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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Claudia von Ort zu Ort, jedesmal ermutigt durch die Bestätigung, daß sie vor mir hier durchgekommen waren – wenn mir auch auffiel, daß die kurzen, mit Datum versehenen Nachrichten alle von Aelia Annaea geschrieben waren, nicht von Helena. Ich versuchte, mir keine Sorgen zu machen. Bald würde ich sie einholen, also redete ich mir ein, daß ich sie wie geplant in Emporiae treffen würde. Dann konnte ich Helena sicher nach Hause bringen.
    Aber in Barcino war die Nachricht persönlicher: Vor den Stufen des Tempels wartete Claudia Rufina auf mich.
     
    Barcino.
    Der einzige Ort dieser verzweifelten, zermürbenden Reise, der mir in Erinnerung geblieben ist. All die anderen, so wie die vielen Meilen über Land und am Meer entlang, wurden in dem Moment aus meinem Gedächtnis gelöscht, als ich Claudia erkannte und sah, daß sie in ihren Schleier hineinweinte.
    Barcino war eine kleine, von Mauern umgebene Stadt auf einem Küstenstreifen, ein Rastplatz auf der Via Augusta. Umgeben von einem Kreis von Hügeln nahe am Meer, lag sie an einem kleinen Berg, an dem Kalkstein abgebaut wurde. Ein Aquädukt brachte Wasser in die Stadt, ein Kanal trug die Abwässer wieder hinaus. Die Gegend war ländlich. Das Hinterland war in gleichmäßige Landparzellen aufgeteilt, typisch für eine römische Siedlung, die als Kolonie für Armeeveteranen begonnen hat.
    Hier wurde in großem Maßstab Wein angebaut, und jeder Bauernhof besaß seinen eigenen Brennofen zur Herstellung von Amphoren. Laeitana – der Wein, den ich zuletzt bei dem Festessen der Olivenölhersteller von Baetica getrunken hatte. Der Weinexport blühte dermaßen, daß die Stadt einen amtlichen Zollposten besaß, der auf einer Brücke über einen der Flüsse untergebracht war. Der Hafen befand sich in einem furchtbaren Zustand, doch da er praktischerweise an der Hauptverbindungsstraße nach Gallien und weiter nach Italien lag, wurde er viel benutzt. Niedrige Brecher rollten auf die Strände hinter der Hafenbucht, ohne bedrohlich zu wirken. Ich hätte hier mit Helena fröhlich ein Schiff nach Rom besteigen können, aber die Parzen hatten andere Pläne.
    Ich war durch das südöstliche Tor mit seinen drei Bögen in die Stadt eingeritten. Von dort nahm ich den direkten Weg zum Bürgerforum, an schlichten, zweistöckigen Häusern vorbei, in denen vielfach Wein gekeltert oder ein Handwerk ausgeübt wurde. Ich hörte die Mahlgeräusche von Korn- und Ölmühlen, gelegentlich unterbrochen vom Blöken der Tiere. Nie hätte ich gedacht, daß meine Reise hier enden würde. Emporiae, von wo aus ich unsere Abreise geplant hatte, lag nur noch einen Katzensprung entfernt. Es schien lächerlich, daß nun noch irgend etwas schiefgehen könnte. Ich glaubte, wir würden es schaffen.
    Dann erreichte ich das Forum mit seiner bescheidenen Basilika, den verführerischen Imbißstuben und Schenken und einem offenen, für das Aufstellen von Ehrenmonumenten gedachten Platz. In diesem Moment sah ich Claudia. Sie lehnte an einer der aus dem örtlichen Sandstein gefertigten korinthischen Säulen des Tempels und hielt ängstlich nach mir Ausschau.
    Als sie mich entdeckte, brach sie in heftiges Schluchzen aus – was nicht eben zu meinem Seelenfrieden beitrug. Ich konnte sie soweit beruhigen, daß sie schließlich mit dem herausplatzte, was passiert war: »Wir haben hier angehalten, weil Helena merkte, daß das Baby kam. Man hat uns gesagt, es gäbe eine gute Hebamme, aber sie scheint auf die andere Seite der Berge gefahren zu sein, um Zwillinge zu entbinden. Aelia Annaea hat ein Haus gemietet und ist dort mit Helena. Ich bin zum Tempel gegangen, um Sie abzufangen, falls Sie ankommen.«
    Vergeblich versuchte ich, mich zusammenzureißen. »Warum weinen Sie, Claudia?«
    »Helena liegt in den Wehen. Es dauert viel zu lange, und sie ist erschöpft. Aelia meint, das Baby hätte vielleicht einen zu großen Kopf …«
    Wenn das stimmte, würde das Kind sterben. Und Helena Justina wahrscheinlich auch.
     
    Claudia führte mich so schnell wie möglich zu einem bescheidenen Stadthaus, wo wir durch einen kurzen Gang zu einem offenen Atrium mit Springbrunnen gelangten. Vom Atrium gingen ein Empfangsraum, ein Eßzimmer und die Schlafzimmer ab. Ich wußte augenblicklich, in welchem Helena sich befand, weil Nux lang ausgestreckt vor der Tür lag, die Nase an den Türspalt gedrückt, und jämmerlich winselte.
    Das von Aelia gemietete Haus war sauber und hätte einnehmend sein können, aber es war voll von fremden Frauen,

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