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Zwielicht über Westerland

Zwielicht über Westerland

Titel: Zwielicht über Westerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lindwegen
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vorbei.
    Es fiel kein Wort mehr, seit sie spazieren gingen. Erst als sie die Straße wieder erreicht hatten, fragte er sie, ob er den Ofen im Wohnzimmer anfeuern sollte.
    „Wenn du mich damit fragen willst, ob ich noch ein bisschen bleibe, dann ja.“
    Er lachte sein schiefes Lächeln. „Erwischt.“
    Ein Haus vor dem Grundstück ihrer Eltern kam eine alte Dame aus dem Haus und grüßte sie freundlich. Matt grüßte zurück und ließ Sophies Arm erst an der Haustür frei.
    Gemeinsam räumten sie den Frühstückstisch ab. Gerade als sie ins Wohnzimmer übersiedeln wollten, klingelte es an der Türglocke. Matt öffnete die Tür und versperrte Sophie somit den Weg zum Wohnzimmer. Sie konnte lediglich die Stimme eines Mannes vernehmen, der sich freundlich nach dem Professor erkundigte. Trotzdem störte sie irgendetwas an dem Tonfall des Mannes. Es war etwas Forderndes, Unnachgiebiges, das mitschwang.
    „Tut mit leid, mein Onkel ist zu einem Kongress unterwegs. Kann ich etwas ausrichten.“
    „Ach, dann sind Sie Dr. Wagner.“ Es war keine Frage, vielmehr eine Erkenntnis.
    „Und wer sind Sie?“, wollte Matt wissen.
    „Wir haben schon miteinander telefoniert.“ Mehr brauchte er nicht zu sagen. Matt wollte die Tür zuschlagen, aber der Andere stellte einen Fuß dazwischen und drückte mit der Hand gegen das Türblatt. Sophie sprang einen Schritt zurück und stieß den Schirmständer aus Messing um, der mit lautem Scheppern zu Boden fiel. Matt drehte sich erschrocken um. Diesen Moment nutzte der Fremde und stieß die Tür auf um zu sehen, wer anwesend war.
    Es war nur der Bruchteil eines Augenblickes. Verglichen mit der Dauer ihres Lebens war es nichts, aber es war lange genug, um ihr klar zu machen, dass sie in einer Geschichte steckte, die sich selbstständig gemacht hatte. Sie kannte den Mann an der Tür. Er war auf der Lesung gewesen, der Lesung, bei der sie Martha kennen gelernt hatte. Er hatte sie angestarrt, aber sie hatte sich nichts dabei gedacht, weil Männer das manchmal taten. Allein ihre hellen langen Haare und ihre blauen Augen, waren ihr oft von Nutzen gewesen, wenn sie die Blutsucht quälte. Sie hatte den Mann damals einfach ignoriert.
    Jetzt sah er sie an. Sie erkannte an seinem Blick, dass er sie ebenfalls erkannt hatte. Fast glaubte sie, ein höhnisches Lächeln in seinem adretten Gesicht bemerkt zu haben. Er gehörte zu den Männern, die irgendwie immer jungenhaft aussahen. Modell Schwiegermutters Liebling. Sophie fand ihn einfach nur abstoßend mit seinem dunkelblonden Seitenscheitel und seinem makellosen Gesicht, das so glatt war wie er selber. Matt hatte Schwierigkeiten, ihn an seiner Jacke zu packen, aber schließlich gelang es ihm und er schubste ihn mitsamt ein paar ziemlich unschönen amerikanischen Worten auf den Plattenweg. Nachdem er die Tür verriegelt hatte, stellte er den Schirmständer wieder auf.
    Sophie stand da und wusste nicht, was sie tun sollte. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Nicht aus Angst vor diesem Mann, sondern aufgrund der Erkenntnis, dass sie unwissend war. Es konnte kaum ein Zufall sein, dass er hier auftauchte. In was hatte Martha sie da verstrickt?
    Matt erschrak bei ihrem Anblick. Zärtlich, fast vorsichtig nahm er sie in den Arm.
    „Sorry, ich wollte nicht, dass du dich fürchtest. Vergiss ihn.“
    Mit sanftem Druck umarmte er sie und flüsterte in ihre Haare. Jetzt konnte sie ihn riechen. Sein Geruch und seine Körperwärme holten sie zurück. Plötzlich stand sie wieder in dem Flur in Keitum und ermahnte sich zur Ruhe. Das war allerdings nicht so einfach. Es haute sie fast um. Er roch nach gebügeltem Hemd, nach Wind und Rasierschaum. Sie schloss die Augen, um den Schwindel zu genießen. Er hielt sie ja. Da sie kleiner war als er, lag ihr Gesicht an seinem Hals. Er war immer noch sehr erregt von dem Vorfall. Sein Blut pochte heftig durch die Adern, seine Schlagader am Hals war geschwollen. Es wäre so einfach gewesen, aber sie wollte es nicht. Sicherlich würde der Tag kommen, an dem sie anders dachte, da brauchte sie sich nichts vor machen, aber heute nicht.
    „Du musst mir unbedingt ein paar Flüche auf Deutsch beibringen“, flüsterte er noch einmal und küsste sie auf die Schläfe. Sie gingen ins Wohnzimmer und setzten sich auf das Sofa. Besser: er setzte sie auf das Sofa und sich selber in einen der Sessel, was Sophie missfiel.
    „Wer war der Mann?“, wollte sie wissen.
    „Er ist von irgendeiner Zeitung und will meinen Onkel zwingen, ein

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