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Zwischen den Sternen

Titel: Zwischen den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Hickory.
    »Ich möchte, dass ihr singen lernt«, sagte ich und zeigte auf Gretchen. »Ihr bringt uns das Kämpfen bei, und wir bringen euch das Singen bei. Für das Jekami.«
    »Singen«, sagte Hickory.
    »Ja, Singen«, bestätigte ich. »Die Menschen hier haben immer noch Angst vor euch. Und nichts für ungut, aber ihr verbreitet nicht gerade eine Aura der Herzlichkeit. Aber wenn wir zu viert ein oder zwei Lieder beim Jekami vortragen, könnte das durchaus dazu beitragen, dass sich die Leute in eurer Gegenwart etwas wohler fühlen.«
    »Wir haben noch nie gesungen«, sagte Hickory.
    »Ihr habt auch noch nie zuvor Geschichten geschrieben. Aber auch das habt ihr geschafft. Einfach so. Nur dass es mit dem Singen etwas anders ist. Und die Leute werden sich dann nicht mehr wundern, warum Gretchen und ich mit euch beiden verschwinden. Na los, Hickory, das wird ein Riesenspaß.«
    Hickory schien noch nicht überzeugt zu sein, und dann kam mir ein seltsamer Gedanke: Vielleicht ist Hickory schüchtern. Was zunächst ziemlich abwegig klang. Jemand, der einem sechzehn unterschiedliche Arten des Tötens beibringen konnte, bekam Lampenfieber, weil er auf der Bühne singen sollte?
    »Ich würde gern singen«, sagte Dickory.
    Wir alle drehten uns erstaunt zu ihm um.
    »Es spricht!«, rief Gretchen.
    Hickory klickte Dickory etwas in ihrer Sprache zu, und Dickory klickte zurück. Hickory antwortete, und Dickory antwortete etwas, das irgendwie eindringlich klang. Und dann … es war kaum zu glauben, aber dann seufzte Hickory.

    »Wir werden singen«, sagte er.
    »Ausgezeichnet«, frohlockte ich.
    »Wir werden morgen mit der Ausbildung beginnen«, sagte Hickory.
    »Gut«, sagte ich. »Aber mit den Gesangsstunden wollen wir schon heute anfangen. Jetzt.«
    »Jetzt?«, sagte Hickory.
    »Klar doch«, sagte ich. »Wir sind alle versammelt. Und Gretchen und ich haben genau das richtige Lied für euch.«

15
    Die folgenden Monate waren sehr anstrengend.
    Am frühen Morgen: sportliche Übungen.
    »Ihr seid sehr schwach«, sagte Hickory am ersten Tag zu Gretchen und mir.
    »Eine gemeine Lüge«, erwiderte ich.
    »Nun gut«, sagte Hickory und zeigte auf den Waldrand, der mindestens einen Kilometer entfernt war. »Bitte lauft zum Wald, so schnell ihr könnt. Dann lauft zurück. Macht keine Pause, bis ihr wieder hier seid.«
    Wir liefen. Als ich wieder da war, fühlten sich meine Lungen an, als würden sie versuchen, durch meine Luftröhre nach draußen zu gelangen, um mich zu bestrafen, dass ich sie so sehr gequält hatte. Gretchen und ich brachen keuchend im Gras zusammen.
    »Ihr seid sehr schwach«, wiederholte Hickory.
    Ich widersprach ihm nicht, aber nicht nur, weil ich in diesem Moment sowieso kein Wort herausbekommen hätte.
    »Das reicht für heute«, fuhr Hickory fort. »Morgen werden wir richtig damit beginnen, eure physische Kondition zu verbessern. Wir werden es langsam angehen.«
    Die beiden Obin entfernten sich und ließen Gretchen und mich mit finsteren Plänen allein, wie wir Hickory und Dickory ermorden konnten, falls es uns gelang, unsere Körper jemals wieder mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen.
    Am Vormittag: Schule, genauso wie für alle anderen Kinder
und Jugendlichen, die nicht in der Landwirtschaft arbeiteten. Da Bücher und Material knapp waren, mussten wir alles teilen. Meine Lehrbücher teilte ich mit Gretchen, Enzo und Magdy. Das funktionierte bestens, wenn wir uns prima verstanden, und weniger gut, wenn wir nicht so oft miteinander redeten.
    »Würdet ihr beiden euch bitte konzentrieren?«, sagte Magdy und bewegte die Hände vor unseren Gesichtern. Eigentlich waren wir mit Infinitesimalrechnung beschäftigt.
    »Hör auf damit«, sagte Gretchen. Sie hatte den Kopf auf den Tisch gelegt. Das Training an diesem Morgen war besonders hart gewesen. Sie blickte zu mir auf. »Du glaubst gar nicht, wie sehr ich Kaffee vermisse.«
    »Es wäre schön, wenn wir uns heute noch unserem Problem widmen könnten«, bemerkte Magdy.
    »Was soll das Ganze überhaupt?«, fragte Gretchen. »Schließlich kommt sowieso niemand von uns aufs College.«
    »Trotzdem müssen wir es tun«, sagte Enzo.
    »Dann macht ihr es.« Gretchen schob das Buch zu den beiden Jungs hinüber. »Zoë und ich müssen diesen Mist nicht mehr lernen. Wir können ihn schon. Ihr beide wartet immer ab, bis wir die Arbeit getan haben, und dann nickt ihr einfach, als wüsstet ihr, worum es geht.«
    »Das stimmt nicht«, sagte Magdy.
    »Wirklich?«, fragte Gretchen.

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