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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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gewesen.
    Nach einigen Stunden des Marschierens hatte er eine Ebene erreicht und kurz darauf diese Stadt. Die Gebäude waren vor ihm in den Himmel geragt wie Berge. Sie begannen niedrig und nahmen an Höhe zu, je weiter hinten sie sich befanden. Drei Stunden lang schritt er nun schon durch die Straßen, und abgesehen von ihrer Größe gab es wenig, was diese Bauwerke voneinander unterschied.
    Vaughn war müde, wollte jedoch nicht rasten, bis er die Siedlung hinter sich gelassen hatte.
    Die Stadt war ein Bild der Verwüstung. Jedes Haus, sei es einoder dreistöckig, stand offensichtlich seit Jahren leer. Dreck hatte sich in den Ecken und an den Wänden breit gemacht – und sicher auch im Innern der Bauten, denn kaum ein Fenster war nicht zerbrochen. Kristallinen Wassergraben gleich, glitzerten die Scherben am Fuß der Fassaden. Selbst die Fahrzeuge, die hier und da parkten, wiesen ausschließlich zerstörte Scheiben auf. Über allem lag, einem unbeweglichen Schleier gleich, eine dünne Schicht aus Staub. Hier lebte schon lange niemand mehr.
    Doch die ehemaligen Einwohner waren nicht umgezogen, sondern gestorben. Knochen prägten das Stadtbild, manche als Teil intakter Skelette, andere lagen vereinzelt auf dem Boden, als hätte eine unbekannte Kraft sie wild verteilt. Humanoide Formen, zwei Arme und zwei Beine, doch die Schädel waren größer als die eines Menschen, und die Rippen verliefen vertikal statt horizontal.
    Vaughn wollte stehen bleiben und das makabere Bild genauer betrachten, musste aber weiter. Die Zeit drängte, und schon sein Trikorder verriet ihm einiges über das, was er hier sah. Dort zum Beispiel lag eine Handfeuerwaffe. An manchen Wänden hingen Gal-genstricke, unter denen sich die Skelette türmten. Andere wirkten, als seien sie aus großer Höhe hinabgefallen und am Boden zer-schellt.
    Irgendetwas hatte diese Wesen dazu gebracht, Suizid zu begehen oder sich gegenseitig zu töten. Ein Bürgerkrieg? Nein, diese Hun-derttausenden hatten ihre Heimat schnellstmöglich zu verlassen versucht. Die Schusswunden waren selbst zugefügt, die Schlingen von denen geknüpft worden, die sie benutzen wollten, und wer aus den Fenstern der Hochhäuser zu Boden gefallen war, hatte den Sprung freiwillig gewagt. Mit einem Mal war Vaughn überzeugt, Zeuge des Resultats eines Massensuizids zu sein.
    Während er an den Toten vorbeiging, untersuchte er die verlassene Stadt mit dem Trikorder. Den Messungen nach war sie Jahrhunderte alt und mindestens seit zweien unbewohnt. Diverse Gerätschaften lagen überall herum: Computer- und Kommunikationslei-tungen zogen sich durch die gesamte Stadt und unter dem Boden entlang. Alle paar Straßenblocks standen Verteilerkästen, doppelt so groß wie Vaughn, und vom Staub der Zeit gezeichnet.
    Hatte die Technik oder gar deren Missbrauch das Ende dieser Kultur besiegelt? Vaughn sah keine Anzeichen dafür. Die Städte, über die sie mit der Chaffee geflogen waren, hatten unterschiedliche Katastrophen erlitten – mal Brände, mal Belagerungen, mal Massenpanik
    – und ließen keinen gemeinsamen Nenner erkennen. Vaughn fehlten Informationen, um dieses Rätsel zu lösen.
    An der nächsten Kreuzung stieß er auf einen der großen, würfel-förmigen Verteilerkästen. Er hob den Trikorder und scannte ihn.
    Wie schon in den vorherigen, kamen auch in diesem diverse, durch die gesamte Stadt führende Leitungen zusammen. Vaughn erkannte komplexe Computer- und Kommunikationsrelais, fand aber nichts, das eine gesamte Zivilisation in den Tod reißen könnte. Erst recht nicht auf so viele verschiedene Arten.
    Er ließ den Trikorder sinken und sah die Straße hinab. Nicht weit entfernt endete die Siedlung, und das flache Land kehrte zurück, das wusste er. Das Land und sein Weg zur Quelle. Hoffentlich ist sie nicht mehr fern. Wenn er nur …
    Eine Bewegung vor ihm riss ihn aus seinen Gedanken. Sofort blieb er stehen, drehte ganz langsam den Kopf, blickte nach allen Seiten.
    Nichts Ungewöhnliches. Hatte ihm der Wind einen Streich gespielt?
    Aber es wehte kaum Wind, der die Staubdecke hätte stören können.
    Vielleicht nur ein Schatten , dachte er und scannte die Straße vor sich.
    Eine über mich ziehende Wolke oder …
    Wieder eine Bewegung – und diesmal sah er ihren Ursprung!
    Einen halben Block weiter rechts von ihm lugte eine Gestalt um die Ecke eines Hauses. Dem Gesicht nach war es ein männlicher Mensch. Vaughn beobachtete ihn einige Sekunden. Er streckte den Arm in die Höhe und winkte

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