Zwillingsbrut
handeln. Sie erinnerte sich an Eds Rat und ließ Wasser in die Badewanne laufen, dann holte sie Eimer und eine Taschenlampe aus der Küche. Das Feuer im Wohnzimmer brannte hell, neben dem Kamin war noch genügend Holz aufgestapelt.
Klonk!
Von oben hörte sie ein Geräusch.
»Eli?«, fragte sie mit hämmerndem Herzen. Sie ging zur Treppe und hatte gerade zwei Stufen genommen, als überall das Licht ausging. Schlagartig war es stockdunkel, nur der flackernde rot-goldene Schein des Kaminfeuers, der durch die offen stehende Tür des Wohnzimmers fiel, warf zuckende Schatten.
Zuvor hatte sie das Gluckern der Heizung oder das Brummen des Kühlschranks gar nicht bemerkt, doch jetzt war alles totenstill, eine unheimliche Ruhe, die nur unterbrochen wurde von dem Heulen des Windes und dem verflixten Ast, der unablässig gegen die Hauswand krachte. Sie wartete in der Hoffnung, ein Generator würde anspringen und für Notstrom sorgen, aber vergeblich.
Nichts.
Was nun?
Sie verspürte eine Eiseskälte. Ihre Haut kribbelte, als sie an all die Dinge dachte, die in der Dunkelheit passieren konnten, wenn draußen ein durchgeknallter Killer herumlief …
»Hör auf damit«, sagte sie entschlossen.
Sie tastete sich zurück in die Küche, wo sie die Taschenlampe hatte liegen lassen, und stieß sich das Knie. Einen saftigen Fluch unterdrückend, griff sie automatisch nach dem Lichtschalter, dann zog sie die Hand zurück und tastete nach der Taschenlampe auf dem Tresen. Sie schaltete sie an, und ein schwaches, gelbliches Licht zeigte ihr, dass die Batterien fast leer waren.
Eli.
Er würde wissen, wo Trace neue Batterien aufbewahrte; außerdem würde sie ihn sowieso ins Wohnzimmer bringen und ihm ein Bett am Kamin machen müssen, damit er es ohne Heizung warm hatte.
Sie blickte hinaus in die Dunkelheit. Die Außenbeleuchtung war erloschen, die Nebengebäude lagen im Stockdunkeln. »Komm schon, Trace!«, flüsterte sie. Bestimmt wäre er gleich wieder hier.
Währenddessen würde sie …
Sie folgte eben dem dünnen Strahl der Taschenlampe die Treppe hinauf, als sie ein weiteres Geräusch vernahm.
Klonk!
Was war das?
Eli?
Sie unterdrückte ihre Furcht, rannte polternd die restlichen Stufen hinauf, den Flur entlang und stieß die Tür zu Elis Zimmer auf.
Das Bett war leer; Decken und Laken lagen auf dem Fußboden verstreut. »Eli!«, schrie sie und schwenkte suchend den Strahl der Taschenlampe durch den Flur. »Eli!« Sie riss die Schranktür auf, doch dahinter hingen nur Klamotten. Auch im Bad und in Trace’ Zimmer war keine Spur von dem Jungen zu entdecken. Die Taschenlampe wurde schwächer. »Eli!«
O Gott, o Gott!
Wo mochte er bloß stecken?
Voller Panik spürte Kacey, wie ihr trotz der Kälte der Schweiß ausbrach, angstvoll zog sich ihr Herz zusammen. Sie durchsuchte das dritte, zum Abstellraum umfunktionierte Schlafzimmer, sah unter den abgehängten Möbeln nach, hinter dem Sammelsurium von Kisten und Bildern, die rund ums Bett standen. »Eli!«, rief sie wieder, und dann, weil sie davon ausging, dass er genauso verängstigt war wie sie: »Ich bin’s, mein Schatz, Kacey. Wo steckst du nur?«
Doch sie bekam keine Antwort.
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Kapitel 34
P escoli fuhr.
Dass Missoula außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs lag, war ihr egal.
Genau wie es ihr egal – um nicht zu sagen, scheißegal – war, dass sich das FBI in die Ermittlungen einschaltete.
Sie wollte Antworten, und zwar jetzt.
Während Alvarez auf dem Beifahrersitz per Handy mit einem der Detectives telefonierte, die dazu abgeordnet worden waren, Gerald Johnsons Leben auf den Kopf zu stellen, blickte Pescoli mit zusammengekniffenen Augen durch die Windschutzscheibe. Die Scheibenwischer hatten Mühe, gegen den unablässig fallenden Schnee anzukämpfen.
Was hätte sie jetzt für eine Zigarette gegeben, und wenn Alvarez nicht so ein Gesundheitsapostel gewesen wäre, hätte Pescoli am nächsten Mini-Markt angehalten und ihren Geheimvorrat an Marlboro Lights im Handschuhfach aufgefüllt und sich dazu eine Riesendose Cola light gekauft. Das war genau die Mischung, die sie auf Hochtouren brachte.
Gerald Johnson lebte in einer bewachten, geschlossenen Wohnanlage, Teil eines Höhenkurorts, der an einen privaten Golfclub grenzte. Allein die Aufnahmegebühr war höher als der Wert ihres Hauses; Pescolis Gehalt hätte kaum für die monatlichen Mitgliedsbeiträge gereicht. Sie hoffte nur, dass der Mistkerl zu Hause war.
Bewaffnet mit Kacey Lamberts Theorien und
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