Zwilling verzweifelt gesucht
getestet. Klar, dass die Babys fast durchgehend die Lautstärkegrenze überschritten haben. Jule und Jana waren allerdings noch besser. Sie haben ziemlich lange mit dem Gerät gespielt und dann noch drei Tage am Stück „ Schwarzbraun ist die Haselnuss “ gesungen, als Papa ihnen seine Erfindung längst wieder abgenommen hatte.
Finn und Fabian haben natürlich versucht, das Gerät auszutricksen: mit Magneten, Störgeräuschen oder Ähnlichem, aber Papa hat gut vorgesorgt.
Da ich allein nicht ausreichend Krach machen kann, konnte ich mich nur an den Tests meiner Geschwister beteiligen. Zuletzt haben wir alle gemeinsam so viel Lärm gemacht, wie wir nur konnten. Wir waren so laut, dass „ Schwarzbraun ist die Haselnuss “ gar nicht mehr aufgefallen ist, ebenso wenig wie „ Tränen lügen nicht “ und „ Siebzehn Jahr, blondes Haar “ . Daraufhin hat Papa den Klang noch mal verbessert. Die Lieder klingen jetzt so grell, dass keiner sie mehr überhören kann.
Fabian hat dann den richtigen Namen für die Erfindung erfunden: „ Krawallator. “
Jedenfalls muss Mama jetzt ganz schnell mit Papa zur Erfindermesse fahren. Der Krawallator ist rasch aufgebaut, aber die beiden haben auch jede Menge Werbematerial entwickelt – Plakate, Broschüren, CDs – die irgendwo untergebracht werden müssen.
„ Ich kann jetzt nicht zu den Quintanas fahren “ , teile ich Alisia mit falschem Bedauern mit. „ Ich muss nach Hause. Kommst du mit? Du darfst Rasmus und Robin wickeln. “
Sie verzieht das Gesicht.
„ Warum machen deine großen Brüder das nicht? “
„ Die sind beim Tischtennisturnier. “
„ Na super. “
Aber Alisia ist meine beste Freundin und lässt sich auch nicht von stinkigen Windeln abschrecken. Sie mag Rasmus und Robin, einen davon sogar lieber, aber sie weiß nicht genau, welcher von beiden es ist.
Sie überlegt. „ Wenn deine Eltern und deine Brüder weg sind, könnten wir noch mal Fotos von S2 suchen “ , schlägt sie vor. „ Oder andere Spuren. “
Beinahe hätte ich schon wieder gefragt, wer denn S2 ist, aber im letzten Moment fällt es mir ein. Zur Geheimagentin werde ich es wohl nie bringen.
Jule und Jana bestehen darauf, dass wir Schule spielen. Als ich erkläre, dass ich dazu überhaupt keine Lust habe, drohen sie mir damit, die Babys aufzuwecken, die gerade friedlich schlafen. Das macht mich so sauer, dass ich eine überzeugende böse Lehrerin abgebe. Ich verteile gigantische Strafarbeiten und lasse meine kleinen Schwestern abwechselnd in der Ecke stehen, aber sie kichern nur und strecken mir die Zunge heraus. Das kann wirklich lustig werden, wenn die erst in die richtige Schule gehen!
Schließlich lasse ich die beiden mit ihrer letzten Strafarbeit allein – jede von ihnen soll eine große Seite voll großer L schreiben – und mache mich mit Alisia auf die Suche nach Beweisen für die Existenz meiner Zwillingsschwester.
Alisia widmet sich den Fotoalben – es könnte ja sein, dass sich doch ein verräterisches Bild eingeschlichen hat – und ich gehe die Büroordner genau durch. Meine Eltern sind nicht besonders ordentlich, und so ist es nicht weiter verdächtig, wenn so etwas wie eine Geburtsurkunde fehlt. Aber warum muss es ausgerechnet meine sein?
„ Frau Lehrerin! “ , schreit es aus der Küche. „ Wir sind fertig! “
„ Ich komme! “ , rufe ich zurück.
Ich blättere den letzten Ordner bis zum Ende durch. Kein Hinweis. Es ist, als hätte es S2 nie gegeben. Wenn ich mir bloß nicht so sicher wäre, dass es sie aber doch gibt!
„ Frau Lehrerin! “ , brüllt Jule. „ Wir waren ganz unordentlich! “
„ Wir haben Saft auf die Strafarbeit gekleckert! “ , schreit Jana. „ Haust du uns jetzt? “
„ Seid jetzt mal leise! “ , brülle ich zurück.
Aus dem Zimmer, in dem die beiden Babys schlafen, dringt ein leises Wimmern. Ich sehe panisch auf die Uhr. Wenn ich Glück habe, kommen Finn und Fabian in einer Stunde nach Hause und helfen mir mit den Kleinen.
In diesem Moment stößt Alisia neben mir einen gellenden Schrei aus. Ich zucke zusammen, die Babys fangen beide gleichzeitig an zu brüllen und ich höre, wie Jule und Jana ihre Stühle umwerfen und zur Treppe rasen.
„ Tschuldigung “ , zischt Alisia. „ Aber ich hab was gefunden. “
Sie zeigt auf ein Foto. Darauf sind meine grinsenden Eltern zu sehen. Jeder von ihnen trägt ein Baby auf dem Arm.
„ Das Datum! “ , zischt Alisia. „ Das ist unser Geburtsjahr! “
Ich sehe genau hin. Das Foto
Weitere Kostenlose Bücher