beine und Füße sehen konnte, entnahm ich ihren schrillen, aufgeregten Stimmen und ihren hastigen, wenngleich vorsichtigen Bewegungen, daß die Jagd auf uns in vollem Gange war.
    Seit wir mit dem Aufzug von der sechsten, noch unvollständigen Ebene zur fünften hochgefahren waren, hatten wir in den Korridoren und Zimmern Vibrationen der Wände und Böden wahrgenommen. Es hörte sich so an, als zerkleinerten riesige Maschinen irgendwo Felsbrocken in Kieselsteine, und wir hatten vermutet, daß es sich um Geräusche aus jenen fernen Schächten handelte, wo tatsächlich Kohle gefördert wurde. Doch als die Sirene verstummte, stellte ich fest, daß das Dröhnen immer lauter wurde, je weiter wir uns vorarbeiteten, und auch die Vibrationen wurden immer stärker und übertrugen sich von den Metallwänden auf meine Knochen.
    An einer Ansaugöffnung erspähte Rya etwas, das sie offenbar interessierte. Gelenkiger als ich, brachte sie es fertig, sich auf dem engen Raum fast geräuschlos umzudrehen, so daß unsere Gesichter sich am Gitter berührten.
    Auch ohne hinauszuschauen, wußte ich, daß sich dort draußen die Quelle des unablässigen Dröhnens befinden mußte, denn sowohl der Lärm als auch die Vibrationen hatten stark zugenommen. Als ich dann durch die Schlitze blickte, sah ich gußeiserne Sockel irgendwelcher riesiger Maschinen, obwohl ich nichts Genaueres erkennen konnte.
    Genau erkennen konnte ich hingegen die mit scharfen Krallen versehenen Füße von Trollen. Manche waren gar nicht weit von uns entfernt. Viel zu nahe für meine Begriffe. Sie suchten zwischen den Maschinen nach uns.
    Auf keinen Fall dienten diese Maschinen zum Kohleabbau, denn es roch nicht nach Kohle, und es flog auch kein Kohlestaub umher. Außerdem war das Dröhnen für irgendwelche Bohr- oder Schleifmaschinen viel zu gleichmäßig.
    Ich begriff nicht, warum Rya hier angehalten hatte. Aber sie war sehr gewitzt, und ich kannte sie gut genug, um zu wissen, daß sie das nicht aus reiner Neugier getan hatte. Offenbar war ihr eine Idee gekommen. Vielleicht hatte sie sogar einen Plan. Ich war durchaus bereit, mich ihrer Führung anzuvertrauen, denn ihr Plan war mit Sicherheit besser als der meinige. Es konnte gar nicht anders sein. Ich hatte nämlich überhaupt keinen.
    In wenigen Minuten hatte die Suchmannschaft alle möglichen Verstecke in dem Raum jenseits des Gitters unter die Lupe genommen. Die Trolle zogen weiter, ihre unangenehmen Stimmen verklangen.
    An den Belüftungsschacht hatten sie zum Glück nicht gedacht. Aber dieses Versäumnis würden sie bestimmt bald nachholen.
    Vielleicht suchten sie diese Schächte sogar schon nach uns ab — vielleicht waren sie uns schon dicht auf den

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