Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen den Gezeiten

Zwischen den Gezeiten

Titel: Zwischen den Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
Vom Netzwerk:
dringen.
    Â»Die Eltern übertreiben.« Sie haßte nasse Füße, hielt sich an seinem Arm fest und zog den Schuh aus. »Hast du Papier dabei?« Er schüttelte den Kopf. Inga riß Huflattich aus und breitete die samtigen Blätter in den Schuh.
    Â»Dort oben ist es trocken.« Henning zeigte auf einen Jägersitz, den sie seit Minuten gesehen, aber nicht bemerkt hatte. Im hohen Gras hob er die Beine. »Bloß weil du bei den Engländern arbeitest, bedeutet das nicht, daß wir normale Zeiten haben.« Er kletterte als erster.
    Â»Sind die Zeiten je normal?« Sie sah seine kräftigen Beine Sprosse um Sprosse nehmen, stieg hinterher, das letzte Stück zog er sie. Ein schmaler Sitz aus Kiefernholz, Harz perlte aus den Poren, der Jäger hatte Sitzfläche und Rückwand mit Moos gepolstert.
    Â»Bei dieser Spielpartie  –« Henning zog das Wort in die Länge. »Waren da viele Briten?« Sie saßen dicht aneinander, von hier oben gab es mehr Gras als Himmel zu sehen. Inga erwähnte die Deutsche im grauen Kostüm. Seufzend legte er beide Hände auf die Brüstung.
    Â»Hast du dich mit einem Engländer eingelassen?« Henning starrte hinaus, als gebe es dort etwas zu entdecken.
    Â»Engländer«, wiederholte Inga, die Arroganz des Leutnants fiel ihr ein, sein Geheimnis; wie unglaublich geschickt er mit den Karten umging.
    Â»Ich mag dich.« Hennings Schultern wurden schwer. »Ich könnte sagen, ich liebe dich. Aber du lachst mich nur aus.«

    Eine Brise fuhr durch den Turm. »Sagen kannst du es.«
    Statt eines Wortes umfaßte er ihre Taille, küßte Hals und Ohr, seine große Hand fuhr in ihr Haar; was er murmelte, verstand sie nicht, sein Mund war zu nahe. Inga dachte an den Kreuz-König. Henning schob ihren Rock zurück, sie mußte die Beine verkeilen, um nicht den Halt zu verlieren. Vor ihr rutschte er zu Boden, der hölzerne Kasten in der Luft knarrte, sein Kopf war zwischen ihr, sie spürte die Nase, den Bart, der von morgens bis jetzt gesprossen war. Er küßte ihre Schenkel, zerrte dabei an der Unterhose, ohne viel zu erreichen. Ihre Wade zitterte, Henning glaubte, seine Küsse bewirkten das, und wurde eindringlicher; kräftig hob er ihr Hinterteil und zog den Schlüpfer, so weit es ging. Der Turm über der Wiese, der kalte Himmel, ihre Anstrengung, nicht abzurutschen, Freundlichkeit kostet nichts, erinnerte sie sich an Mutters Worte. Zielstrebig hob Henning Inga hoch und setzte sie ab, Haar sprießte aus seinem Hemd, die Nase war rot von den Küssen zwischen ihren Schenkeln. Wie hatte er ihr die Bluse ausgezogen, das Unterhemd, den Büstenhalter hochgestreift? Er war wild und wußte zugleich, was er tat. Sie stöhnte seinen Namen, Henning zog sich aus. Da sie glaubte, es gehöre dazu, sagte sie, daß sie ihn liebe. Er knurrte und senkte sich gleichzeitig in sie. Inga vergaß, was sie darüber erzählten, war erleichtert, wie einfach es ging. Ein Ast stach ihr durchs Moos in den Rücken; als sie die Augen öffnete, entdeckte sie ihr gerötetes Knie über Hennings Kopf, Hauch vor dem Mund, die Nachmittagsluft war kühl. In diesen Momenten, überrascht vom eigenen Gefühl, wünschte sie sich Henning ganz für sich – Trude behielt ja die Firma, mit den Jungs mußte man reden; warum war es unmöglich? Inga preßte sich Henning entgegen. Über ihr im Holzbaldachin hing ein altes Wespennest, eine einzelne Wespe kam geflogen, torkelig, als sei sie eben erwacht, setzte sie sich auf die graue Wabe, zuckte mit den Beinen, schob den Kopf vor und sonderte Flüssigkeit ab. Mit den Mundwerkzeugen begann sie zu bauen, erneuerte ihr Nest in abenteuerlicher Geschwindigkeit. Inga erwartete, daß andere Wespen kamen, aber sie blieb in ihrer
Anstrengung allein. Henning taumelte hoch, riß Inga aus der Betrachtung, dicht neben ihr ergoß er sich ins Moos.
    Später schliefen sie auf der Decke hinter dem Wagen. Auch wenn sie Mühe gehabt hatte, nach unten zu klettern, war Inga als erste abgestiegen, wollte nicht, daß Henning ihr unter den Rock sah. Den Schlüpfer trug sie in der Tasche, nur wenig Blut, es war einfacher und erstaunlicher zugleich. Das Harz würde schwer aus den Kleidern zu kriegen sein. Sie rückte dicht an Henning heran, spürte, wie sein Atem langsamer wurde, leise begann er zu röcheln. Im Halbschlaf, seine Arme von hinten um sie

Weitere Kostenlose Bücher