Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
würden wir noch die Zeitzünder an den Sprengladungen einstellen.
    Wir würden Yontsdown bald verlassen können, mit dem befriedigenden Gefühl, unser Ziel erreicht zu haben. Wir wußten jetzt, warum hier so viele Trolle lebten. Und wir hatten etwas getan — vielleicht nicht genug, aber immerhin etwas.
    Ich wußte, daß wir unverletzt und unbehelligt aus dem Berg herauskommen würden.
    Ich wußte es. Ich wußte es. Ich wußte es.
    Manchmal lassen mich meine hellseherischen Fähigkeiten im Stich. Manchmal kann ich eine drohende Gefahr nicht erkennen. Manchmal sehe ich die hereinbrechende Dunkelheit nicht.

31 -  Der Tod geliebter Menschen
     
    Die Trolle hatten sich am Montagmorgen um 2 Uhr 09 entfernt. Ich hielt es für vernünftiger, noch vier Stunden in unserem Versteck zu warten. Das würde bedeuten, daß wir den Rückzug 24 Stunden nach Beginn unserer Exkursion antreten würden.
    Ich fragte mich, ob der Schneesturm tatsächlich getobt hatte, ob die Erdoberfläche jetzt weiß und rein war.
    Ich fragte mich, ob Horton Bluett und Growler zur Stunde in ihrem kleinen gepflegten Haus schliefen — oder ob sie wach waren und an Rya und mich dachten.
    Ich war in besserer Stimmung als seit Tagen und stellte fest, daß meine übliche Schlaflosigkeit überwunden war. Obwohl ich schon neun Stunden tief geschlafen hatte, döste ich zeitweise und schlief manchmal sogar fest, so als wollte ich den versäumten Schlaf von Jahren auf einmal nachholen.
    Ich träumte nicht und hielt das für einen Beweis dafür, daß unsere Zukunft sich zum Besseren gewendet hatte. Ich war optimistisch. Ich war töricht.
    Als ich ein dringendes Bedürfnis verspürt hatte, war ich ein Stück nach hinten gekrochen, um eine Ecke herum. Zum größten Teil verflog der Uringestank, denn ein leichter Luftzug war im Rohr spürbar. Und obwohl ein Rest des unangenehmen Geruchs mir in die Nase stieg, störte mich das nicht. Ich war so frohgemut, daß nur eine gewaltige Katastrophe meine Stimmung hätte trüben können.
    Ich genoß es, traumlos zu dösen und zwischendurch schlaftrunken die Hand auszustrecken und Rya zu berühren. Erst um halb acht am Montagmorgen wurde ich richtig wach, anderthalb Stunden nach dem Zeitpunkt, den ich eigentlich für unseren Aufbruch vorgesehen hatte. Dann lag ich noch eine halbe Stunde ruhig da und lauschte, ob irgend etwas darauf hindeutete, daß das Kraftwerk noch einmal durchsucht wurde. Ich hörte nichts Beunruhigendes.
    Um acht streckte ich die Hand aus, fand Ryas Hand und drückte sie fest. Dann kroch ich aus dem horizontalen Rohr hinaus und kauerte auf dem Boden des 1,80 Meter langen vertikalen Rohres, bis ich meine mit Schalldämpfer versehene Pistole entsichert hatte.
    Ich glaubte, Rya flüstern zu hören: »Sei vorsichtig, Slim«, aber das Dröhnen des unterirdischen Flusses und der Lärm der Generatoren ließen es mir unwahrscheinlich vorkommen, daß ich ihre Warnung gehört hatte. Vielleicht hatte ich ihre Gedanken ›gehört‹: Sei vorsichtig, Slim. Wir hatten gemeinsam soviel durchgemacht und standen uns so nahe, daß es mich gar nicht überrascht hätte, wenn wir imstande gewesen wären, die Gedanken des anderen zu lesen.
    Ich stand auf, preßte mein Gesicht von unten gegen das Gitter und spähte hindurch. Mein Blickfeld war sehr beschränkt. Falls Trolle nur 30 cm vom Rand entfernt um den Abfluß herum saßen und ihn bewachten, würde ich sie nicht sehen können. Aber ich spürte, daß der Weg frei war. Ich vertraute meinem sechsten Sinn, hob das Gitter mit beiden Händen an und schob es zur Seite. Dabei machte ich wesentlich weniger Lärm als vor 15 Stunden, als ich es geschlossen hatte.
    Ich zog mich hoch. Oben war es zwischen den großen Maschinen ziemlich dunkel, und es waren keine Trolle zu sehen.
    Rya reichte mir unser Gepäck. Ich half ihr herauszukommen.
    Wir umarmten uns zärtlich, dann verstauten wir rasch die wenigen Gegenstände, die wir aus Hortons Sack eventuell noch benötigen würden — Kerzen, Streichhölzer, eine Thermosflasche Saft — in unseren diversen Taschen, und ich schob den Sack mit Hilfe des Gewehrlaufs in das horizontale Rohr, das mir Schutz gewährt hatte. Wir schoben das Gitter über die Öffnung, schnallten unsere Rucksäcke um, setzten unsere Helme auf und nahmen Schrotflinte und Maschinenpistole zur Hand.
    Wir hatten noch 32 Kilo Sprengstoff, und hier im Herzen der Anlage würde er wahrscheinlich am meisten Schaden anrichten. Deshalb huschten wir wie Ratten von einer Deckung

Weitere Kostenlose Bücher