Zwielicht in Cordoba
ihm vorher den Garaus!«
Ich atmete tief durch und pfiff dann vor mich hin.
Ich hatte keine Meinung dazu, ob Anacrites oder Laeta besser für die Führung des Geheimdienstes geeignet war. Mir war diese ganze Einrichtung stets zuwider gewesen, und ich nahm solche Aufträge nur an, wenn ich das Geld brauchte, aber auch dann mißtraute ich allen Beteiligten. Sich auf jemandes Seite zu stellen war reinste Narretei. Bei meinem Glück landete ich dabei garantiert auf der falschen Seite. Besser, ich zog mich jetzt aus der Sache heraus und wartete die weitere Entwicklung ab. Zuzuschauen, wie diese beiden Beamtenschwergewichte ihre Rivalität ausfochten, konnte vielleicht sogar ganz amüsant sein.
Das Sitzen auf dem Boden machte mich allmählich steif. Ich stand auf. Die Frau folgte meinem Beispiel, hob ihren Schal auf und schüttelte Blätter und Zweige davon ab. Wieder war ich verblüfft, wie klein sie war, stämmig und nach außen hin so gar nicht einer Spionin ähnlich. Aber sie sah auch nicht wie eine Tänzerin aus; doch alle, die sie hatten tanzen sehen, bestätigten, daß sie gut war.
»Perella, ich bin froh, daß wir unser Wissen ausgetauscht haben. Wir kleinen Lichter müssen zusammenhalten!«
»So ist es«, stimmte sie zu – mit verkniffenen Lippen, die mir sagten, daß sie mir genau so offen mißtraute wie ich ihr. »Und Sie arbeiten immer noch für Laeta, Falco?«
»Oh, ich arbeite für Gerechtigkeit, Wahrheit und Anständigkeit!«
»Wie edel. Bezahlen die gut?«
»Miserabel.«
»Dann bleib ich lieber beim Geheimdienst!« Wir gingen hinüber zu unseren Reittieren, Perella warf den Schal über den Rücken des Pferdes und lehnte sich dann an den Sattel, bevor sie aufstieg. »Und wer von uns verfolgt jetzt Quadratus?«
Ich seufzte tief. »Nichts wäre mir lieber, als ihn zu erwischen. Ich hasse diesen jungen Dreckskerl – aber, Perella, ich sitze wirklich in der Klemme. Er ist in der vollkommen falschen Richtung unterwegs – westwärts, zurück nach Corduba. Ich habe mein Mädchen zur Ostküste geschickt und sollte mich ihr schnellstens wieder anschließen.«
Sie schaute mich erstaunt an. Meine Hartnäckigkeit schien berühmter zu sein, als ich dachte. »Das meinen Sie doch wohl nicht ernst, Falco!«
»Mir bleibt kaum eine andere Wahl! Ich möchte Quadratus unbedingt stellen, aber mir graust davor, mich mit Helena – ganz zu schweigen von ihrer wütenden Familie – auseinanderzusetzen, falls ich mich verspäte und ihr irgendwas passiert. Ihre Familie ist einflußreich. Wenn ich sie verärgere, können die mich fertigmachen.«
»Und was nun, Falco? Sind Sie nicht Manns genug, das Risiko auf sich zu nehmen?«
Gereizt stocherte ich an einem Zahn herum und ließ mir kurz Zeit für eine gequälte Überlegung. »Nein, es hat keinen Zweck. Ich muß es Ihnen überlassen, die Ehre einzustreichen. Anacrites’ Gruppe braucht die Anerkennung, und ich habe einfach nicht die Zeit, Quadratus in die entgegengesetzte Richtung hinterherzujagen. Ich kann Ihnen sagen, was Sie wissen müssen. Sie haben mich ja dort oben in der Silbermine gesehen. Im Büro hörte ich, er sei gestern dort gewesen. Er ließ sie wissen, daß er sich als nächstes die Minen bei Hispalis ansehen wollte.«
»Und Sie schaffen das nicht?«
»Für mich ist es unmöglich. Das ist die falsche Richtung. Ich muß ihn laufen lassen, weil mir schlicht und ergreifend die Zeit ausgegangen ist. Meine Frau steht kurz vor der Niederkunft, und ich habe ihr versprochen, sie auf ein Schiff zu bringen, damit sie rechtzeitig zu einer guten römischen Hebamme kommt. Sie ist vorausgefahren, und ich soll ihr folgen.«
Perella hatte vielleicht sogar Helenas unförmige Gestalt auf dem Camillus-Gut bei Corduba gesehen, während ich in Hispalis war. Jedenfalls schnaubte sie, daß ich mich dann wohl besser beeilen solle. Ich warf ihr den üblichen genervten Blick eines Mannes zu, den seine vergangenen Verfehlungen reuen. Dann schwang ich mich wieder auf mein Muli. Diesmal war ich derjenige, dem das elegant gelang, während Perella sich mühsam hochhievte.
»Soll ich Ihnen helfen?«
»Verpissen Sie sich, Falco.«
Und so ritten wir in entgegengesetzte Richtungen davon, Perella nach Westen. Ich schlug in gemütlichem Tempo die Straße nach Osten ein und tat so, als sei ich zur tarraconensischen Küste unterwegs.
Das war ich auch. Aber, wie ich es von Anfang an vorgehabt hatte, würde ich zuerst die Minen bei Castulo besuchen.
LXVI
Diesmal konnte mir die
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