Zwielicht
bewundernswert.
Charivretha liebte ihren Chei , doch manchmal pikierte, ja, blamierte er sie mit seiner selbstsüchtigen Lebensweise.
Der Gedanke brachte den Zorn zurück. Charivretha stellte ganz langsam ihr Glas ab. Als Botschafterin suchte sie stets nach Wegen, ihre Gefühle zu verbergen und zu beherrschen. Die Konzentration auf simple Bewegungsabläufe half da mitunter.
»Heute gingen wir zum Operationszentrum«, erzählte Anichent.
»Lieutenant Ro beschaffte uns eine entsprechende Erlaubnis der Stationskommandantin.«
»Dort führte uns ein junger Bajoraner herum«, ergänzte Dizhei.
»Er war so freundlich, uns Shars Arbeitsplatz zu zeigen. Das war sehr aufregend.«
»Es freut mich, dass euch euer Aufenthalt gefällt.« Charivretha lä-
chelte. Dann, so nonchalant wie möglich, fragte sie: »Wart ihr alle drei auf der Ops?«
Dizhei senkte den Blick und gab ihr damit sofort eine Antwort.
»Nein«, bestätigte Anichent. »Nur Dizhei und ich.«
»Verstehe.« Charivretha ergriff ihr Glas. Abermals half die Bewegung, die aufwallenden Gefühle zu bändigen. Thriss hatte ihre Bündnispartner nicht begleitet – eine besorgniserregende Information, insbesondere angesichts ihrer aktuellen Gemütslage. Sie war schon immer ein emotionaler Wirbelwind gewesen, der mitunter keine Grenzen kannte. Wie sie ihr Studium beendet und Ärztin geworden war, blieb Charivretha ein Rätsel, bewies aber vielleicht, dass ihr heutiges Verhalten kein Standard für sie war. »Wo wart ihr sonst noch?«
»Jedenfalls lange auf der Promenade«, antwortete Anichent und fügte melodramatisch hinzu: »Shoppen.« Mit erhobenen Brauen warf er Dizhei einen wissenden Blick zu.
»Och, so schlimm war ich nicht«, protestierte diese, und schon begann ein neckischer Schlagabtausch, wie sie ihn bereits oft durchge-spielt haben mussten. Charivretha mochte diese Personen und empfand Dankbarkeit für Thirishars Glück, solche Bündnispartner zuge-teilt bekommen zu haben. Während der Konfrontation mit ihm, die sie vor seinem Aufbruch inszeniert hatte, war sie noch unsicher gewesen, ob sie mit ihrem Entschluss, alle drei auf die Raumstation zu bringen, richtig gelegen hatte. Vielleicht hätte sie nur Anichent her-holen sollen, mit dem Thirishar die ersten romantischen Bande ge-knüpft hatte. Zh’Thane wusste, dass ihr Chei in der Beziehung zu ihm Stabilität und Frieden fand – doch für seine Rückkehr nach Andor brauchte es stärkere Geschütze, als die versprochene Verläss-lichkeit zu bieten hatte. Letzten Endes war es die emotionale und verletzliche Thriss gewesen, die ihn zur Heimkehr bewegt hatte.
Anichent und Dizhei hatten ihren spielerischen Zwist übers Shoppen beigelegt und waren zum eigentlichen Thema zurückgekehrt: der Station. Anichent erwähnte die Wissenschaftslabors im Zentral-kern, den Maschinenbereich, die administrativen Räumlichkeiten, Runabout-Buchten und Andockpylonen.
Nach einem weiteren Schluck setzte Charivretha ihr Glas ab.
»Thriss, wie haben dir diese Orte gefallen?«
Endlich sah Thriss von ihrem Teller auf. »Ich blieb hier. Ich wollte Shar nahe sein.«
»Das verstehe ich«, erwiderte Charivretha vorsichtig. »Aber du solltest dich beschäftigen, bis er zurückkehrt.«
»Ich vermisse ihn«, sagte sie schlicht.
»Ich ebenfalls.« Dizhei nickte. »Ich wünschte, er käme schon jetzt von seiner Mission zurück und flöge mit uns nach Andor. Ich will unser Shelthreth …« Falls der Gedanke eine Fortsetzung hatte, äußer-te sie sie nicht.
»Ihr kennt mich«, sagte Anichent und zuckte mit den Schultern.
»Ich ermutigte ihn dazu, der Sternenflotte beizutreten, weil es das war, was er wollte.« Charivretha war, als erwöge er genau, wie viel seines Innenlebens er in Worte fassen wollte. »Ich hätte nur nie gedacht, dass er Andor so bald verlassen würde. Oder für so lange Zeit. Auch ich vermisse ihn.«
»Ich weiß.« Charivretha dachte an ihre eigenen Bündnispartner.
Daran, wie undenkbar, wie unerträglich es für jeden von ihnen gewesen wäre, wenn einer von ihnen ihrer Gruppe das angetan hätte, was Thirishar die seine erleiden ließ. »Wenigstens hat er endlich versprochen, zu kommen«, sagte sie im Versuch, sich auf das Positive zu konzentrieren. Anichent und Dizhei nickten und lächelten, doch Thriss widmete sich wieder einzig ihrem Teller. Es schien, als wüssten sie alle nicht, wie viel sie auf dieses Versprechen geben sollten.
Zweifelten sie an seinen Worten oder an Thriss, die sie ihnen
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