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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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schwer zu glauben, daß das Raumschiff einer Rasse, die unvorstellbare Entfernungen zu bewältigen vermochte, bei einer Landung zerschellen würde. Solche Wesen hätten doch mit Sicherheit perfekt funktionierende Maschinen, und ihren Computern würden keine Fehler unterlaufen. Und falls eine so weit entwickelte Rasse uns unterwerfen wollte, wäre der Krieg an einem einzigen Nachmittag vorüber. Deshalb boten mir die Science-fiction-Geschichten zwar spannende Unterhaltung, lieferten mir aber keinen Rettungsring, an den ich mich in schlechten Zeiten hätte klammern können. Die Lektüre dieser Bücher brachte mir keine Erleuchtung in bezug auf die Trolle, geschweige denn, daß ich daraus hätte lernen können, wie die Unholde zu besiegen waren.
    Die andere naheliegende Theorie war die, daß es sich um Dämonen handelte, die geradewegs der Hölle entstiegen waren und denen Satan die Fähigkeit verliehen hatte, den Geist der Menschen so zu manipulieren, daß wir in ihnen ebenfalls Menschen sehen sollten. Ich glaubte an Gott (oder redete es mir zumindest ein), und meine Beziehung zu Ihm war zeitweilig so zwiespältig (jedenfalls von meiner Seite aus), daß mir die Vorstellung, Er könnte die Existenz eines derart grausamen Ortes zulassen, keine Mühe bereitete. Meine Eltern waren Lutheraner. Sie hatten mich, Sarah und Jenny fast jeden Sonntag in die Kirche geführt, und manchmal wäre ich am liebsten von meinem Platz aufgesprungen und hätte den Pfarrer angeschrieen: »Wenn Gott gut ist — warum läßt Er dann Menschen sterben? Warum hat Er der netten Mrs. Hurley Krebs geschickt? Warum hat Er den Sohn der Thompsons drüben in Korea sterben lassen, wenn Er doch so gütig ist?«
    Diese Neigung, mit Gott zu hadern, war mir auch später geblieben, und ich konnte mich nie mit dem Widerspruch zwischen der Doktrin von Gottes unendlicher Gnade und den Grausamkeiten des Kosmos, den Er für uns erschaffen hatte, abfinden. Deshalb schienen mir Hölle, ewige Verdammnis und Dämonen nicht nur vorstellbar, sondern sogar wahrscheinlich in einem Universum, das von einem göttlichen Architekten mit offenbar etwas perversem Geschmack entworfen und erbaut worden war.
    Doch obwohl ich an die Hölle und an Dämonen glaubte, konnte ich nicht glauben, daß diese Mythologie die Existenz der Trolle erklärte. Wenn sie der Hölle entsprungen waren, hätten sie etwas... nun ja, etwas Kosmisches an sich gehabt — eine ehrfurchtgebietende Ausstrahlung jenseitiger Kraft und Wissens um die letzten Dinge; aber davon war in ihrem Verhalten und in ihrem Handeln nichts zu spüren. Außerdem würden Luzifers Leutnants über unbegrenzte Macht verfügen, aber die Trolle waren in mancher Hinsicht sogar weniger mächtig als ich, denn ihnen fehlten meine besonderen Gaben. Dämonen wären auch nicht so leicht umzubringen gewesen. Keine Axt, kein Messer, keine Pistole hätte einen Sendboten Satans zu töten vermocht.
    Wenn sie etwas mehr von Hunden und etwas weniger von Schweinen an sich gehabt hätten, wäre ich vielleicht zu der Ansicht gelangt, daß sie Werwölfe waren, obwohl sie ständig umherstreiften und nicht nur bei Vollmond. Wie der Werwolf der Gruselgeschichten, so konnte auch ein Troll seine Erscheinungsform verändern — sich einerseits mit großem Geschick als Mensch tarnen und andererseits seine wahre gräßliche Gestalt offenbaren, wenn das erforderlich war. Und wenn die Trolle sich im buchstäblichen Sinne von Blut ernährt hätten, hätte ich der Legende von Vampiren Glauben geschenkt, mich Dr. van Helsing genannt und schon vor langer Zeit mit Wonne begonnen, einen regelrechten Wald von Holzpfählen zuzuspitzen. Aber keine dieser Erklärungen paßte so richtig, obwohl ich davon überzeugt war, daß andere Menschen mit übersinnlichen Kräften schon vor Jahrhunderten Trolle gesehen hatten — daß das der Ursprung der ersten Erzählungen über die Verwandlung von Menschen in blutrünstige fledermaus- und wolfartige Wesen war. Ja, Vlad der Pfähler, jener historisch verbürgte transsilvanische Herrscher, dessen Vorliebe für fantasievolle Massenhinrichtungen zur Erfindung der Romanfigur Dracula führte, könnte durchaus ein Troll gewesen sein. Schließlich war Vlad offenbar ein Mann, der sich am menschlichen Leiden ergötzte, und das ist die grundlegende Eigenschaft aller Trolle, denen zu begegnen ich je das Unglück hatte.
    Auf der Rückfahrt von Yontsdown, an jenem Nachmittag im gelben Cadillac, stellte ich mir also wieder einmal all jene

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