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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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Möglichkeiten übersteigen mochte – nun vielleicht mehr denn je. Im Laufe der Jahre hatte er mehrere Versöhnungsversuche gestartet, die allesamt auf Widerstand gestoßen waren. Erst vor wenigen Wochen, als die Überraschung, Prynn auf seinem neuen Posten wiederzufinden, abgeklungen war, hatte er sie zum Abendessen eingeladen und als Erwiderung gehört, er möge zur Hölle fahren. Nun standen seine Chancen sicher noch schlechter. Immerhin hatte er mit seinem Befehl, das Feuer der Jarada nicht zu erwidern, indirekt maßgeblich zu ihrer Verwundung beigetragen.
    Wie seltsam die Dinge mitunter laufen , dachte er. Jahrelang hatte er ein turbulentes Leben geführt und sich erst kürzlich von der berufli-chen Last all der Jahrzehnte befreit. Er war in sich gegangen und zu der Entscheidung gekommen, sich neu zu orientieren. Nach einem Leben voller schwieriger und manchmal sogar schmerzhafter Pflichten hatte er sich eine Atempause verdient. Bei seiner Ankunft auf Deep Space 9 war er ein beinahe neuer Mensch gewesen. Einer, der nach einem Leben voller einfacher Freuden und nicht nur nach beruflicher Erfüllung suchte. Dann hatte er Prynn wiedergefunden. Sie ihn jedoch noch nicht.
    Wäre es die Arbeit gewesen …. dachte er. Hätte er seine Arbeit seiner Tochter vorgezogen, könnte er selbst nun noch Buße tun. Doch das Problem war nie sein Beruf gewesen. Das Problem war seine Tat.
    Er war sich stets darüber im Klaren gewesen, welche Last er vor sieben Jahren auf Prynns Schultern gelegt hatte. Nun aber hatte sich dieser Schmerz – und sein eigener – noch potenziert. Vaughn beugte sich vor, um in der dunklen Krankenstation Prynns Gesicht zu sehen, konnte aber nur vage Umrisse ausmachen. Mit der Rechten tastete er nach ihrem Arm, wollte, brauchte den Kontakt mit seiner Tochter – und zog die Hand zurück, bevor sie sie berührte. Eine kleine Ewigkeit lang stand er da, äußerlich regungslos und innerlich brodelnd. Hoffend.
    Schließlich riss er sich vom Anblick des Bettes los und trat zu der Krankenschwester, die noch immer in der Ecke saß und arbeitete.
    Als sie ihn kommen sah, blickte sie auf. Wie schon bei seiner Untersuchung von vorhin, fielen ihm ihre Augen auf: blaugrüne Seen, die ihren blassen Hauttyp ebenso unterstrichen wie die rotblonden Haare, die sie in hinter dem Kopf zusammengebundenen Zöpfen trug.
    »Schwester, wissen Sie, an was sich Ensign Tenmei erinnern können wird?«
    »Mit Bezug auf den Unfall?«, hakte Richter nach, und er nickte.
    »Vermutlich an gar nichts. Vorhin, als sie wach war, wusste sie nicht einmal, warum sie auf der Krankenstation war. Schon möglich, dass sie sich an ihren Dienst auf der Brücke erinnert, der Unfall allerdings …« Die Schwester schüttelte den Kopf.
    Prynn hatte den Großteil des Vortages bewusstlos verbracht – anfangs aufgrund ihrer Verletzungen, später als Resultat der ihr vor der Operation verabreichten Betäubung. Seitdem war sie mehrfach aufgewacht und hatte zwar sehr erschöpft aber bei Sinnen gewirkt.
    Während einer dieser Wachphasen war Vaughn bei ihr gewesen, und als sich ihre Blicke trafen, hatte sie ihm sogar ein schwaches Lä-

    cheln geschenkt. Doch er wusste, dass er sich nicht zu viel darauf einbilden durfte. Sie lebte und würde gesunden, das allein zählte –
    zumindest physisch. Und er hoffte, der Großteil ihrer Wunden war körperlicher Natur. Das Fleisch heilte meist schneller als der Geist oder das Herz.
    »Danke«, sagte er zur Schwester und trat zu einem der beiden Ausgänge der Station, dessen Türen sich für ihn öffneten. Auf der Schwelle sah er ein letztes Mal zu Prynn, dann ging er in den Korridor. Das Schiff war düster und wirkte leer. Vaughn wusste, dass die Besatzung größtenteils schlief und nur ein Notdienst auf der Brücke und im Maschinenraum arbeitete.
    Auf dem Weg zu seiner Kabine beschloss er, eine neue Strategie zu versuchen. Er und Prynn hatten sie verdient. Es würde natürlich nicht einfach werden, und vielleicht brachte sie ihm nicht die Versöhnung mit seiner Tochter, nach der er sich so sehnte. Trotz aller Bemühungen.
    Aber in seinem gesamten Leben war nur eine einzige Mission so wichtig gewesen wie diese neue Aufgabe. So wichtig – und so schwer.

    Kapitel 5
    Der Regen war kalt und allgegenwärtig. Kira erreichte den Felsbro-cken und warf sich dahinter zu Boden. Feuchte Hände in nassem Matsch, der ihre Finger einsinken ließ. Schnell rollte sie sich zur Seite und riss die Hände hoch, kam wieder auf die Beine,

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