Zwielicht
Temperatur am Ort des Energieursprungs mild, doch nachts würde sie sicher fallen. Vaughn zog den Mantel an, den er seit seiner Zeit als Kadett besaß, verstaute das Padd in einer Innentasche und machte sich auf den Weg zum Shuttlehangar.
Als sich die Türen des Hangars öffneten, sah Vaughn sofort eine gleißende Flamme. Auf der Steuerbordseite der ramponierten Sagan war Ensign Permenter mit einem Laser zugange. Funken flogen, wo dessen rubinroter Strahl auf das Metall traf. Die Steuerbordgondel, die beim Abstieg der Sagan in die Atmosphäre fast abgerissen war, lag hinter dem Shuttle auf dem Deck und war offensichtlich noch funktionsunfähig. Ensign Gordimer beobachtete Permenters Fortschritt mittels eines Trikorders. Beide Offiziere trugen einen Sichtschutz. Gordimer gehörte zum Sicherheitsdienst, doch auf einem Schiff mit einer vierzigköpfigen Besatzung und einer langen Mission mussten viele auch über ihr Spezialgebiet hinaus einsetzbar sein.
»Captain.«
Die zischenden Geräusche des Lasers übertönten die Stimme fast, die plötzlich hinter Vaughn erklungen war. Als er sich umdrehte, sah er, dass Dr. Bashir auf ihn zueilte.
»Ja, Doktor?«, erwiderte er laut.
»Ich muss mit Ihnen sprechen, Sir.«
Bashirs ernstes Gesicht genügte, um Vaughn von der Schwelle des Hangars und zurück in den Korridor treten zu lassen. Als sich die Türen hinter ihm schlossen, verschwand der Lärm. »Worum geht’s, Doktor?«, fragte Vaughn. »Ich gehe davon aus, es kann nicht warten.«
»Verzeihen Sie«, sagte Bashir. »Ich habe hin und her überlegt, ob ich Sie deswegen überhaupt behelligen sollte. Und, nun ja, ich fürchte, mir bleibt keine Wahl.«
»Machen Sie’s kurz.« Vaughns Tonlage spiegelte seinen Unmut über die Verzögerung wider. »Zeit ist ein wichtiger Faktor. Ich muss zum Shuttle.«
»Genau das ist es, Sir«, setzte Bashir an. »Ich frage mich, ob Sie die richtige Person für diese Mission sind.«
»Wie bitte?«, fragte Vaughn überrascht. Sah der leitende Schiffs-mediziner tatsächlich Bedarf, sich in Personalentscheidungen einzu-mischen?
»Sir, Sie sind der Senior-Offizier dieses Schiffes«, erläuterte Bashir.
»Die Teilnahme an einer potenziell gefährlichen Mission …«
»Einen Moment mal«, unterbrach Vaughn ihn. »Wer sollte meinen Platz im Shuttle einnehmen?«
Bashir hatte eine Antwort parat. »Lieutenant Bowers wäre meiner Meinung nach eine gute Wahl.«
»Lieutenant Bowers«, wiederholte Vaughn. Mit einem Mal glaubte er zu ahnen, welches Motiv der Doktor verfolgte. Vaughn machte einige Schritte, dann sah er ihn an. »Nicht Lieutenant Dax?«
»Ich glaube, Bowers hat mehr Erfahrung mit Außenteams.« Bashir klang, als sei er selbst nicht davon überzeugt.
»Verstehe.« Mehrere Erwiderungen schossen Vaughn durch den Kopf. Er entschied sich für die effizienteste. »Sorgen Sie sich, weil ich auf den Planeten reise, oder weil Lieutenant Dax derweil die Defiant befehligt?«
»Ich bin wegen Lieutenant Dax besorgt«, gab Bashir zu. »Das streite ich nicht ab. Nach allem, was sie durchgemacht hat, halte ich das für verständlich.«
»Da haben Sie recht.« Vaughn nickte. »Deswegen habe ich es bei meiner Entscheidungsfindung auch berücksichtigt. Ich glaube, Lieutenant Dax ist der ihr gestellten Aufgabe gewachsen.«
»Sir, bei allem Respekt: Sie könnten sich irren. Im Dienst mag sie ganz die Alte scheinen, aber nach Feierabend …«
»Sagen Sie’s nicht«, unterbrach Vaughn ihn.
»Aber Sir!«
»Ich will es nicht wissen«, bekräftigte er. Für einen Moment wandte er sich ab und versuchte, seinen Zorn über dieses unnötige Gespräch im Zaum zu halten. Gleichzeitig wusste er, dass Bashirs Vorbehalte nicht unbegründet waren. »Ich mag Lieutenant Dax«, sagte er schließlich und drehte sich zu dem Mediziner um. »Ich schätze sogar, wir sind engere Freunde als Curzon und ich es je waren. Aber ich bin auch ihr kommandierender Offizier und auf einer Mission.
Professionell gesehen scheint sie Ensign Roness’ Verlust überwun-den zu haben.«
Bashir nickte. »Ich meine ja nur, dass sie vielleicht noch nicht so weit ist, wie es Ihnen scheint.«
»Genau das ist der Punkt«, sagte Vaughn. »Sie gibt sich vorbildlich
– als Sternenflottenmitglied und als Erster Offizier dieses Schiffes.
Wie immer ihr privates Seelenleben aussieht, sie lässt sich in ihrer Pflichterfüllung nicht davon beeinflussen.« Vaughn hielt kurz inne.
»Ich habe vollstes Vertrauen in ihre Fähigkeiten.«
»Ich
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