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Zwielicht über Westerland

Zwielicht über Westerland

Titel: Zwielicht über Westerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lindwegen
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noch etwas dichter an sich heran. Sie verneinte, und als sie die Augen wieder öffnete, stand Matt ein paar Meter von ihr entfernt und schaute sie an. Er trug einen dicken grauen Wollpulli mit Rollkragen und eine graue Strickmütze, aber sie erkannte ihn sofort. Eine plötzliche Hitze breitete sich in Sekundenschnelle von ihrem Magen bis zu ihrem schwindeligen Kopf aus. Er war zurück.
    Sich aus dem Klammergriff befreiend, stolperte sie einen Schritt nach vorn. Ihr Herz schlug bis zum Hals und sie ärgerte sich über sich selber, den Wein und den roten Kopf, als sie auf ihn zuging. Er lächelte, mehr tat er nicht. Er kam nicht auf sie zu. Er stand einfach nur im Halbdunkel und schien zu warten.
    Noch bevor sie ihn erreichte, wurde sie von Tom eingeholt.
    „Hallo Matt, wieder da? Ist ja prima, dein Timing. Komm doch mit zu Frieda, wir haben heute unsere Weihnachtsfeier.“ Er klopfte ihm kräftig auf die Schulter.
    Jasmin drängelte sich vor und wollte wissen, wer der Mann mit der Mütze war.
    Matt beantwortete freundlich alle Fragen, wobei er immer wieder zu Sophie herüber sah.
    Sie hatte so lange auf ihn gewartet und sich den Moment des Wiedersehens total anders vorgestellt. Endlich wandte er sich an sie. „Ich wollte dich nicht stören. Wir können auch morgen reden, Sophie.“
    Wie immer, wenn er ihren Namen aussprach, breitete sich eine Gänsehaut auf ihren Armen aus. Fast hatte sie es vergessen.
    „Taxibus ist da“, grölte Ossi aus der Bäderabteilung.
    Und ehe sie sich versahen, saßen sie in einem der beiden Busse und fuhren Richtung Friedrichstraße. Leider saß Sophie nicht im gleichen Bus wie Matt.
    Bei Frieda war noch Betrieb. Ein Stimmengewirr schlug ihnen entgegen, als sie auf die Stehtische zusteuerten. Die kalte Luft, der heiße Apfelsaft und Matts plötzliches Auftauchen ließen ihre Wangen glühen. Nachdem er anfangs in der Kneipe verschwunden war, tauchte er kurz darauf an ihrem Tisch auf. Er prostete ihr zu und verzog nach dem ersten Schluck das Gesicht. Frieda war bekannt dafür, dass der Rumanteil in ihrem Glühwein recht hoch war. Der zweite schien ihm schon bedeutend besser zu schmecken. Sie standen dicht nebeneinander im Gedränge an den Stehtischen. Der Geräuschpegel und die gute Laune fanden keine Grenze und von Zeit zu Zeit kam Frieda nach draußen und ordnete Ruhe an. Streng blickten ihre grauen Augen dabei unter der noch graueren Perücke hervor. Für wenige Augenblicke war es dann ganz leise und friedlich. Doch sobald die Wirtin wieder im Lokal verschwunden war, ging die Party von neuem los.
    Wenn es so weiterging, würde Matt bald betrunken, sie wieder nüchtern und enttäuscht und der Abend gelaufen sein, dachte Sophie. Doch die Wirtin setzte dem Ganzen ein Ende, räumte die Stehtische weg und schloss ab. Die Meute zog weiter oder ging nach Hause, nur Matt und Sophie blieben noch eine Weile nebeneinander stehen.
    „Du bist böse auf mich, weil ich dich nicht angerufen habe.“ Seine deutsche Aussprache hatte etwas unter dem Rum gelitten.
    „Du wirst deine Gründe gehabt haben.“ Sie zuckte mit den Schultern.
    Er begutachtete seine Lederhandschuhe.
    „Ich war heute bei dir zu Hause und habe deinen Bruder kennen gelernt. Er hat mir erzählt, dass Vanessa von Pellgren angegriffen wurde. Sie will mich nicht sehen oder mit mir sprechen.“
    „Oh“, entwich es ihr, aber im gleichen Moment war ihr klar, dass Jan ihm kaum die ganze Wahrheit gesagt haben konnte.
    “Sophie, ich bin mit meiner Forschung an etwas sehr… ähm, nennen wir es Ungewöhnlichem, dran. Es gibt Leute wie diesen Pellgren, diemir Steine in den Weg legen wollen. Ich wollte Vanessa nicht gefährden, genauso wenig wie dich. Darum hab ich mich zurückgezogen. Ich war mit meinem Onkel noch eine Zeit lang in Köln und da ist Pellgren mit seinen Leuten auch aufgetaucht. Er ist zwar hartnäckig, aber ich hätte nicht vermutet, dass er gewalttätig wird.“
    „Etwas zu hartnäckig für einen Journalisten, find ich.“ Sie wollte seine Reaktion sehen.
    „Du hast Recht. Ich vermute, er kommt von der Pharmaindustrie, die haben unglaubliche Methoden und eine starke Lobby.“
    Sie wusste es besser, doch sie schwieg. Schweigen war auch lügen, dachte sie einmal mehr und versuchte, fest in seine grünen Augen zu sehen, die fragend auf eine Antwort warteten.
    „Danke für die Postkarte, danach war mir klar, dass du nicht anrufen würdest.“ Es hörte sich härter an, als es sollte. Aber er sah, dass sie nicht böse auf

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