Zwillingsbrut
Alvarez an.
Diese entriegelte die Tür und schob sie auf. Ohne zu zögern sprang die Katze – schwarz, mit weißen Pfötchen und einem weißen Fleck am Hals – vom Tisch, schlenderte ins Wohnzimmer und rieb sich an Alvarez’ Jeans. »He.« Sie bückte sich, streichelte das Tier, das jetzt einen Buckel machte, und schmolz dahin, als es anfing, Achten um ihre Beine zu ziehen.
Eine Tür klappte.
»Er
hasst
Katzen!«, sagte Lois, als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte. »Oh, ich sehe, Sie haben bereits Freundschaft geschlossen. Die arme Kleine! Sie muss halb verhungert sein!«
»Ich werde ihr etwas zu fressen geben.«
»Das ist gut!« Lois versuchte, die Katze zu streicheln, doch sie flitzte davon und versteckte sich hinter dem Sofa. »Oh, oh. Jetzt ist sie schüchtern. Ich habe noch eine zweite Transportbox von damals, als Kaiser ein Welpe war. Da könnten wir sie hineinsetzen.«
»Vorausgesetzt, wir erwischen sie.«
»Das versuchen Sie, ich suche mal die Transportbox.«
Zu ihrer Überraschung leistete das Tier keinen großen Widerstand. Binnen zehn Minuten saßen sie beide im Auto und fuhren zu Alvarez’ Wohnung; vom Rücksitz drang klägliches Miauen.
Als sie Mrs. Smith, wie sie die Katze vorübergehend nannte, zur Haustür trug, fragte sie sich, ob sie es übers Herz bringen würde, sie ins Tierheim zu schaffen, oder ob sie Jocelyn Wallis’ Katze nicht einfach behalten sollte. Vor ihrem geistigen Auge stieg das Bild von Lois Emmerson und ihrem Dackel in Pullovern im Partnerlook auf, und sie kam nicht umhin, sich ein solches Szenario für sich selbst auszumalen. Blühte ihr dasselbe Schicksal wie der alten Dame? Würde auch sie am Ende allein dastehen, mit einem Haustier als Ersatzkind, einer Katze mit eigener Garderobe?
»Niemals«, schnaubte sie, schloss die Wohnungstür auf und betrat das sterile Apartment, das sie ihr Zuhause nannte. Sie gab der Katze von dem Dosenfutter, das sie vor der Heimfahrt aus Jocelyn Wallis’ Apartment geholt hatte, faltete ein Handtuch zu einem Katzenbett und ließ Mrs. Smith auf Entdeckungsreise gehen. Während diese ihre neue Umgebung erkundete, ging Alvarez ins Bad und schüttete etwas von der Katzenstreu, die ebenfalls aus der Wohnung der toten Lehrerin stammte, in eine flache Kiste, dann griff sie nach der Katze und setzte sie hinein. »Denk dran, okay, Mrs. Smith?« Die Katze raste aus dem Badezimmer. »Na großartig.«
Alvarez sprang schnell unter die Dusche, trocknete sich hastig ab und zog eine schwarze Hose und einen rostroten Rolli an. Dazu wählte sie große Creolen und ließ ihre langen schwarzen Haare zur Abwechslung einmal offen.
Zurück in ihrer kleinen Kochnische, holte sie eine verstaubte Flasche Cabernet aus dem Vorratsschrank und rieb sie mit einem Küchentuch ab, während die Katze auf den Tresen sprang. »Du übertreibst es«, warnte sie, doch Mrs. Smith miaute lediglich und zeigte ihre kleinen, nadelspitzen Zähne. »Sei brav.«
Nie im Leben!,
schien die Katze zu antworten, aber Selena schnappte sich trotzdem Schal und Mantel, schlüpfte hinein, und bevor sie es sich anders überlegen konnte, nahm sie die Flasche Cabernet und ihre Handtasche und marschierte zur Tür hinaus.
Draußen fiel der Schnee in großen weichen Flocken, die im Licht der Außenlampen glitzerten.
Sie schalt sich eine Riesennärrin, dann eilte sie durch den aufkommenden Blizzard zu ihrem Jeep, stieg ein und blieb unschlüssig sitzen.
Sollte sie wirklich Dan Graysons Einladung annehmen?
Während Jocelyn Wallis’ Katze in ihrem Apartment hockte?
Zögernd ließ sie den Schlüssel über der Zündung schweben, schloss die Augen und zählte bis zehn. »Ach, warum denn nicht?«, murmelte sie dann. Was konnte denn schlimmstenfalls passieren? Dass sie sich lächerlich machte? Dass er mit einer anderen Frau allein war? Oder dass gar keine anderen Gäste da waren und er überrascht wäre, wenn sie plötzlich auf der Schwelle stand?
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Oder:
Nada aventurado, nada adquirido,
wie sie als Teenager zu sagen pflegte – ein Ausspruch, den ihre Großmutter stets mit einem Kopfschütteln quittiert hatte.
Energisch steckte sie den Schlüssel ins Zündschloss und ließ den Motor an. Sekunden später fuhr sie vom Parkplatz durch den herabrieselnden Schnee und fragte sich, was um alles in der Welt sie sagen sollte, wenn sie vor der Haustür ihres Chefs stand.
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Kapitel 14
D amit waren wir doch schon längst durch.« Pescoli stützte sich auf ihren
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