Zwillingsbrut
erkennen. Aber sie zeigte sich zurückhaltend, daher war es vielleicht das Beste, es dabei zu belassen.
Außerdem hatte er schon genug um die Ohren. Elis Arm schien zu heilen, doch sein Husten rasselte hartnäckig und wollte einfach nicht weggehen. Vor dem Schlafengehen hatte seine Temperatur bei achtunddreißig gelegen; er würde noch einmal messen müssen, wenn der Junge heute Morgen aufwachte, aber langsam fing Trace an, sich Sorgen zu machen.
Doch erst mal musste er seine Arbeit erledigen. Der Geruch nach Vieh, Dung und Urin mischte sich mit dem des trockenen Heus in dem hundert Jahre alten Gebäude aus verwittertem Zedernholz, wo sowohl die Rinder als auch deren Futter untergebracht waren. Es war das älteste der Nebengebäude, das mittlere; ursprünglich hatte es als Scheune gedient. Auf dem gewaltigen Heuboden über seinem Kopf stapelten sich die Heuballen bis hinauf zu den alten Dachsparren. Rechts und links von der alten Scheune waren über die Jahrzehnte hinweg Anbauten errichtet worden: ein offener Unterstand auf einer, auf der anderen Seite ein noch einmal so großer geschlossener Stall, in dem Trace die Pferde untergebracht hatte.
Die Rinder, die wegen der jüngsten Sturmserie hatten drinnen bleiben müssen, waren unruhig und drängten sich muhend um den Futtertrog. Ihr Fell, rostbraun oder schwarz, war dick und zottelig, ihre Nasen, die sie tief in das frisch verteilte Heu gruben, glänzten feucht.
»Geduld, Geduld, es ist genug für alle da«, beschwichtigte er einen der Oberdrängler.
Als er die Rinder versorgt hatte, hängte er seine Heugabel an einen Nagel neben der Stalltür und pfiff automatisch nach dem Hund.
»Na, das war nicht gerade clever«, murmelte er. Sarge war noch immer in der Tierklinik, wo er so lange bleiben würde, bis Jordan Eagle gewillt war, ihn zu entlassen.
Er ließ die Lichter an und trat hinaus in die Dunkelheit. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, der Morgenhimmel voller funkelnder Sterne. Der Schnee knirschte unter seinen Stiefeln, als er zum Pferdestall hinüberging. Er fütterte die Tiere und gab ihnen Wasser, dann tätschelte er dem jüngsten Wallach die schwarze Schnauze. Wegen seines tiefschwarzen Fells hatte er den Namen »Jet« bekommen, aber als Trace ihn gekauft hatte, hatte Eli beschlossen, ihn »Jetfire« zu nennen, wie den Transformer aus dem Kinofilm
Transformers – Die Rache.
»He, Jetfire«, sagte er und kraulte das Pferd hinter den Ohren, »vielleicht könnt ihr heute raus.«
Hoffentlich,
dachte er, denn die Tiere wurden langsam, aber sicher verrückt. Er konnte ihnen keinen Vorwurf machen, schließlich hasste er es selbst, wenn ihm die Decke auf den Kopf fiel.
»Später«, sagte er zu der kleinen Herde und kehrte über den Pfad, den er zuvor in den Schnee getreten hatte, zum Haus zurück. Der Holzofen wärmte bereits die Küche, der Kaffee war durchgelaufen. Vor der Hintertür klopfte er sich den Schnee von den Stiefeln, zog sie aus und trug sie ins Haus. Seine Fleecejacke hängte er an den Haken gleich neben der Tür. Während die nassen Stiefel neben dem Ofen trockneten, schenkte er sich eine Tasse Kaffee ein und hörte seinen Anrufbeantworter ab, auch wenn er wusste, dass es für irgendwelche Nachrichten noch zu früh am Tag war. Natürlich war keine eingegangen. Er hatte gehofft, dass jemand angerufen hätte, der Leanna kannte und ihm sagen konnte, wo sie steckte.
Skeptisch betrachtete er den Zettel mit den beiden Telefonnummern, den er in der Schreibtischschublade gefunden hatte, dann blickte er achselzuckend auf die Uhr und wählte die Nummer in Washington, doch es klingelte nur endlos. Kein Anrufbeantworter. Er probierte es in Phoenix. Dort ging ebenfalls keiner dran, aber wenigstens konnte er eine Nachricht hinterlassen. Er nannte seinen Namen und erklärte, dass er mit Leanna verheiratet gewesen sei und dringend in Kontakt mit ihr treten müsse. Anschließend rief er noch den Anwalt an, der Leanna bei der Scheidung vertreten hatte, einen Kelvin Macadam von der Kanzlei Bennett, Stowe & Ellsworth in Boise, aber natürlich war diese heute nicht geöffnet. Danach wusste er nicht mehr weiter.
Es war, als würde er einem Phantom nachjagen. Er nippte an dem heißen Kaffee, dann stellte er den kleinen Fernseher auf dem Küchenwagen an, den seine Mutter einst zum Backen benutzt hatte.
Während er auf den Wetterbericht wartete, nahm er einen Karton Milch aus dem Kühlschrank und eine Schachtel Cheerios aus dem Schrank, anschließend
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