Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
erkannte Layla, dass Zoe das neue Gesicht des Todes war. Die erste Seele, um die sie sich kümmerte, würde die ihrer Schwester sein.
Was war mit … ? »Schattenmann!«, schrie Layla.
»Hier entlang«, sagte die Scherenfrau und zerrte Layla mit sich zwischen die Bäume. Sie sah gerade noch, wie Zoe sich – umgeben von knisternden Schatten – dem Mann stellte.
»Zoe!«
Doch die Scherenfrau hielt ihr den Mund zu. »Sie wird dich nicht finden. Willst du das überhaupt? Als sie seine Sense in Besitz genommen hat, hat sie deinen Mann, den Tod, umgebracht.«
Getötet? Den Schattenmann? »Das ist unmöglich.«
»Seine Macht lag in seiner Aufgabe. Er hat sie zu lange vernachlässigt. Jetzt hat sie jemand anders übernommen.« Die Scherenfrau packte sie fester. »Er ist fort.«
»Er ist unsterblich.« Das hatte er ihr gesagt.
»Nicht mehr.« Die Scherenfrau verzog den Mund zu einem bösen Grinsen. »Narr.«
Während die Scherenfrau sie durch die Bäume zerrte, zogen dunkle Zweige, ein veilchenblauer Himmel und der glänzende Schweif eines Sterns an Layla vorbei. Ihr Herz raste, ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Schattenmann?
Sie hatte die Chance gehabt, ihn zu retten. Ein zweites Leben, um ihn zurück in die Zwielichtlande zu bringen und einen Augenblick ihre Liebe mit ihm zu teilen. Nun hatte sie den Himmel enttäuscht.
Aber noch viel, viel schlimmer war, dass sie ihn enttäuscht hatte.
16
Die Entscheidung war gefallen. Der Schattenmann nahm eine defensive Warteposition ein. Die Engel bereiteten sich auf einen Angriff vor, doch sie konnten ihm nichts antun. Das Tor blieb, egal um welchen Preis.
Kat-a-kat-a-kat-a-kat: Dann werden wir Freunde, du und ich.
Wohl kaum.
Custo stöhnte und wirkte besorgt. Die Engel konnten untereinander ihre Gedanken lesen. Der Junge kannte ihre Strategie.
»Du musst sie nicht verraten«, sagte der Schattenmann. »Ich weiß, wie sie vorgehen werden. Ich habe im Lauf der Jahre genug Schlachten geführt.«
»Und du nennst mich Gedankenleser«, sagte Custo und ließ sich einen Augenblick von seiner Sorge ablenken.
»Gefühle sagen manchmal mehr.«
Die Engel würden versuchen, ihn zu besiegen, indem sie sich aufteilten: Eine Gruppe würde sich um Custo kümmern, eine größere um ihn, und eine dritte um das Tor. Doch das funktionierte nicht.
Eine Weile herrschte Stille, dann griffen die Engel wie auf ein geheimes Zeichen hin an.
Der Schattenmann trieb eine Mauer aus pechschwarzen Schatten zwischen sich und das Tor. Die nach vorn stürmenden Engel prallten daran ab und krachten auf den harten Höhlenboden.
Ballard stürzte sich auf ihn und griff ihn mit einem Messer himmlischen Ursprungs an. Die Schnitte brannten, doch der Tod heilte sofort. Da musste sich Ballard schon etwas anderes einfallen lassen. Der Schattenmann zertrümmerte mit einem Schlag sein Rückgrat und spürte, wie der Engel über den Schmerz erschrak. Diese Verletzung brauchte wenigstens eine Weile, um zu heilen.
Ein Engel, der nach dem Hammer griff, wurde von einer weiteren Schattenwelle fortgeschleudert und riss dabei noch zwei andere Engel mit sich. Wieder ein brennender Schnitt, der rasch verheilte. Eine Drehung, ein Pfeil, eine Welle Schatten, und er hatte alle Angreifer abgewehrt.
Doch es würden weitere folgen.
Custo hielt unbewaffnet und mit blutdurchtränktem Hemd vier seiner Kollegen in Schach. Sein Gesicht war verschwitzt und dreckverschmiert, doch er setzte den Kampf mit großer Anmut und Kraft fort.
Die Schatten wirbelten unkontrollierbar durch die Höhle. Der Schattenmann nutzte seinen Geist, um den um ihn tosenden Sturm noch einmal für sich zu nutzen.
Doch … der Orkan aus Schatten gehorchte ihm nicht.
Er versuchte es noch einmal, doch stattdessen landete ein Schwall Schmutz und Nässe auf seinem Körper und brannte auf seiner Haut. In Gegenwart von Engeln spürte er immer ein Brennen, doch dass ihm die Schatten untreu waren, überraschte ihn.
Na, gut.
Mit einem gezielten Faustschlag entfernte Custo einen Engel von dem Tor. Die Wucht des Treffers hätte diesen normalerweise in die Tiefen der Höhle befördert, doch er fiel direkt dahinter auf den Boden. Und stand gleich wieder auf, um es erneut zu versuchen.
Etwas stimmte nicht.
Der Schattenmann postierte sich vor dem Höllentor und wehrte den Engel mit einem Tritt erneut ab. Doch das Brennen auf seiner Haut steigerte sich zu einem unerträglichen Inferno, das in seine Muskeln und Knochen drang. Er spürte das Tosen und Ziehen der
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