Zwillingsbrut
Verteidiger? Unwahrscheinlich.
Er hatte bereits seinen großen Kopf gesenkt, um sich tätscheln zu lassen, als Trace, warm eingepackt in seine dicke Fleecejacke, in jenem sportlich federnden Cowboy-Gang den verschneiten Rasen überquerte, den sie nie auch nur annähernd attraktiv gefunden hatte.
Bis jetzt.
In einer seiner behandschuhten Hände hielt er einen Laptop, was das Bild ein wenig veränderte.
»Wolltest du mir das zeigen?«, fragte sie, als er die Stufen hinaufkam und in den Lichtkegel der Verandalampe trat.
»Ja. Etwas, was ich darauf gespeichert habe.« Er blieb stehen, um Bonzi zu streicheln, dann folgte er ihr ins Haus und in die Küche, wo er den Computer auf den Tisch stellte und öffnete. »Gibt es hier WLAN ?«
»Hm, hm.«
»Sicherheitscode?«
Als sie den Kopf schüttelte, sagte er: »Wir sollten dir einen einrichten.« Er grinste sie schief an und zog sich mit dem Fuß einen der Bistrostühle heran. »Nur um auf der sicheren Seite zu sein.«
Sie widersprach nicht. Nicht bei alldem, was momentan passierte. »Kann ich dir etwas anbieten? Ich habe Kaffee und Tee da und« – sie spähte in den Kühlschrank, während er die Internetverbindung herstellte – »Cola light und – oh – alkoholfreies Bier.«
»Bier, bitte«, sagte er, ohne aufzublicken. »Okay, das haben wir. Dann lass uns mal sehen.«
Sie öffnete zwei Flaschen, reichte ihm eine und setzte sich neben ihn. Mehrere Fotos erschienen auf dem Monitor. Zunächst dachte sie, es handele sich um Aufnahmen von ein und derselben Frau, doch als er sie einzeln anklickte, erkannte sie die Unterschiede. Ihre Finger schlossen sich um die langhalsige Flasche, und sie spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. »Was ist das?«, flüsterte sie, doch im Grunde wusste sie es bereits.
»Fotos von Frauen, die ich kenne und die einander sehr ähnlich sehen. Hier bist du«, sagte er und klickte ein Bild auf der Website der Poliklinik an, dann eins mit Jocelyn Wallis und ihrer Grundschulklasse.
Die dritte Frau kannte Kacey nicht. Sie war aus größerer Entfernung fotografiert und offenbar eingescannt worden. »Das ist Leanna«, erklärte Trace. Seine Lippen bewegten sich kaum. »Elis Mutter.« Er zoomte sie heran, damit ihr Gesicht, wenngleich verschwommen, etwas besser zu erkennen war.
Kacey gefror das Blut in den Adern, als sie die vertrauten Züge betrachtete. »Du warst mit ihr verheiratet, als du ein Verhältnis mit Jocelyn angefangen hast …« Sie blickte ihn entsetzt an.
»Du ziehst dieselben Schlussfolgerungen, wie die Cops es tun werden, doch ich habe nichts mit dem Ganzen zu tun«, sagte er und schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Ich fühle mich zu einem bestimmten Frauentyp hingezogen, aber das ist auch schon alles.«
»Wo ist sie? Leanna, meine ich?«, fragte Kacey.
»Ich habe keine Ahnung.«
Etwas an seinem Ton ließ Kacey aufhorchen. »Du denkst, sie könnte tot sein«, flüsterte sie wieder. Das Ticken der Uhr drang plötzlich überlaut in ihr Bewusstsein. Bonzi schnarchte leise im Wohnzimmer.
Trace hatte die Kiefer aufeinandergepresst, die Anspannung in seinem Gesicht war deutlich zu erkennen.
Mit steifen Fingern fuhr er sich durch sein ohnehin zerzaustes Haar. »Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß nicht, was ich denken soll, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass ich der letzte Mann war, mit dem sich Jocelyn getroffen hat, und dann bin ich auch noch in ihre Wohnung gegangen, um nach ihr zu sehen, nachdem mich die Schule angerufen hatte. Die Polizei wird mich sowieso schon auf dem Radar haben. Wenn sie dann Fotos von Leanna finden, die ganz offensichtlich verschwunden ist … werden sie ihre Schlüsse ziehen.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Andererseits wäre es gut, wenn sie Leanna ausfindig machten und sehen würden, dass alles in Ordnung ist. Ich kann sie einfach nicht erreichen, und Eli vermisst sie.«
Erstaunt, dass er mit jemandem verheiratet gewesen war, der ihr so ähnlich sah, starrte Kacey auf das Foto auf dem Bildschirm. Das Ganze war ziemlich verrückt, und ein Teil von ihr konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie langsam durchdrehte, die Paranoia überhandnehmen ließ, doch sie war nicht die Einzige, die ihre unleugbare Ähnlichkeit mit den anderen Frauen, inklusive Trace’ Ex, erkannte.
»Vermisst du sie?«, erkundigte sie sich.
»Leanna?« Er schnaubte. »Wohl kaum. Nicht dass ich meinem Kind den Kontakt mit der Mutter verwehren möchte, aber Leanna … Sie ist gegangen und hat
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