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Zwillingsbrut

Zwillingsbrut

Titel: Zwillingsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
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Alvarez’ dürftigem Beweismaterial, wollten sie und ihre Partnerin dem alten Herrn gegenübertreten und die Bude ein wenig aufmischen. Anfangs war sie von Alvarez’ Theorie, die Opfer könnten miteinander verwandt sein, nicht recht überzeugt gewesen, aber mittlerweile glaubte sie ebenfalls, dass die Frauen umgebracht worden waren, weil sie von Samenspender Nummer  727 abstammten. Warum und vor allem von wem, stand auf einem anderen Blatt.
    Das Wetter war grauenhaft, aber so war der Winter in Montana nun mal. Was hatte sie erwartet?
    »… okay, verstanden«, sprach Alvarez in ihr Handy. Das Radio knisterte. Auf der Main Street hatte ein Raubüberfall stattgefunden, der Täter hatte fliehen können. »Suchen Sie weiter. Ich möchte alles über Johnson, seine Kinder und die Klinik wissen … ja, rufen Sie mich zurück.« Sie legte auf und blickte Pescoli an. Ihr Gesicht im Scheinwerferlicht eines entgegenkommenden Wagens wirkte angespannt. »Leona ist an der Sache dran.« Leona Randolph war eine junge Beamtin, die erst kürzlich beim Department angefangen hatte. Sie war ein wahres Technik-Ass und beherrschte das Internet auf eine Weise, dass Pescoli nur staunen konnte. Obwohl das Mädchen bloß ein paar Jahre älter war als Jeremy, war sie diesem um Lichtjahre voraus, was Reife, Ehrgeiz und Zielstrebigkeit anbelangte. Da konnte sich ihr Sohn eine Scheibe abschneiden!
    »Nach ungefähr einer Meile müssen wir abbiegen«, sagte Alvarez. Der Schnee fiel dicht, die Sichtweite war gleich null. Pescoli fuhr so langsam, dass man im Grunde von kriechen sprechen konnte. Gerade jetzt, wo sie unter immensem Zeitdruck standen, wo die Uhr tickte und der Killer jeden Augenblick wieder zuschlagen konnte, wurden sie von einem Blizzard aufgehalten.
    »Da ist die Privatstraße nach Cougar Springs«, erklärte Alvarez und deutete mit dem Zeigefinger nach vorn. Pescoli erkannte im Licht der Scheinwerfer eine weitläufige Kurve.
    Sie pflügten durch den Schnee und kämpften sich eine Straße hinauf, die sich durch den Höhenkurort hindurch bis zu einem Pförtnerhaus schlängelte. Pescoli zeigte dem Wachmann ihre Marke und nannte ihm Gerald Johnsons Namen. Das Tor vor ihnen schwang auf, und Pescoli fuhr langsam die steile, kurvige Fahrbahn bergauf. Nach etwa einer Viertelmeile gelangten sie zu einer dreigeschossigen Lodge aus Glas und Zedernholz; warmes Licht fiel aus den großen Fenstern unter dem schneebedeckten Spitzdach. Nur eine Handvoll Autos, vom Schnee halb begraben, stand auf dem Parkplatz.
    Die Straße führte weiter nach oben, an dichtbewaldeten Grundstücken mit riesigen, am Hang gelegenen Anwesen vorbei. Viele davon dienten lediglich als Sommerhäuser und waren im Augenblick unbewohnt, nur bei einigen war Licht hinter den Fenstern zu erkennen – diese Leute wohnten das ganze Jahr über hier oder verbrachten ihren Winterurlaub auf den nahe gelegenen Skipisten.
    »Hartes Leben«, murmelte Pescoli.
    »Langweiliges Leben«, fügte Alvarez hinzu.
    »Ich denke, ein, zwei Jahre ›Langeweile‹ könnten mir durchaus gefallen.«
    »Aber sicher doch. Du würdest schon nach einer Woche die Wände hochgehen und spätestens nach zwei Wochen wieder im Dienst sein.« Alvarez warf ihrer Partnerin einen Seitenblick zu. »Wem willst du etwas vormachen? Mir? Oder dir selber?«
    »Vielleicht uns beiden«, murmelte Pescoli.
    »Was macht dir eigentlich so zu schaffen?«
    »Meine Kinder. Was sonst?« Sie hätte ihre aufgestaute Wut gerne auf den Fall geschoben, doch das war es nicht, was sie so sehr aufbrachte. Jeremy, der versessen darauf zu sein schien, im Leben eine dicke, fette Null zu sein, und Bianca, die so verrückt nach Jungs war, dass ihre Noten in den Keller rutschten, waren der eigentliche Grund für ihre Angst und ihren Verdruss. Dass Santana ihr zusätzlich Druck machte, half auch nicht gerade.
    »Bieg hier ab«, ordnete Alvarez an.
    Pescoli lenkte vorsichtig. Der Jeep geriet leicht ins Schleudern, dann fanden die Reifen wieder Halt, und der Wagen nahm eine letzte Kurve, bevor die Straße in die ringförmige Auffahrt mündete, die zu Gerald Johnsons Anwesen gehörte.
    »Showtime«, sagte Pescoli, als sie den Wagen vor einer Garage abstellte, die groß genug war, um eine ganze Flotte von Fahrzeugen darin unterzubringen. Gaslaternen flackerten neben den rustikalen, im Landhausstil gehaltenen Garagentoren. Sie stieg aus und folgte Alvarez, die es eiliger zu haben schien als sie, den schneebedeckten Weg entlang zur Haustür.

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