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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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davor fürchtete, Vespasian sein Mißfallen mitzuteilen. Das war außergewöhnlich unter Männern seines Ranges. Zweifellos hatte er auch seine Schwachstellen, aber momentan sah es so aus, als würde er seinen Mann stehen.
    Ich kehrte zum Hauptproblem zurück: »Gut, ich will Aelianus gegenüber fair sein und mal annehmen, daß er nicht aus böser Absicht gehandelt hat. Er traf mit dem Bericht für Anacrites in Rom ein, ganz erfüllt von der Wichtigkeit seiner Mission. Er konnte es nicht bei sich behalten und hat vielleicht nur vor dem falschen Freund in Rom damit geprahlt. Ihm mag nicht klar gewesen sein, daß die Quinctii in die Sache verwickelt sind.«
    »Hat ihm Cornelius etwa erzählt, was in dem versiegelten Brief stand?« grollte Placidus.
    »Offenbar verhielt sich Cornelius diskret. Natürlich hat das nur die Neugier des Jungen geweckt. Aelianus hat mir gestanden, daß er den Bericht gelesen hat.«
    Wieder schimpfte Placidus wütend los: »Oh, ich verzweifle noch an diesen jungen Männern!«
    Ich lächelte, obwohl es mich einige Mühe kostete. Pedanten irritieren mich. »Auf das Risiko hin, wie ein greulicher alter republikanischer Opa zu klingen, Disziplin und Ethik sind heutzutage keine Grundvoraussetzung mehr für den cursus honorem … Jemand hat mit oder ohne Duldung von Aelianus den Bericht verändert. Trotzdem war ihm klar, daß Anacrites die Sache weiterverfolgen würde. Er beschloß, ihn aufzuhalten. Das Ergebnis war verheerend. Jemand tötete den Agenten, der die Ölhersteller in Rom überwachen sollte – und auch Anacrites wurde brutal überfallen.«
    »Gute Götter! Ist Anacrites tot?«
    »Ich weiß es nicht. Aber der Berichtfälscher unterlag einer groben Fehleinschätzung. Es lenkte die Aufmerksamkeit auf die Verschwörung, statt das Gegenteil zu bewirken. Die Ermittlung wurde nicht eingestellt und wird es auch jetzt nicht.«
    »Wenn diese Leute sich still verhalten hätten«, philosophierte Placidus, »wäre die ganze Sache wahrscheinlich im Sande verlaufen. Cornelius ist abgereist, Quadratus in sein Amt eingeführt. Er kann nicht für immer auf Jagdurlaub bleiben. Die finanziellen Angelegenheiten dieser Provinz unterstehen allein seiner Kontrolle. Was mich betrifft, ich erwarte stündlich meinen Rückruf nach Rom, was ich zweifellos ein paar stillen Manipulationen des unermüdlichen Quinctius Attractus zu verdanken hätte. Aber selbst wenn ich hierbleibe, kann man alles, was ich sage, leicht als die wirren Phantasien eines besessenen Schreibers abtun.«
    »Sie wissen, wie das System funktioniert«, lobte ich ihn.
    »Das sollte ich wohl. Es stinkt – aber bei allen Göttern, die Ermordung von Staatsbeamten gehört normalerweise nicht dazu!«
    »Nein. Das wurde von jemandem arrangiert, der nicht Bescheid weiß.« Jemand Unerfahrenem. Jemand, dem es an Geduld und Zuversicht fehlte, zu warten, bis sich der von Placidus erwähnte Sand ins Getriebe des Staatsapparates einschlich.
    Placidus runzelte die Stirn. »Warum äußern Sie sich so unbestimmt über den Bericht, Falco? Der Schreiber des Quästors müßte doch Kopien von allem abgelegt haben.«
    »Er hat versucht, sie für mich zu finden. Sie sind verschwunden.«
    »Und was, meinen Sie, ist der Grund dafür?«
    »Gestohlen, um die Beweise zu verbergen? Das würde den Verdacht auf Quinctius Quadratus lenken. Ich wundere mich nur, daß er sich im Büro auskannte.«
    »Ich wette, das tut er nicht«, erwiderte Placidus säuerlich. »Aber eines Tages wird er es. Vielleicht war er es gar nicht. Vielleicht wurden die Dokumente von jemandem entfernt, der nicht wollte, daß er sie zu sehen bekam.«
    »An wen denken Sie da?«
    »An den Prokonsul.«
    Wenn das stimmte, hätte der Mistkerl mir auch sagen können, daß er sie hatte.
    Placidus holte tief Luft. Wenn Provinzstatthalter sich in Büros schleichen und Berichte verschwinden lassen, um ihre Stellvertreter hinters Licht zu führen, ist die Welt aus den Fugen geraten. Provinzstatthalter haben normalerweise keine Ahnung, wie das Ablagesystem funktioniert (obwohl sie in ihrer Jugend natürlich alle solche niederen Posten innehatten). Wenn sie jedoch anfingen, in Schriftrollen herumzuwühlen, eröffnete das beängstigende Möglichkeiten. Das war alles noch viel schmutziger und verwickelter, als Placidus gedacht hatte. »Und was haben Sie als nächstes vor, Falco?«
    »Einen etwas kniffligen Erkundungsgang.«
    Ich erzählte ihm von der Tänzerin, die ich finden mußte. Der Prokurator kannte sie nicht

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