Zwillingsbrut
durchsuchte er klappernd die Besteckschublade. Die Ansagerin berichtete über einen lokalen Lichterschmuckwettbewerb, dann sagte sie mit ernster Miene: »Und hier noch eine weitere Meldung: In der Nähe der North Fork Bridge kam eine Frau mit ihrem Wagen von der Straße ab und stürzte in den Grizzly River. Elle Alexander, Mutter von zwei Kindern, verstarb noch auf dem Weg ins St. Bartholomew Hospital.«
Schrecklich,
dachte Trace.
Nur noch schlimme Nachrichten.
Er schüttete den Rest Müsli in eine Schüssel und stellte sie für seinen Sohn auf den Tisch, dann faltete er die Schachtel zusammen und legte sie auf die hintere Veranda zu dem anderen recycelbaren Abfall. Als er in die Küche zurückkam, berichtete eine Reporterin vom Boxer Bluff. Sie stand vor der hell angestrahlten Steinbrüstung, die zum Andenken an Jocelyn Wallis voller Blumen, Kerzen, Ballons und Stofftiere war.
Trace starrte auf die Reporterin, deren kurzes, fast schwarzes Haar vom Wind zerzaust wurde. Ihre behandschuhten Hände hielten das Mikrophon fest umschlossen, während sie mit Blick in die Kamera verkündete: »Das Büro des Sheriffs von Pinewood hat eine Presseerklärung herausgegeben, in der es heißt, der Tod von Jocelyn Wallis, einer Lehrerin der Evergreen Elementary School von Grizzly Falls, sei möglicherweise durch Fremdeinwirkung hervorgerufen worden. Noch sprechen die Behörden nicht von Mord, doch die Ermittlungen laufen in genau diese Richtung.«
Jocelyn Wallis’ Gesicht erschien auf dem Bildschirm. Wie angewurzelt blieb Trace in der Küche stehen und verspürte einen schmerzhaften Stich im Innern, dann wurde das Backsteingebäude eingeblendet, in dem die Grundschule seines Sohnes untergebracht war.
Jetzt schwenkte die Kamera zurück auf die Reporterin auf dem Vorsprung im Park, dann zoomte sie auf das schneebedeckte Felsplateau über dem tosenden Fluss, das Jocelyns Schicksal besiegelt hatte.
»Das Büro des Sheriffs bittet jeden um Hilfe, der Jocelyn Wallis beim Joggen auf dem Gipfelweg gesehen oder am Tag ihres Todes irgendetwas Auffälliges bemerkt hat. Die Telefonnummer finden Sie auf der Website des Büros des Sheriffs von Pinewood County. Das war Nia Del Ray für KMJC News«, schloss die Reporterin ihren Bericht. »Und nun zurück ins Studio.«
»Mein Gott«, flüsterte Trace ungläubig, ohne den Blick von dem kleinen Fernseher zu lösen. Was hatte die Reporterin gesagt?
Noch sprechen die Behörden nicht von Mord, doch die Ermittlungen laufen in genau diese Richtung.
Mord?
Wer um alles in der Welt sollte Jocelyn umgebracht haben? Und warum?
Im Studio berichtete die Ansagerin nun über einen Brand in einer Kleinstadt irgendwo im Süden.
Trace dachte an seinen Sohn und wie gern dieser Jocelyn gemocht hatte. Es war schwer genug gewesen, ihm beizubringen, dass sie verunglückt war, aber nun auch noch Mord? Wie sollte er einem Siebenjährigen das erklären, wenn er es doch selbst nicht verstand?
Er ließ Wetterbericht Wetterbericht sein, goss etwas Milch über das Müsli und verließ die Küche, um Eli zu wecken.
Als er die Treppe hinaufstieg, schoss ihm ein weiterer Gedanke durch den Kopf: Wenn Jocelyn tatsächlich ermordet worden war, würde er, Trace, als potenzieller Verdächtiger gelten. Da führte kein Weg dran vorbei.
Er
hatte sich mit ihr verabredet, war mit ihr ins Bett gegangen, wenn auch nur einmal. Die Schule hatte
ihn
angerufen, als sie nicht bei der Arbeit erschienen war.
Er
war in ihrem Apartment gewesen, wusste, wo sie den Ersatzschlüssel versteckt hatte,
er
hatte sie auf der Intensivstation identifiziert.
Ja, dachte er, als er die Tür zu Elis Kinderzimmer öffnete, er zählte zu den Hauptverdächtigen. Als hätte er nicht schon genug andere Sorgen.
Eli lag auf dem Rücken, die Decke zerknäult, die Haare standen in alle Richtungen, der blaue Gipsarm ruhte auf seiner Brust. Er schlief tief und fest.
Trace beobachtete, wie sich die schmale Brust des Jungen gleichmäßig hob und senkte. Er schlief den Schlaf des Gerechten, der sich um nichts in der Welt Sorgen machen musste.
Das würde sich leider nur allzu bald ändern.
Als sie sich am Montagmorgen auf den Weg zur Arbeit machte, konnte sich Kacey ein Leben ohne Hund gar nicht mehr vorstellen. Sie hatte sich vorgenommen, zumindest in der ersten Zeit während ihrer Mittagspause nach Hause zu fahren und eine halbe Stunde mit ihm zu spielen.
Ob Bonzi zum Wachhund taugte, würde sich noch herausstellen, aber er leistete ihr Gesellschaft; mit
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