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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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bis zur Decke. Die vernarbten Holzbohlen erinnerten sie stark an Adam: robust, schön und abgenutzt.
    Talia blickte wieder zu den Fenstern. »Kann jemand hier hereinsehen?«
    »Das sind Einwegscheiben. Fühl dich ganz wie zu Hause. In der Küche sollte etwas zu essen sein. Ich muss mit Custo sprechen und mich davon überzeugen, dass es allen gut geht.«
    Sie wandte sich in die Richtung, in die er gezeigt hatte. Neben ihr befand sich eine offene Küche aus nacktem, gebürstetem Stahl, aber ihr Blick glitt zurück zum Fenster.
    Sie war nicht hungrig, nein. Nicht bei einer so überwältigenden Aussicht. Aus der löchrigen Silhouette blitzten Lichtpunkte auf. Die Stadt wirkte rau und männlich und strahlte eine verführerische Kraft aus. Eine Kraft, von der sie sich vorstellen konnte, dass sie für Fremde leicht unangenehm werden konnte, ja sogar brutal.
    Sie ließ den Blick zu Adams Spiegelbild gleiten, das sich in der Fensterscheibe vor ihr über die Stadtansicht gelegt hatte. Während er polternd in sein Telefon sprach, beugte er sich über einen Schreibtisch und kritzelte etwas. Unter seinem T-Shirt zeichneten sich seine kräftigen Rückenmuskeln ab. Als er sich aufrichtete, trieb der Anblick seiner durchtrainierten Brust und der breiten Schultern eine Lustwelle durch ihren Körper, ließ ihren Puls höher schlagen und entfachte ein Feuer in ihrer Mitte. Ihre Blicke begegneten sich in der Scheibe. Er wirkte ernst und nachdenklich, aber sein Blick war lustvoll und bohrend. Zweimal war sie vor ihm davongelaufen und vor dem Aufruhr hinter seiner kontrollierten Fassade geflüchtet. Hatte sich gegen das Brennen seiner intensiven Gefühle abgeschottet. Das war dumm und schwach von ihr gewesen. Sie wollte nicht mehr davonlaufen.
    Sie standen kurz vor der Vernichtung, am Rande des Abgrunds; es gab kein Zurück mehr. Es blieb nicht mehr viel Zeit, das Leben zu genießen. Sie wollte ihn.
    Er setzte sein Gespräch fort, gab kurze, knappe Anweisungen und ließ sie dabei nicht aus den Augen. Adam hielt sie mit seinem Blick gefangen. Sie hätte die Verbindung nicht durchbrechen können. Adam war die Stadt, voll gefährlicher Kraft und auf seine ganz eigene Art bedrohlich.
    Er legte auf, kam langsam zu ihr und stellte sich hinter sie, ohne sie zu berühren, nur sein warmer Atem strich über die Härchen in ihrem Nacken. Sie reagierte auf seine Nähe so, als würde er sie berühren, ihr Körper sehnte sich danach, sich ihm entgegenzubiegen und den Kopf zur Seite zu neigen, sodass er ihren Hals küssen konnte. Beinahe spürte sie seine Lippen auf ihrer Haut, genau da.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie stattdessen mit dünner Stimme.
    »So weit, so gut«, erwiderte Adam abwesend, während er ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe von oben bis unten musterte. »Custo bringt noch die Letzten sicher unter. Dann kommt er her.«
    »Das ist gut. Alles ist gut«, sagte sie vorsichtig. Ihre Nerven vibrierten, sie wollte ihn berühren. Wollte von ihm berührt werden.
    »Ja.« Er sah ihr wieder in die Augen.
    Adam spannte den Kiefer an, zuckte und trat einen Schritt zurück. Dann noch einen.
    Talia ließ den Blick auf den Boden sinken und errötete beschämt.
    Er räusperte sich. »Hast du nachgedacht, Talia?«
    Sie überlegte. »Was meinst du?« Fragte er sie diesmal etwa erst, ob er sie anfassen durfte? Das wäre das erste Mal.
    »Über den Krieg, Talia. Hast du dir Gedanken über die Konsequenzen gemacht? Kannst du damit umgehen? Ich muss wissen, ob du dazu bereit bist. Du bist unsere einzige Waffe.«
    Eine Waffe. Wenn das Blut in ihren Adern zuvor erhitzt war, strebte es nun dem Siedepunkt entgegen. »Du meinst, du zielst mit mir auf die Geister und sagst ›Schrei‹. Ja, irgendwie habe ich das kapiert.«
    »Nicht nur auf die Geister, sondern auf den Dämon, den Todessammler, der das IBÜ hinter sich hat.«
    »Ich habe doch gesagt, dass ich es verstanden habe.« Talia klang gereizt und drehte sich zu ihm um. Adams Leben war die letzten sechs Jahre von einem einzigen übermächtigen Bedürfnis bestimmt worden. Dem Wunsch, seinen Bruder zu töten. Er würde erst zufrieden sein, wenn Jacob vernichtet war und seine stinkende Hülle auf dem Boden allmählich verrottete.
    »Gut«, brummte Adam. »Ich wollte sichergehen, dass du weißt, worauf du dich einlässt. Was auf dem Spiel steht. Wieso wir nicht riskieren dürfen, es zu verderben.«
    »Der Krieg hat für dich oberste Priorität«, wiederholte Talia. Ihre Bedürfnisse waren

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