Zwielicht in Cordoba
würde es ähnlich gehen.
Etwa um die Zeit, als die Sklaven Andeutungen zu machen begannen, daß Optatus nun mal allmählich eine Pause für einen Becher Posca und einen Apfel einlegen sollte – falls man ihre lauten Witze darüber, was für ein sauertöpfischer Aufseher er sei, als Andeutung bezeichnen wollte – kam ein Junge vom Haus gelaufen und teilte ihm mit, daß Besucher eingetroffen waren. Optatus nickte nur. Ich war neugieriger, lehnte mich auf meinen Rechen und fragte den Jungen, der mir sagte, daß uns Claudia Rufina und ihre Freundin Aelia Annaea beehren würden.
Optatus arbeitete trotzdem hartnäckig weiter. Sein Verhalten faszinierte mich. Er war nicht bereit, für Frauen die Arbeit einzustellen – selbst wenn Helena recht hatte und er für eine von ihnen entflammt war. Ich hatte noch nie einen Mann kennengelernt, der ganz normal veranlagt zu sein schien, aber trotzdem lieber Dung verteilte.
Als das rebellische Gemurmel der Sklaven schließlich eine Pause erzwang, übergaben wir die Sache einem Vorarbeiter und gingen zurück zum Haus. Dort mußten wir uns erst einmal gründlich waschen, aber die jungen Damen schienen entschlossen, solange zu warten, bis wir beide auftauchten. Sie unterhielten sich mit Helena im Garten, als wir uns schließlich zu ihnen gesellten.
Beim Hinausgehen in den sonnenbeschienenen Garten hörten wir Gekicher: Das kommt dabei raus, wenn man drei Frauen eine Stunde lang bei einem Krug sogenannten Kräutertees plaudern läßt. Alle drei hätten sich selbst als ruhige Wesen mit ernsthaften Ansichten beschrieben. Optatus mochte das ja glauben. Ich wußte es besser.
Claudia Rufina, die ich heute zum ersten Mal sah, war älter als ihr Bruder. Etwa Anfang zwanzig – leicht zu verheiraten, vor allem, da sie über eine beträchtliche Mitgift verfügte und Teilerbin eines nicht mehr gerade jungen Mannes war. Jemand hätte sich das Mädchen inzwischen längst schnappen müssen. Ihr Kopf hob sich, und sie sah mich mit ernsten grauen Augen über die große Nase hinweg an, die Helena mir beschrieben hatte. Sie war eine kräftige junge Frau mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Was vielleicht daran lag, daß sie die Welt ständig aus einem schiefen Winkel sah.
Ihre Freundin dagegen gab sich heiter. Ich erkannte Aelia Annaea von der kurzen Begegnung vor der Villa ihres Vaters wieder, obwohl sie heute mit weniger Schmuck behängt war. Von nahem sah sie ein wenig älter aus, als ich zuerst angenommen hatte, zumindest einige Jahre älter als Claudia; außerdem war sie von anderem Kaliber. Sie hatte ein fein geschnittenes, zartes Gesicht mit heller Haut und haselnußbraunen Augen, denen absolut nichts entging.
Dieses Trio wirkte wie eine Ausstellung architektonischer Stilrichtungen. Wenn Helena mit ihrem in weichen Wellen aufgestecktem Haar die ionische darstellte, dann neigte Aelia Annaea mit ihrer mitten auf dem schmalen Kopf befestigten braunen Haarkrone zu dorischer Strenge; die junge Claudia hatte sich nach der neuesten cordubanischen Mode üppige korinthische Löckchen drehen lassen. Unsere beiden Besucherinnen waren die Art Freundinnen, die in gleichfarbigen Kleidern ausgingen – heute in Blau, Claudia in einem lichten Aquamarin und Aelia zurückhaltender in einer dunklen, tintenblauen Schattierung. Helena trug Weiß. Die drei Frauen machten ständig irgendwelche kleine Bewegungen mit den Händen: ein Zupfen an der Stola, ein Betasten des Haares, ein Klappern mit den Armreifen (von denen sie genug trugen, um damit einen Marktstand zu füllen).
Marius Optatus und ich setzten uns zu ihnen. Obwohl wir uns gewaschen hatten, hing uns der Dunggeruch noch in der Nase, weshalb wir versuchten, möglichst still zu sitzen und nichts davon auszuströmen. Ich griff nach dem Krug, der sich als leer erwies. Das überraschte mich nicht. Ich hatte bereits einen Teller bemerkt, auf dem sich ein Berg kleiner Sesamkuchen befunden haben mußte. Auch er war vollkommen leer, bis auf ein paar Sesamkörner. Wenn sich das Gespräch um Modetips dreht, wird gerne kräftig zugelangt.
Schweigend begrüßte Optatus alle Anwesenden mit einem Nicken. Helena stellte mich vor.
»Sind Sie aus geschäftlichen Gründen nach Baetica gekommen, Marcus Didius?« erkundigte sich Aelia Annaea scheinheilig. Ich nahm an, daß sie zu Hause von ihrem mißmutigen Vater genug mitbekommen hatte, um über meine Aufgabe hier unterrichtet zu sein. Bei ihr handelte es sich um eine junge Dame, der keine Neuigkeiten
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