Zwielicht in Cordoba
Falco!« rief er bewundernd. Das war ironisch gemeint. Genau wie meine Bemerkung.
»Und ich meinte damit nicht Attractus. Alles, was er tut, hat den unangenehmen Beigeschmack persönlicher Ambitionen und familiären Geltungsdrangs.«
»Aber wie es scheint, wurde unser Bericht nicht ignoriert«, versuchte Placidus sich zu trösten.
»Es gibt keine Garantie, daß etwas unternommen wird. Sie haben Ihre Ausbildung auf dem Palatin erhalten. Sie wissen, wie die Dinge funktionieren. Und das hier ist eine heikle Angelegenheit.«
»Sie bitten mich darum, Ihnen Beweise zu liefern?«
»Und Sie werden mir sagen, daß es keine gibt?«
Trübselig zuckte er die Schultern. »Wie soll man solche Dinge beweisen, Falco? Geschäftsleute regeln sowas unter sich. Wenn sie sich verschworen haben, die Preise in die Höhe zu treiben, wissen nur sie davon. Sie werden es kaum mir oder Ihnen erzählen. Die Hälfte ihres Geredes besteht sowieso nur aus Zweideutigkeiten. Und wenn man sie direkt darauf anspricht, werden sie alles leugnen und indigniert schauen ob solcher Unterstellungen.«
»Sie klingen, als hätten Sie zehn Jahre Ermittlungsarbeit auf dem Buckel«, sagte ich traurig.
Sein Ton wurde noch verbitterter. »Sich Informationen zu beschaffen ist einfach, Falco! Ein bißchen Leutseligkeit und ein paar Bestechungen sind alles, was man dazu braucht. Sie sollten es mal mit einer Stellung versuchen, in der Sie Leuten Geld abknöpfen müssen. Da lernen Sie die Härte des Lebens kennen!«
Ich grinste. Der Bursche gefiel mir allmählich. Aber für Staatsbeamte galt die gleiche Regel, die ich stets auf Frauen anwende: wenn’s zu gemütlich wird, ist es Zeit zu gehen.
»Nur noch eines, Placidus – ich hatte kein Glück, als ich versuchte, die Originalkorrespondenz einzusehen. Es scheint da zwei Versionen zu geben. Stimmt es, daß Cornelius in seinem Bericht Anacrites mitteilte, Sie hätten den Verdacht, es sei ein Kartell im Entstehen, aber es befände sich noch im Anfangsstadium und könne leicht verhindert werden?«
Placidus runzelte leicht die Stirn. »Ich habe den eigentlichen Brief nie gesehen.«
»Aber?«
»Aber es ist nicht ganz das, worauf er und ich uns geeinigt hatten.«
»Und das war?«
»Daß sich die Pläne für eine Preisabsprache zwar sicherlich noch in einem frühen Stadium befänden – aber daß wir extrem besorgt wären, weil aufgrund der Schlüsselpersonen und ihres Einflusses in Baetica eine Verhinderung sehr schwierig sein würde!«
XLVI
Der Prokurator war sichtbar verärgert. »Da sieht man’s mal wieder, nicht wahr? Cornelius und ich hatten uns auf das genaue Gegenteil von dem geeinigt, was Ihrer Aussage nach in dem Bericht stand! Ich hätte schwören können, daß Cornelius absolut aufrichtig war. Und ich wäre jede Wette eingegangen, daß sich der Prokonsul hinter ihn stellte …«
»Beruhigen Sie sich!«
»Nein, das werde ich nicht! Es ist wirklich furchtbar, Falco. Manche von uns versuchen, ihre Arbeit anständig zu erledigen, aber man wirft uns dauernd Knüppel zwischen die Beine!«
»Sie ziehen voreilige Schlüsse, mein Freund. Und die falschen, glaube ich.«
»Wie kann das sein?«
»Aus zwei Gründen, Placidus. Erstens, ich habe keinen der Briefe je gesehen, das ist also alles nur Hörensagen. Zweitens war der Bericht von Cornelius lange Zeit im Gewahrsam von Camillus Aelianus, und da wurde er vielleicht frisiert.«
» Frisiert? Sie meinen gefälscht?«
»Mir ist klar, daß solche Worte für einen gewissenhaften Mann abscheulich klingen.«
»Und von Aelianus, sagen Sie?«
»Lassen Sie sich nicht durch sein hübsches Lächeln täuschen.«
»Er ist doch nur ein Junge.«
»Er ist vierundzwanzig. Ein sorgloses Alter.«
»Wie ich hörte, ist er mit Ihnen verwandt?«
»Er wird in wenigen Wochen der Onkel meines ersten Kindes werden. Was aber nicht bedeutet, daß ich ihm soweit traue, ihn unbeobachtet die Wiege schaukeln zu lassen. Er mag zwar ein Freund des aufrechten Cornelius gewesen sein, aber er war ebenfalls dick befreundet mit den jungen Annaei – eine verrufene Bande. Bis sie sich über eine Angelegenheit auf dem Gut seines Vaters stritten, hing er auch mit Quinctius Quadratus rum. Sie kennen diese Burschen?«
»Junge Kerle, manche weit weg von Zuhause, auf eine Provinzhauptstadt losgelassen und auf der Suche nach Abenteuer. Zuviel Sauferei, eine Menge Sport und Jagdausflüge. Immer bereit für etwas Aufregendes, Spannendes – besonders, wenn sie denken, daß es ihren Eltern
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