Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
für mich.« Sie merkte, wie ihr das Lächeln entglitt. »Und er wird zunehmend durchlässiger.«
»Du willst nicht wirklich, dass Khan zurückgeht, oder?« Talia legte das Baby an ihre Schulter und klopfte auf seinen Rücken. Das andere Kind stieß einen wütenden Schrei aus, und Adam ging hinüber, um es zu holen.
»Was mich persönlich angeht, natürlich nicht.« Doch hier ging es um viel mehr. »Ich finde es furchtbar, weiß aber keine Alternative. Und zumindest können wir dort eine Weile zusammen sein.« Eine sehr kurze Weile.
Talia schüttelte den Kopf. »Ich kann das einfach nicht glauben. Da findet ihr zwei euch endlich wieder und dann das. Das ist schlimmer als Wichte und der Teufel zusammen.«
»Das Komische ist«, sagte Layla, als sie an die winterlichen Zwielichtlande dachte, »selbst wenn er zurückkehrt, glaube ich nicht, dass er lange dort bleibt. Er ist zu weit gegangen.«
Die Öde, die ihn erwartete, stimmte sie traurig. Der aschgraue Boden, die nackten Zweige, das schmutzige Grau seines ewigen Daseins. Diese unendliche Leere letzte Nacht hatte sie einen Augenblick gespürt und konnte dieses Nichts nur in seinen Armen ertragen. Sie hatte den Schmerz seiner unbeschreiblichen Einsamkeit in seiner Stimme und seinem einsamen Heulen gespürt, als sie ihn gebeten hatte, sich ihr zu zeigen. Er wusste, welche Leere ihn in der Zukunft erwartete und dass er dort zum Monster werden würde.
Layla weinte wegen ihrer Liebe, seiner Pflicht und seinem Schicksal.
»Was meinst du?«, fragte Talia, drängend und traurig zugleich.
Layla wischte sich die Tränen von den Wangen. Hilflos hob sie die Hand. »Vielleicht hätte es vor zwanzig Jahren eine Chance gegeben, aber nicht jetzt.« Bei dem Gedanken daran, wie ihn die Einsamkeit gefangen hielt, schnürte sich Laylas Kehle zu. Wie lange dauerte es, das Problem mit dem Tor zu lösen? Bis sie ihn halten konnte? Gab er nach oder kämpfte er? Er würde kämpfen. »Ich glaube, dass es das Gute in ihm tötet und nur das Dunkle bleibt. Und was dann?«
Sie erinnerte sich an sein Gesicht, als er sie in den Armen gehalten hatte, jene wahnsinnige Wut, gepaart mit der Macht seiner Magie. Davor fürchtete sie sich mehr als vor dem Monster, das Rose in die Flucht geschlagen hatte, bevor es vor Laylas Augen zum Schattenmann geworden war.
»Ich muss ihn überzeugen«, sagte Layla.
»Ich wünschte, ich könnte helfen.« Sorgenfalten bildeten sich auf Talias Stirn. »Aber ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Nein, du hast die Kinder.«
Ein vielschichtiges Rauschen erhob sich im Zimmer, wie ein Regenguss auf einem Blechdach oder Käfer nachts im Dschungel. Keins von beidem konnte hier der Fall sein. Layla, die einen mittlerweile vertrauten Druck in ihrer Brust spürte, stand auf.
»Abby?«, hörte sie jemand in weiter Ferne sagen, erkannte die Stimme jedoch nicht. Sie klang jung, gebrochen und ängstlich. »Verlass mich nicht, Schwester.«
Oh, nein. Laylas Trauer wich Panik. Nicht Abigail. Nicht jetzt.
Der Geisterangriff hatte noch mehr Schaden angerichtet. Es geschah alles auf einmal, so dass keine Zeit blieb, zu trauern oder sich zu verabschieden. Die Zeit, die sie gestohlen hatte, war vorüber.
Das Wohnzimmer schien sich leicht zu verschieben. Layla erinnerte sich an den Schatten über Segue und die verzerrten Konturen des Gebäudes. In der Aufregung der letzten Stunden hatte sie keine Gelegenheit gehabt, Khan, alias Schattenmann, zu fragen, was es damit auf sich hatte. Jetzt wusste sie es.
Der Schatten war Abigails wegen da. Zoes Schwester lag im Sterben. Das wusste Layla aus einem ganz einfach Grund: Sie würde selbst bald sterben, auch wenn es endlich Menschen gab, die das mit aller Macht zu verhindern suchten. Der Schritt über die Grenze war unvermeidlich, für Abigail und für sie.
Das Gesetz der Natur setzte sich überall durch.
Layla drehte sich zu Talia um, die sich seltsam langsam vorwärts bewegte und mit ihren Lippen Worte formte, die Layla nicht hörte. Ihr Gesicht zeigte erneut diesen überirdischen Schein, ihre Augen wirkten noch etwas schräger als üblich.
Abigail brachte Segue und jeden, der sich noch dort befand, ebenfalls an die Grenze.
»Schrei«, sagte Layla. Eigentlich wollte sie es laut brüllen.
Plötzlich intensivierten sich die Farben im Raum. Endlich – endlich – wirbelte Talia zu Adam herum, und die Sorge in ihrem Gesicht wandelte sich in Panik.
Mit einem lauten Rauschen, wie das Meer, das sich an einem Felsen brach, kehrte
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