Zwillingsbrut
Kurzwahltaste, wartete und verdrehte frustriert die Augen. »Clarissa ist auch nicht zu erreichen! Wo zum Teufel steckt sie bloß?«
»Noreen, so beruhige dich doch«, beschwichtigte Gerald seine Frau.
»Sag mir nicht, was ich tun soll!«
»Lassen Sie uns ins Arbeitszimmer gehen«, schlug Johnson den Detectives vor und führte sie zu einer Doppeltür rechts neben der Treppe. Ein Gasfeuer brannte, die Flammen spiegelten sich in den Fenstern und dem schwarzen Lack eines Stutzflügels. In dem riesigen Flachbildfernseher über dem Kaminsims lief ein Sportsender, ein halb geleertes Glas Scotch stand auf dem Tisch neben einem ledernen Fernsehsessel.
»Hier spricht Mutter. Ruf mich an! Notfall!«, kreischte Noreen ins Telefon, als würde jemand drangehen, wenn sie die Stimme erhob. Die hohen Absätze ihrer Stiefel klackerten zornig, als sie ins Arbeitszimmer marschiert kam. »Ich kann niemanden erreichen. Wo können die denn alle sein?«
»Liebes, es wäre das Beste, wenn du dich erst einmal beruhigst«, sagte ihr Ehemann besänftigend. Er bedeutete den Beamtinnen, auf den Sesseln Platz zu nehmen, während er selbst sich in den Fernsehsessel fallen ließ und den Sportsender abschaltete. Der Bildschirm wurde schwarz, dann erschien ein Familienbild.
»Ich werde mich
nicht
›beruhigen‹!« Aufgebracht drehte sie das Handy in der Hand und funkelte ihren Mann an. »Warum habe ich den Eindruck, dass meine Kinder mich meiden? Meine Anrufe nicht annehmen?« Ihr stechender Blick wanderte zu Alvarez. »Warum sind Sie hier?«
»Noreen, bitte –« Ihr Mann machte eine beschwichtigende Handbewegung, als flehte er sie an, endlich zu schweigen. »Überlass das bitte mir.« An Alvarez und Pescoli gewandt, fuhr er fort: »Wie ich schon sagte: Ich habe Sie erwartet, seit heute Nachmittag Acacia Lambert bei mir im Büro erschienen ist. Sie hat mir das Gleiche mitgeteilt wie jetzt Sie.«
»Wer hat dich in deinem Büro aufgesucht?«, unterbrach ihn Noreen, die unruhig vor dem Gaskamin auf und ab schritt. »Acacia wer?« Sie schüttelte verständnislos den Kopf. »Wovon redest du, Gerald?« Doch da lag mehr als nur Neugier in ihrem herrischen Blick; eine Spur von Beklommenheit war darin zu erkennen. Von Furcht.
»Meine Tochter«, sagte er leise.
Seine Frau erstarrte. »Wovon zum Teufel redest du?« Ihre Frage war nicht mehr als ein Flüstern, ihr Blick schoss zwischen den Beamtinnen und ihrem Mann hin und her. »
Clarissa
ist unsere Tochter.«
»Ich spreche auch nicht von unserer Tochter, Noreen, sondern von
meiner
«, stellte er klar. Alvarez konnte förmlich sehen, wie ihm der Schweiß ausbrach. »Von meiner Tochter mit Maribelle.«
»Mit Maribelle?«, wiederholte Noreen. »Der
Krankenschwester,
die für dich gearbeitet hat?« Sie bebte vor Zorn.
»Acacia ist jetzt fast fünfunddreißig«, fügte Gerald leise hinzu.
Etwas in Noreens Innerem zerbrach. Ihre Schultern sackten herab, Tränen traten in ihre großen Augen. »Ich wusste, dass ihr beide … intim miteinander wart. Natürlich wusste ich das, aber …« Noreens Stimme zitterte. »Ich bin trotzdem deine Frau geblieben. Auch nach dem anderen Debakel, als du
ihn
anerkannt und sogar in die Firma mit eingebunden hast. Auch da habe ich zu dir gehalten, trotz der schier unerträglichen Demütigung.« Ihre Nasenflügel bebten, ihre Lippen kräuselten sich über ihren weiß überkronten Zähnen. »Ich habe sogar die Mutter dieses Bastards, die Hure, hier in meinem Haus geduldet.« Sie deutete mit dem Zeigefinger auf den dicken Teppich, der den Hartholzfußboden bedeckte. »Auch diese Schmach habe ich ertragen!« Schluchzer schüttelten ihren ausgemergelten Körper. »Aber das hier …
noch eine?
« Tränen liefen ihr über die eingefallenen Wangen. »Was ist bloß los mit dir? Warum tust du mir das an? Du hast mir
beim Leben unserer Kinder
geschworen, dass du mit dieser elenden Maribelle Collins Schluss gemacht hattest!«
»Das hatte ich auch.«
Sie sah aus, als müsse sie sich nun tatsächlich gleich übergeben. »Aber du hast sie geschwängert, dabei war sie damals ebenfalls verheiratet! Vermutlich hat sie das Kind ihrem Mann untergeschoben!«
Gerald erwiderte nichts.
»Ein Bastard reichte dir wohl nicht, nein, da musste noch ein zweiter her! Wissen unsere Kinder davon?« Sie schien in sich zusammenzufallen. »Sie waren in der Firma, als sie aufgekreuzt ist, hab ich recht?« Da er noch immer keine Antwort gab, fragte sie lauter: »Hab ich recht?«
»Wahrscheinlich
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