Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
Erde in sich, sie rechnete unbarmherzig ab und nahm ihn begeistert in Besitz.
Sein Kopf brannte. Die Bilder vor seinen Augen verschwammen. Der Schmerz zwang ihn in die Knie, und er stieß einen gequälten Schrei aus, der in der Höhle widerhallte.
»Der Zorn Gottes trifft den Tod!«, schrie Ballard. Er richtete seine Silberklinge auf ihn.
Als Ballard den Dolch durch die Luft schwang, zuckte der Schattenmann zurück. Er empfand ein seltsames Knistern. Blickte nach unten und wunderte sich, als Blut aus einem Schnitt über seiner Brust rann.
Blut.
Was? Der Tod konnte nicht bluten.
Ballard fuhr herum und schleuderte den Tod mit einem Tritt gegen das Tor. Der Schattenmann hörte das Krachen eines Schädels, brauchte jedoch einen Augenblick, um zu realisieren, dass es sich dabei um seinen eigenen Kopf handelte. Ein scharfer Geschmack erfüllte seinen Mund, der Konsistenz nach schien es sich um Blut zu handeln. Schon wieder.
Sein Blut.
Die Schatten machten keine Anstalten, ihn zu heilen. Sie hoben sich wie eine Decke aus Nebel und ließen ihn nackt und frierend auf dem sandigen Boden der Höhle zurück.
Ballard sprang in die Luft und machte sich bereit, den Dolch in das Herz des Todes zu versenken.
Der Schattenmann hob abwehrend den Arm und wunderte sich erneut über seinen Körper. In seiner Verwirrung fürchtete er sich nicht vor dem Dolch. Theoretisch wusste er zwar, dass die Klinge seinen Tod bedeutete, doch er war der Tod – und das ergab irgendwie keinen Sinn.
Dann traf ein Stiefel Ballard in den Bauch, und er plumpste wie ein Stein zu Boden.
»Seht ihn euch an!«, schrie Custo.
Wen?
Der Schattenmann zitterte vor Kälte. Tastete mit den Fingern nach der Wunde in seiner Brust und führte die Hand vor seine Augen, als hätte er noch nie zuvor Blut gesehen.
»Er ist sterblich!«, verkündete Custo.
»Wer ist sterblich?«
Custo blickte ihn mitleidig an. »Oh, verdammte Hölle. Du.«
Der Schattenmann zog sich an dem Tor hoch. Seine Knie gaben nach. Er glitt zurück auf den Boden. Das musste die Schwerkraft sein. Die Erde roch himmlisch mineralisch.
Kat-a-kat-a-kat-a-kat: Öffne mich! Schnell! Bevor sie dich fertigmachen. Sie werden deine Schwäche ausnutzen, um Layla zu töten.
»Aber er ist ein Schattenwesen«, widersprach Ballard, während er aufstand.
»Ich bin ein Schattenwesen«, stimmte der Tod zu. Ausnahmsweise hatte Ballard recht. Sonst machte dieser blinde Fanatiker eher den Eindruck, als wüsste er nicht, was er eigentlich redete. Ein Mann in seiner Position sollte über mehr als nur Leidenschaft verfügen.
Fassungslos ließ Ballard die Waffe sinken.
Kat-a-kat-a-kat-a-kat: Die Zeit rennt davon.
»Ja«, sagte Custo. »Können wir einen Augenblick nachdenken?«
Als Ballard anklagend mit dem Finger auf ihn zeigte, blinzelte der Schattenmann, konnte jedoch Ballards Gefühle nicht spüren. In dieser Höhle befanden sich Dutzende von Sterblichen, doch sie fühlten sich leer an.
»Das ändert nichts«, erklärte Ballard.
»Der Tod, ein Schattenwesen, ist jetzt ein Mensch«, erwiderte Custo. »Das ändert alles.«
Ein Mensch . Bei dem Wort beschleunigte sich sein Herzschlag, ein unbeschreibliches Wunder.
Er konnte es nicht abwarten, Layla davon zu berichten. Sie würde sich gnadenlos über ihn lustig machen, und gemeinsam würden sie jeden Augenblick genießen.
Ballard schüttelte den Kopf. »Dort drüben steht noch immer ein Tor zur Hölle.«
Kat-a-kat-a-kat-a-kat: Na, bitte.
Noch nie hatte der Schattenmann so dringend Kraft benötigt, doch ausgerechnet jetzt war er nackt und hilflos wie ein neugeborenes Fohlen. Neben ihm auf dem Boden lag der Hammer. Ohne große Hoffnung griff er danach und stellte ungläubig fest, dass er problemlos die Hand um den Griff legen konnte. Breitbeinig versuchte er, erneut aufzustehen.
Solange er lebte, ließ er niemanden in die Nähe des Tores.
Kat-a-kat-a-kat-a-kat: Beeil dich! Sie reißen uns beide auseinander.
»Vielleicht hat man ihn uns als sterblichen Körper geliefert, damit wir ihn umbringen«, sagte Ballard.
Ein Murmeln ging durch die Menge. Man dachte über seinen Vorschlag nach.
»Zumindest müssen wir neu nachdenken, Ballard«, bemerkte einer aus der Gruppe. »Er kann noch nicht einmal stehen.«
Dem Schattenmann kam es vor als schwanke die Höhle, doch das musste an ihm liegen.
»Sieh dir seine Brust an«, sagte ein anderer.
Der Schattenmann musterte den langen Schnitt. Dieser hatte aufgehört zu bluten und begann an den Rändern zu
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