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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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übrig.«
    Ich fühlte mich so wohl wie schon seit Monaten nicht mehr, als ich ins vordere Büro hinüberging. Dooley sagte, ich könne mein Gepäck bei ihm stehenlassen, bis eine Unterkunft für mich gefunden würde, und gleich darauf schlenderte ich zu Sam Trizers Stehimbiß, wo ich mir zwei perfekte Hot dogs mit Chili, eine große Portion Pommes frites und einen Vanilleshake einverleibte. Dann machte ich mich auf den Weg zu meinem neuen Arbeitsplatz.
    Für Provinzverhältnisse war dies ein ziemlich großer Jahrmarkt, obwohl er sich natürlich nicht mit den wirklich bedeutenden Jahrmärkten in Orten wie Milwaukee, St. Paul, Topeka, Pittsburgh und Little Rock vergleichen ließ, wo an einem guten Tag Eintrittskarten im Wert von über einer Viertelmillion Dollar verkauft wurden. Doch es war Donnerstag, es ging also auf das Wochenende zu, und außerdem war es Sommer, die Kinder hatten Schulferien, und viele Erwachsene hatten Urlaub. Außerdem war im ländlichen Pennsylvania der Jahrmarkt immer eine aufregende Sache, die Leute nahmen Anfahrten von 80 oder 100 km gern in Kauf, und so tummelten sich kurz nach Öffnung der Tore schon gut tausend Besucher auf dem Rummelplatz. Die Ausrufer begannen allmählich, mit flotten Sprüchen Leute anzulocken. Viele Fahrgeschäfte waren schon in Betrieb. Es roch nach Popcorn, Dieselkraftstoff und Bratfett. Die komplizierte Maschinerie dieser glitzernden Traumwelt kam langsam in Gang und würde in einigen Stunden auf vollen Touren laufen — tausend exotische Geräusche, eine unendliche Vielfalt von Farben und Bewegungen, ein Kaleidoskop, das die Menschen magisch anzog und sie förmlich berauschte, bis die gesamte Außenwelt für sie nicht mehr existierte und der Rummelplatz zum Universum wurde.
    Als ich am Autoskooter vorbeikam, rechnete ich halb damit, Polizei und eine entsetzte Menschenmenge zu sehen, aber der Kartenschalter war geöffnet, die Autos sausten kreuz und quer durch den Pavillon, und die Besucher schrien und kreischten zwar — aber nur aus Vergnügen, während sie absichtlich heftige Zusammenstöße inszenierten. Wenn die frischen Flecken auf dem Holzboden überhaupt jemandem aufgefallen waren, so hatte jedenfalls niemand bemerkt, daß es sich um Blut handelte.
    Ich fragte mich, wohin mein unbekannter Helfer wohl die Leiche gebracht haben mochte, fragte mich, wann er sich wohl zu erkennen geben und was er für sein Schweigen verlangen würde.
    Der ›Lukas‹ hatte seinen Platz an der ersten Straße, ziemlich am Rand des Rummelplatzes, zwischen einem Ballonspiel und dem kleinen gestreiften Zelt einer Wahrsagerin. Das einfache Gerät bestand aus einem auf Federn montierten quadratischen Block und einer etwa sechs Meter hohen thermometerförmigen Stange mit einer Glocke am oberen Ende. Burschen, die ihren Freundinnen imponieren wollten, brauchten nur 50 Cents zu bezahlen, zum Holzhammer zu greifen und diesen möglichst kraftvoll auf den Block niedersausen zu lassen. Das jagte einen kleinen Holzklotz am Thermometer hoch, das in fünf Kategorien unterteilt war: OMA, OPA, BRAVER JUNGE, ZÄHER BURSCHE und KRAFTMEIER. Wenn der Kraftmeier den Holzklotz bis zur Spitze hochtreiben und dadurch die Glocke ertönen lassen konnte, stiegen nicht nur seine Chancen, mit der beeindruckten Freundin noch in dieser Nacht zu schlafen, sondern er gewann auch noch ein billiges Stofftier.
    Neben Rya Raines' ›Lukas‹ stand allerdings ein Gestell mit Plüschteddybären, die nicht so billig aussahen wie die üblichen Gewinne bei Spielen dieser Art, und auf einem Hocker neben den Teddys saß das schönste Mädchen, das ich je gesehen hatte. Dieses hinreißende Geschöpf trug braune Kordjeans und eine braun-rot karierte Bluse. Ich registrierte zwar, daß sie einen schlanken und aufregend proportionierten Körper hatte, verwandte aber nicht viel Aufmerksamkeit darauf — noch nicht, erst etwas später —, weil ich total fasziniert von ihrem Gesicht und ihren Haaren war. Dichtes, weiches, seidiges, glänzendes Haar, zu blond, um als kastanienbraun bezeichnet zu werden, zu kastanienbraun, um blond zu sein. Es war auf einer Seite tief ins Gesicht gekämmt, so daß es ein Auge halb verdeckte. An ihrem bezaubernden Gesicht hätte man höchstens bemängeln können, daß seine absolute Perfektion ihr einen leicht kühlen, distanzierten und entrückten Ausdruck verlieh. Ihre Augen waren groß, blau und durchscheinend. Die heiße Augustsonne tauchte sie in strahlendes Licht, so als säße sie auf einer

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