Zwillingsblut (German Edition)
herantrat und drei Vampire nach ihr griffen, begann Sofia sich zu wehren. Ihr erster Schlag zielte auf Noctalyus und traf ihn trotz ihres kurzen Bewegungsspielraumes so, dass er die Fackel fallen ließ. Wie in Zeitlupe nahm Sofia das Fallen der Fackel war. Beim Aufprall spritzen kleine Funken wie Kugelblitze Richtung Reisig und griffen dort nach dem dankbaren Brennmaterial. So schnell, dass die Umstehenden erst begriffen, als das Knistern zu hören war. Den Schlag von Noctalyus sah sie nicht. Der Treffer kam aus dem Nichts, eine Ohrfeige eines Unsterblichen gegen ihre rechte Wange, die Sofia mit solcher Brutalität traf, dass sie benommen zu Boden ging.
Erst als sie das Blut auf ihren Lippen und in ihrem Mund schmeckte – ihr Blut – spürte sie das plötzliche Brennen in jeder Körperzelle, die einsetzende Lähmung. Die Vampirin versuchte schützend die Arme vor ihr Gesicht zu reißen. Doch es war zu spät. Die Magie, die Noctalyus gegen sie angewandt hatte, sie befand sich bereits in ihrem Blut und pumpte sich Schlag für Schlag rhythmisch weiter, beeinflusste Sofias Körper und brach ihren Widerstand.
Edward starrte die Vampirin an. Auch er hatte den Schlag nicht kommen sehen, ihn aber beinahe körperlich gespürt – genau, wie jeder andere Vampir im Raum. Der Ring an Noctalyus Finger, der in einem glühenden Rot funkelte, sprach deutlich Mornas Sprache, flüsterte von Verrat und Macht und war der einzige Grund, warum der Blonde es gewagt hatte, noch einmal Hand gegen Sofia zu erheben.
Die Vampirin versuchte ihre Benommenheit abzuschütteln, doch die Magie ließ sich nicht abschütteln, war extra für sie kreiert worden und reagierte auf jeden Versuch. Plötzlich war sich Sofia sicher, dass die Hexe – die Ausgangsperson der Magie – auch die Quelle aller Rätsel, aller Spiele war. Durch den Nebel, der sichum ihren Verstand gelegt hatte und ihn einlullte, konnte sie Edwards Stimme hören, aber nicht seine Worte. Doch sie klang ruhig – viel zu ruhig. Tödlich ruhig, und genauso fühlte er sich auch.
Sofia abermals wie tot vor sich liegen zu sehen, während Noctalyus sich wieder an den Raumeingang zurückzog, zerstörte Edwards Selbstbeherrschung und ließ seine primitivsten Instinkte die Oberhand gewinnen. Er konnte Sofias Blick aus halbgeschlossenen Lidern auf sich spüren, konnte ihre Angst sehen und ihre Verwirrung. Plötzlich fragte er sich, wie er auch nur auf die Idee hatte kommen können, sie einer möglichen Gefahr auszusetzen.
Er hat etwas Altes und Mächtiges an sich
, dachte Sofia benommen, während der größte Teil ihres Verstandes darum kämpfte, den lähmenden Nebel von ihren Gedanken zu vertreiben.
Auch Noctalyus schien Edwards innere Wandlung zu bemerken, denn er deutete einer Handvoll Vampire, ihn festzuhalten.
»Kleiner, wenn du es darauf anlegst, werden wir dich ebenfalls töten!«
»Hat deine Hexe dir da nichts anderes aufgetragen?«
»Sie hat damit gerechnet, dass du das Weib seinem Schicksal überlässt!«, behauptete Noctalyus mit mehr Sicherheit, als er empfand.
Edwards Lachen hallte von den Wänden wieder und klang grausam. Selbst Sofia wimmerte, als sie das Aufwallen der Macht spürte, die von ihm ausging wie ein Verhängnis. Plötzlich war er ein Gefäß gefüllt von Wut, seine Augen glühten wie braunes Feuer. Seine Menschlichkeit schien von ihm abzublättern. Die anderen Vampire wichen vor ihm zurück, als fürchteten sie, er sei wegen ihnen vom Himmel herabgestiegen.
Sofia sah die Bewegung Noctalyus, das Glänzen des Ringes in der Luft und versuchte Edward zu warnen. Doch statt ihn auf die Gefahr aufmerksam zu machen, lenkte sie seinen Blick auf sich.
Als das glühende Rot Edwards Körper berührte, verflog der Eindruck der Schönheit und der Macht, Edward wirkte verwirrt und sein Blick, der immer noch auf Sofia ruhte, wurde beunruhigend zärtlich. Seine Beine gaben unter ihm nach und einzig die angreifenden Vampire, die ihn plötzlich mit unzähligen Armen hochrissen, fingen ihn auf. Noch vor Sekunden hätte Sofia geschworen, dass nichts in diesem Raum Edward etwas anhaben konnte, nichts die Macht hatte, ihn zu vernichten. Jetzt musste sie hilflos mit ansehen, wie er vorwärts gestoßen wurde, ein Spielball in den Händen der Schwächeren.
»Nein!« Zumindest Sofias Stimme befreite sich aus ihrer Katatonie, konnte aber nicht verhindern, dass Edward ins Feuer gestoßen wurde.
Sie konnte seinen Schmerzensschrei hören. Er vibrierte in ihren Zellen und begann
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