Zwielicht in Cordoba
mißfällt. Quadratus hat sie in den Kult der Kybele eingeführt …«
»Eine östliche Religion!«
»Die von den Karthagern hierher gebracht wurde. In Corduba gibt es einen Tempel dieses Kults. Eine Zeitlang gingen sie alle dorthin, dann verbot Annaeus Maximus seinen Söhnen diese Besuche, der Prokonsul machte ein paar säuerliche Bemerkungen Cornelius gegenüber, und alles verlief im Sande.«
»Ich nehme an, die Bürschchen überlegten sich das Ganze nochmal«, sagte ich mit Grabesstimme, »als sie von den Kastrationsriten erfuhren!«
Placidus lachte.
»Erzählen Sie mir mehr von Quadratus – er war also letztes Jahr hier?«
»Sein Vater hatte ihn geschickt, angeblich, um das Gut zu überwachen.«
»Einschließlich des Rauswurfs von Pächtern, deren Gesichter ihm nicht paßten!«
Bei meinem scharfen Einwurf verkniff Placidus die Lippen. »Es soll da ein paar Schwierigkeiten gegeben haben.« Er verhielt sich vorsichtig. Ich gab ihm zu verstehen, daß ich die ganze Geschichte kannte. Daraufhin sagte er mit einer Unverblümtheit, die untypisch für ihn war: »Quinctius Quadratus ist einer von der schlimmsten Sorte, Falco. Und wir hier wissen Bescheid. Wir hatten die Unverschämten hier und die allzu sehr von sich Überzeugten. Wir kennen die ausschweifenden jungen Tyrannen, die sich mehr in den Bordellen aufhalten als sonstwo. Wir kennen die Trottel, die weder zählen noch buchstabieren noch einen Satz in irgendeiner Sprache zusammenbringen können, ganz zu schweigen von Korrespondenzgriechisch. Aber als wir hörten, daß uns Quadratus als Quästor aufgezwungen wird, hätten die meisten von uns am liebsten ihre Sachen zusammengepackt und wären gegangen.«
»Was ist denn so besonders schlimm an ihm?«
»Man kann ihn nicht festnageln. Er sieht aus, als würde er keine Fehler machen. Der Erfolg steht ihm ins Gesicht geschrieben, also ist es zwecklos, sich zu beschweren. Er ist einer von der Sorte, den die Welt liebt – bis ihm jemand hinter die Fassade schaut.«
»Was möglicherweise nie geschehen wird!«
»Sie verstehen das Problem.«
»Ich hab mit einigen dieser Goldjungs gearbeitet.«
»Ehrgeizlinge mit hochfliegenden Plänen. Die meisten haben angeknackste Flügel.«
»Mir gefällt Ihr Stil, Placidus. Es tut gut, einen Mann zu finden, der den Mut hat, seinen Kopf über den Festungswall zu recken, wenn alle anderen sich ducken. Oder sollte ich sagen, alle außer dem Prokonsul? Trotz allem, Quadratus ist auf Jagdurlaub, wissen Sie.«
»Das wußte ich nicht! Gut, das ist wenigstens ein Lichtblick. Durch den Einfluß seines Vaters war seine Ernennung von vornherein eine Farce. Sowas kann der Prokonsul nicht ausstehen.«
»Quadratus’ Name ist möglicherweise nicht mehr ganz so unbefleckt«, deutete ich an, in Gedanken daran, was mir die Schreiber des Prokonsuls über die toten Soldaten in Dalmatien erzählt hatten. »Und eine von Anacrites durchgeführte Untersuchung über die Machenschaften seiner Familie trägt auch nicht gerade dazu bei, ihn in leuchtenden Farben dastehen zu lassen – jemand hat ihm da eins verpaßt, worauf derjenige stolz sein kann«, bemerkte ich.
Placidus strahlte. »Schrecklich, nicht wahr?«
»Tragisch! Aber ihr habt ihn auf dem Hals, bis er oder sein Vater oder nach Möglichkeit beide entlarvt werden können. Das ist meine Aufgabe. Ich bin schon halbwegs am Ziel. Ich kann sie als Anführer der Gespräche über das Kartell bloßstellen, die im letzten Monat in Rom stattfanden – aber ich habe keine Zeugen. Natürlich waren sie beide da. Der junge Quadratus war von seiner ländlichen Säuberungsaktion rechtzeitig wieder nach Hause gereist, um bei den Senatswahlen und der Ernennungslotterie zu triumphieren.«
»Ja. Er muß gewußt haben, daß Cornelius seinen Posten aufgeben wollte. Seinem Vater und ihm ist es irgendwie gelungen, sich die Quästur anzueignen. Von hier aus ist es nur schwer zu verstehen, warum Rom darauf reingefallen ist.«
»Die Graubärte in der Kurie hießen die Bewerbung wahrscheinlich gut. Die Familie besitzt Interessen hier in der Provinz. Der Kaiser mag angenommen haben, der Prokonsul sei begeistert von seinem Fang.«
»Da hat ihn der Prokonsul aber bald eines Besseren belehrt. Er war außer sich!« murmelte Placidus. »Cornelius hat’s mir erzählt.«
Das klang, als scheute sich dieser Prokonsul nicht, die Regeln zu verletzen: Er merkte, wenn er mit Falschspielern zu tun hatte – und er hatte keine Angst zu kontern. Genau so wenig, wie er sich
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