Zwielicht
würde, und er lächelte Zamara an.
Sie trug die Kleidung, die ihr Leichnam getragen hatte: ein purpurnes und weißes Gewand, schimmernd, weich und bewundernswert zu ihr passend. Sie neigte den Kopf und senkte die Lider, aber er brauchte sie gar nicht zu sehen, um ihr Lächeln zu spüren. Sie saßen beisammen wie so viele Male zuvor, wenn Jake zugesehen hatte, wie sich eine der unzähligen Erinnerungen, die Zamara beherbergte, sich vor ihm entfaltete.
Diesmal jedoch wusste Jake, dass er nichts anderes sehen würde, auch wenn dieses Bild einer unberührten Welt Aiur eine Erinnerung war.
So wollte Zamara ihre Trennung voneinander vonstatten gehen sehen.
Er spürte Krythkals Gedanken, die wie Blumenduft in einer Brise in seinen Geist wehten.
„Der Kristall ist erstaunlich rein. Ich glaube, er wird all die Erinnerungen aufnehmen können."
„Was ist mit Jake?", wollte Rosemary wissen. Natürlich war es gut, dass sie bekommen würden, was laut Zamara so wichtig war, aber ihre Sorge galt Jake. Er lag erschreckend still auf dem dunklen Steintisch sie war sich nicht einmal sicher, ob er atmete.
„Ich verstehe nichts von der menschlichen Anatomie, mein Kind", schalt Krythkal sie. „Ich kann nichts weiter tun, als Zamaras Einfluss von ihm zu nehmen. Danach müsst ihr euch an eure terranischen Ärzte wenden. Und nun sei still und lass uns das zu Ende bringen."
Rosemarys Miene verfinsterte sich. Das hatte sie nicht erwartet. Irgendwie hatte sie geglaubt, dass Jake wieder putzmunter sein würde, sobald sie Zamara aus ihm herausgeholt hatten. Aber seine Symptome waren auch körperlicher Art, oder? Gehirntumore verschwanden nicht einfach so.
Krythkal streckte den rechten Arm aus und setzte den Kristall mitten in die Luft, als würde er ihn in ein Regal legen. Dort schwebte er, eine Miniaturversion jenes riesigen Kristalls, den sie in den Kavernen gesehen hatte. Krythkal gab ein Zeichen, wahrscheinlich telepathisch, und synchron streckten die Protoss die rechte Hand aus, näherten sie Jakes Körper bis auf einen Zentimeter. Die Linke hoben sie, die Handflächen nach vorne gedreht, dem Kristallsplitter entgegen.
Rosemary entfuhr ein Zischen, als sie plötzlich ein kühles blaues Licht aus Jakes reglosem Körper zu ziehen schienen. Im nächsten Moment verlief von den Handflächen der Alysaar aus eine dünne glühende Linie auf den Kristall zu und verschwand darin.
So also ging das. Sie lösten die Erinnerungsenergie wie etwas Materielles aus einer Person und übertrugen sie in den Kristall, als zapfe man Blut in ein Behältnis.
Sie sagte nichts, fragte sich jedoch unweigerlich, ob Jake dabei Schmerzen litt. „Nein." Der Gedanke kam von Krythkal. „Er spürt nichts." Rosemary nagte an ihrer Unterlippe. Sie hatte keine Ahnung, wie lange das Ganze dauern würde. Nur eines wusste sie: Zamara besaß eine Menge Erinnerungen, die in diesen winzig kleinen Kristall transferiert werden mussten.
„Transfer beginnt", erklang Krythkals ungerührte Gedankenstimme. Zamaras Körper zuckte leicht, als zerre etwas an ihr. Es würde also klappen!
Jake wollte Zamara schon zugrinsen, aber anstatt Freude und Erleichterung nahm er Schrecken und Trauer wahr, die von ihr ausgingen. Er ergriff an diesem Ort, der nicht real war und doch ganz so schien, ihre Hand, berührte sie, stellte Kontakt her, wie er es zuvor schon einmal mit ihrer körperlichen Hülle getan hatte.
„Zamara, was ist denn? Was stimmt nicht?"
„Ich... hätte damit rechnen müssen", erwiderte sie. Sie drückte seine Hand und versuchte ihn zu beruhigen. „Aber zumindest wird das Wissen überdauern."
Kälte füllte seinen Bauch. „Was soll das heißen?"
Sie sah ihn traurig an. „Was die dunklen Templer vermögen, ist bewundernswert. Es ist wichtig und würdig, und sie zeichnen die Erinnerungen auf, so gut sie können. Aber ihre Art und Weise ist anders. Bewahrer sind organische Wesen, keine Technik, und das ist es, was die dunklen Templer verwenden."
„Ich verstehe nicht..."
„Weißt du noch, wie sich die Erinnerungen entfaltet haben, als ich sie mit dir teilte?"
Er nickte. „Das werde ich wohl nie vergessen. Es war, als sei ich die Person, deren Erinnerungen du mit mir teiltest. Es war, als widerfahre all das mir selbst, genau in jenem Moment."
„Sie haben in diesem Moment gelebt", sagte sie leise. „Durch dich. Durch mich. Durch alle Bewahrer, wenn sie in die Gewässer der Erinnerungen eintauchen, die wir in uns tragen. Diejenigen, die vor uns starben,
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