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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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kein Verlangen nach einer Wiederholung dieser Gefühle. »Wie steht es um ihre Heilungschancen?«
    »Oh, in ein paar Tagen ist sie wieder auf den Beinen«, antwortete Bashir. »Vielleicht sogar schon bei unserer Rückkehr nach Deep Space 9.« Am Vortag hatte sich die reparierte Defiant wieder dem Konvoi angeschlossen. Nun begleitete sie ihn nach Bajor. Um einer weiteren Begegnung mit den Jarada vorzubeugen, blieb sie getarnt und bewegte sich mit geringer Warpgeschwindigkeit, ähnlich dem langsamsten Schiff ihrer Gruppe. Es würde noch Tage dauern, bis die Defiant die Station erreichte. »Ich schätze, dass sie in maximal zwei Wochen leichte Arbeiten übernehmen kann«, sagte Bashir.
    »Eine Woche später ist sie wieder voll da.« Vaughn sah zu der Ecke des Raumes, in der Prynn schlief. »Und was ist mit Ihnen?«, fragte Bashir. »Wie geht es Ihnen?«
    Der Tonfall des Mediziners legte es nicht nahe, aber Vaughn verstand die Frage als Anspielung auf seinen emotionalen Zustand. Wie geht es Ihnen nun, da Sie Ihre Tochter vermeintlich haben sterben sehen?
    Wie gehen Sie mit der Gewissheit um, den Befehl gegeben zu haben, der ihren Körper verstümmelte und ihr beinahe das Leben nahm? Doch als er sich zu Bashir umwandte, sah er, dass der Blick des Arztes seinen Verbänden galt. Eine weiche Schutzhülle umgab seinen linken Arm vom Ellbogen bis zu den Fingerspitzen, eine zweite seine rechte Hand. Seine Verbrennungen waren weit weniger schlimm als Prynns und bedurften keinerlei Transplantationen, doch die Regeneration der Haut würde noch ein bis zwei Tage in Anspruch nehmen.
    »Ich bin müde«, antwortete Vaughn, »abgesehen davon aber in Ordnung. Vermutlich heile ich hier drunter.« Er hob den Arm, um auf die Verbände hinzuweisen.
    »Zumindest behauptet Schwester Richter das«, sagte Bashir und nickte in Richtung der Frau, die links von Vaughn arbeitete. Die stämmige Frau war ein der Krankenstation der Defiant frisch zugewiesener Ensign.
    »Danke, Julian«, sagte er.
    »Ich mache nur meine Arbeit«, erwiderte Bashir bescheiden. Dann fügte er hinzu: »Gern geschehen, Sir. Und jetzt eine gute Nacht.«
    »Ihnen auch, Doktor.«
    Vaughn beobachtete, wie Bashir zur Schwester trat, ihr das Padd reichte, das er benutzt hatte, und sie bat, die Werte ihrer einzigen Patientin im Auge zu behalten. Richter widmete sich den Aufzeichnungen mit sichtlichem Interesse. Nach ein paar Momenten nickte sie zufrieden. »Ja, Sir.«
    Bashir trat durch die Tür, die Vaughn gegenüber lag. Es überraschte den Commander, dass niemand versucht hatte, ihn zu verscheuchen. Erfreut über seine Fehleinschätzung, spürte er, wie sich seine Mundwinkel hoben. Leute, deren Verhalten er nicht vorherse-hen konnte, waren interessant – hauptsächlich, weil es nur so wenige von ihnen gab. Bisher hatte Bashir ihn kaum beeindruckt – trotz seiner genetischen Aufwertung verhielt sich der Arzt relativ durchschaubar –, doch Vaughn mochte ihn. Bashir kombinierte Intellekt mit einem starken Einfühlungsvermögen.
    Nun, da er gegangen und Richter beschäftigt war, trat Vaughn an Prynns Bett. Ihre Gestalt und ihre Gesichtszüge lagen im Dunkeln, doch er brauchte weder Helligkeit noch Augenlicht, um seine Tochter zu sehen. Während er auf die Stelle starrte, an der er sie wusste, kam ihm ihr Bild in den Sinn. Kleine Geräusche stiegen Klangschat-ten gleich aus der Dunkelheit und wiesen auf ihre Quellen hin. Im Zentrum der Liegestatt summte ein medizinisches Gerät das Lied verheilenden Fleisches. Weiter oben spielte das Diagnostikdisplay einen tiefen, fast unhörbaren Marsch – ein Hinweis auf den Standby-Modus des Gerätes –, in den die blinkende Kontrolllampe nur zu gern einfiel. Und am Kopf des Bettes bewiesen Prynns mühsame und doch gleichmäßige Atemzüge, dass sie lebte.
    Vaughn schloss die Augen und seufzte die Erschöpfung und die Erleichterung hinaus. Seit er sie hatte sterben sehen – geglaubt hatte, sie sterben zu sehen – waren Furcht, Trauer und Schuld seine ständigen Begleiter gewesen, bis weit nachdem er die Wahrheit erfahren hatte. Seine Tochter lebte, doch wenn Vaughn in seinem ein Jahrhundert langen Leben eine Erfahrung zuteil geworden war, dann diese: Was existiert, ist vergänglich und so fragil wie ein Blatt im Winter. Ob Prynn oder er selbst diesen Streit begonnen hatten, durfte nicht länger zählen. Vaughn war zu alt, um sich ein Leben ohne sie leisten zu können.
    Dennoch wusste er, dass eine Änderung ihrer Beziehung seine

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