Zwielicht in Cordoba
zusammen. Der Neuankömmling war eine Frau; die einzige weit und breit. Natürlich blieb ich sofort stehen, befahl den Sklaven, die Amphore abzustellen, zupfte meine Festgirlande zurecht und lächelte sie an.
II
Sie war in einen bodenlangen Umhang gehüllt. Ich mag es, wenn Frauen gut verpackt sind. Es läßt sich herrlich darüber spekulieren, was sie verbergen und warum sie es für sich behalten wollen.
Diese verlor ihr Geheimnis, als sie mit mir zusammenstieß. Ihr langer Umhang glitt zu Boden und enthüllte, daß sie als die Jägerin Diana verkleidet war. Allerdings war der Ausdruck »Kleidung« nur bedingt anwendbar. Sie trug ein nur auf einer Schulter befestigtes kurzes goldfarbenes Kostümchen. In einer Hand hielt sie einen großen Beutel, aus dem ein Tamburin hervorlugte, unter den Arm hatte sie einen Köcher und einen lächerlichen Spielzeugbogen geklemmt.
»Die jungfräuliche Jägerin!« begrüßte ich sie fröhlich. »Sie müssen für die Unterhaltung zuständig sein.«
»Und Sie sind wohl der Possenreißer!« schnappte sie. Ich bückte mich und hob ihren Umhang auf, was mir erlaubte, ihre wohlgeformten Beine zu betrachten. »Gerade die richtige Haltung für einen schmerzhaften Tritt!« fügte sie spitz hinzu. Ich kam schnellstens wieder hoch.
Auch so gab es genug zum Anschauen. Normalerweise hätte sie mir bis an die Schulter gereicht, trug aber hohe Korkabsätze unter ihren geflochtenen Jagdsandalen. Selbst ihre Zehennägel waren wie Alabaster poliert. Ihre glatte, extrem dunkle Haut war ein Wunder der Haarentfernungskunst. Man mußte ihr jedes einzeln ausgezupft und mit Bimsstein abgerieben haben – allein der Gedanke daran ließ mich schaudern. Ebensoviel Aufmerksamkeit hatte ihrem Schminken gegolten: die Wangen betont durch purpurfarbene Wischer von zermahlenem Weinstein, die Augenbrauen perfekte, halbfingerbreite Bögen, die Lider mit Safran bestäubt, die Wimpern mit Lampenruß geschwärzt. Am einen Oberarm trug sie einen Reif aus Elfenbein, am anderen eine silberne Schlange. Die Wirkung war absolut professionell. Sie war niemandes teure Maitresse (keine Gemmen oder Filigranarbeiten), und da Frauen nicht eingeladen waren, war sie auch niemandes Gast.
Sie mußte eine Tänzerin sein. Ihr Körper war gut gepolstert, aber muskulös. Ihre schimmernde Mähne, so schwarz, daß sie bläuliche Glanzlichter hatte, war zu einem einfachen Zopf zusammengedreht, den man für dramatische Effekte rasch lösen konnte. Ihren Händen sah man die Übung mit den Kastagnetten deutlich an.
»Mein Fehler«, gab ich vor, mich zu entschuldigen. »Mir war eine spanische Tänzerin versprochen worden. Ich hatte gehofft, Sie seien ein unartiges Mädchen aus Gades.«
»Tja, ich bin aber ein artiges Mädchen aus Hispalis«, gab sie zurück und wollte sich an mir vorbeidrängen. Sie sprach in abgehacktem, recht geschliffenem Latein. Hätte der Abend nicht unter dem baetischen Motto gestanden, wäre es schwer gewesen, die Herkunft dieser Diana zu erraten.
Dank meiner dicken Amphore blockierte ich den halben Durchgang. Wenn sie sich vorbeidrückte, würden wir uns erfreulich nahekommen. Ich bemerkte ihren Blick, der mir klarmachte, daß sie mir bei einer falschen Bewegung die Nase abbeißen würde.
»Mein Name ist Falco.«
»Gut, dann gehen Sie mir aus dem Weg, Falco.«
Entweder hatte ich meinen Charme eingebüßt, oder sie hatte einen Eid geleistet, sich von gutaussehenden Männern mit einnehmendem Lächeln fernzuhalten. Oder machte ihr mein großer Krug mit fermentierten Fischinnereien angst?
Ein älterer Mann mit einer Kithara trat aus einem Raum auf der anderen Seite des Flures. Sein Haar war graumeliert, und sein scharf geschnittenes Gesicht hatte eine dunkle, mauretanische Färbung. Er kümmerte sich nicht um mich. Die Frau erwiderte sein Nicken und ging ihm nach. Ich beschloß, dazubleiben und mir ihren Auftritt anzusehen.
»Tut mir leid, das sind private Gemächer!« fauchte sie und knallte mir die Tür vor der Nase zu.
»Völliger Blödsinn! Die baetische Gesellschaft hat Mauscheleien in dunklen Ecken noch nie geduldet. Wir gestatten hier keine privaten Festivitäten …«
Es war Laeta. Ich hatte zu lange herumgebummelt, und er war mir gefolgt. Mitzubekommen, was das Mädchen sagte, verwandelte ihn in einen allwissenden Beamten übelster Sorte. Ich war zurückgewichen, um meine edle Etruskernase nicht gebrochen zu bekommen, aber er drängte sich an mir vorbei, wild entschlossen, ihr nachzustürmen. Seine
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