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Zwilling verzweifelt gesucht

Zwilling verzweifelt gesucht

Titel: Zwilling verzweifelt gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Obrecht
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einfach hierher zu kommen. Ich kriege schwitzige Hände und lese zur Ablenkung die Titel auf den Buchrücken im Regal.
    Der kleine Junge taucht im Türrahmen auf.
    „ Ihr könntet den Fernseher einschalten “ , schlägt er vor. Er mustert uns neugierig.
    „ Nein, danke “ , sage ich.
    „ Schade. “ Er zögert. „ Wir könnten auch was spielen. “
    „ Wir haben nicht so viel Zeit. “
    Was für eine dumme Idee, hier drin auf Sina zu warten! Ich sehe Alisia an und stelle fest, dass sich auch ihre eben noch so zuversichtliche Miene verfinstert hat. Möglicherweise denkt sie dasselbe wie ich – dass wir hier drin in der Falle sitzen, wenn die Sache mit der Kindesentführerin jetzt gleich auffliegt. Die Frau wird es garantiert nicht dulden, dass wir sie verraten. Möglicherweise ist es Sina noch nicht einmal klar, dass sie geklaut ist. Alisia und ich sehen uns in die Augen, dann springen wir gleichzeitig auf.
    „ Wir gehen dann wieder! “ , ruft Alisia im Flur.
    „ Soll ich Sina etwas ausrichten? “
    „ Nein, ist schon okay. “
    Ich sehe mich panisch um. Welche Tür führt aus der Wohnung?
    „ Links! “ Alisia schiebt mich an.
    Gerade, als meine Hand auf der Türklinke liegt, erklingen schnelle Schritte im Treppenhaus, als würde jemand die Treppe hochrennen. Im nächsten Moment klingelt es Sturm.
    „ Das ist Sina! “ , ruft die Mutter aus der Küche. „ Macht einfach auf! “
    Alisia stehen einen Moment lang ganz reglos da. So lang immerhin, dass Sina noch einmal klingelt.
    „ Mach du auf “ , flüstert Alisia. „ Sie ist deine Schwester. “
    Ich halte die Luft an und öffne die Tür. Vermutlich reißt Alisia die Augen genauso weit auf wie ich. Vor uns steht ein etwa elfjähriges Mädchen. Sie hat eine Sporttasche über der Schulter und guckt ungefähr genauso überrascht wie wir. An dieser Stelle enden die Gemeinsamkeiten aber.
    Sina ist bestimmt zehn Zentimeter größer als ich. Sie hat olivbraune Haut, glänzende, schwarze Haare und sieht wunderschön aus. Und sie hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit mir. Eher noch mit Alisia, aber die weiß nun wirklich gar nichts von einer möglichen Zwillingsschwester.
    „ Wer seid ihr? “ , fragt Sina vorsichtig.
    „ Wir … “ , stottert Alisia. Bond Girl stottert! Aber schon hat sie sich gefangen und holt tief Luft. „ Wir machen eine Umfrage wegen des neuen Schulsprechers. Wir sammeln Vorschläge, aus allen Klassen, weißt du? “
    Ich sehe Alisia bewundernd von der Seite her an. Ihr fällt eben doch immer wieder etwas ein, und sie wird noch nicht einmal rot dabei!
    „ Ihr seid auf meiner Schule? “
    Alisia nickt und zieht einen Notizblock aus der Tasche, blättert geschäftig.
    „ Ich habe euch noch nie gesehen. In welche Klasse geht ihr denn? “
    „ Eine höher als du. Also, los. Hast du Vorschläge? “
    Sina überlegt.
    „ Unser eigener Klassensprecher eignet sich jedenfalls nicht dafür “ , erklärt sie schließlich. „ Er ist ein scheußlicher Angeber. Ich habe den nicht gewählt. “
    „ Und sonst jemand, der kein Angeber ist? “
    Wieder überlegt sie lange. „ Jannis aus der 5c “ , erklärt sie dann. „ Aber der ist schüchtern. Das ist für einen Schulsprecher sicher auch nicht so günstig. “
    Alisia schreibt den Namen auf und steckt das Notizbuch wieder ein.
    „ Ruf uns an, wenn dir noch was einfällt, ja? “
    „ Okay. “ Sina sieht uns nach, als wir die Treppe runterrasen. Ich hole erst wieder richtig Luft, als wir vor dem Haus stehen.
    „ Volle Pleite “ , erkläre ich.
    „ Wer weiß … “ , murmelt Alisia.
    Ich starre sie an: „ Also komm – Sina ist ganz bestimmt nicht S2. “
    „ Nein, das nicht. Aber sie könnte trotzdem geklaut sein. “
    Alisia schließt ihr Fahrrad auf. Sie lässt sich offenbar durch nichts aus der Ruhe bringen.
    „ Aber das ist uns doch dann egal. “
    „ Es wäre ein Verbrechen “ , erklärt Alisia. „ Aber wenn du meinst, wir brauchen uns um keine anderen Verbrechen zu kümmern, bitte. “
    Schweigend fahren wir nebeneinander her, bis zur Einbiegung in unsere Straße. An der Ecke angekommen, bremsen wir gleichzeitig und springen vom Sattel wie schon tausendmal zuvor. Nur reden wir momentan nicht mehr miteinander.
    Schließlich bricht Alisia das Schweigen.
    „ Sie sehen einander schon ein bisschen ähnlich “ , sagt sie. „ Sina und ihre Mutter, meine ich. “
    „ Eine schlaue Kinderklauerin würde natürlich nur ein Baby klauen, das ihr ähnlich sieht “ , lenke ich

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