Zwischen den Sternen
Schuldgefühle einreden«, sagte Enzo anschließend, »aber ich würde dich wirklich gern öfter sehen.«
»Wir sehen uns doch täglich«, erwiderte ich.
»Mit ›sehen‹ meine ich etwas anderes, als zusammen Hausaufgaben zu machen«, sagte Enzo.
»Ich frage mich gerade, was du alles von mir sehen möchtest - und vielleicht nicht nur sehen möchtest.«
»Ich wäre schon glücklich, wenn ich einfach nur in deiner Nähe sein könnte.«
»Dann lass uns uns zum nächsten Jekami verabreden«, sagte ich. »Wo wir uns übrigens auch ohne Verabredung immer wieder sehen.«
»Ich gebe ja zu, dass es durchaus Spaß macht, zu bewundern, wie du Hickory beigebracht hast, ein Sitar-Solo nachzumachen …«
»Das ist Dickory«, stellte ich richtig. »Hickory ist für die Percussion zuständig.«
Behutsam legte Enzo einen Finger auf meine Lippen. »Es macht mir wirklich großen Spaß«, setzte er noch einmal an, »aber ich würde wirklich gern mehr Zeit ganz allein mit dir verbringen.« Dann küsste er mich, was seine Worte auf sehr überzeugende Weise unterstrich.
»Wie wäre es mit jetzt?«, fragte ich nach dem Kuss.
»Geht nicht«, sagte Enzo. »Bin auf dem Weg nach Hause, um für Maria und Katherina den Babysitter zu machen, damit meine Eltern sich ein Abendessen bei Freunden genehmigen können.«
»Mann!«, sagte ich. »Du küsst mich, sagst, dass du mich sehen willst, und dann lässt du mich hängen. Nett von dir!«
»Aber morgen Nachmittag habe ich frei. Wie wäre das? Nachdem du mit deinem Killer-Training fertig bist.«
»Morgen dürfte ich gelernt haben, dich zu erwürgen.«
Schweigen.
»War’n Witz«, sagte ich.
»Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als dir zu glauben«, seufzte Enzo.
»Du bist süß.« Ich küsste ihn. »Also sehen wir uns morgen.«
Am nächsten Tag dauerte das Training etwas länger als sonst. Ich ließ das Abendessen ausfallen und machte mich direkt auf den Weg zum Häuschen von Enzos Eltern. Seine Mutter sagte mir, er hätte eine Weile gewartet und wäre dann zu Magdy rübergegangen. Am nächsten Tag redeten wir in der Schule nicht viel miteinander.
Am Abend: Schulaufgaben.
»Wir haben mit Jerry Bennett die Vereinbarung getroffen, dass du das Informationszentrum an zwei Abenden pro Woche benutzen darfst«, sagte Hickory.
Plötzlich tat mir Jerry Bennett furchtbar leid, der, wie ich gehört hatte, ziemlich große Angst vor den Obin hatte und wahrscheinlich allem zugestimmt hatte, was sie von ihm verlangten, nur damit sie ihn schnell wieder in Ruhe ließen. Ich nahm mir vor, Bennett zum nächsten Jekami einzuladen. Es gab nichts Besseres, ein Alien weniger bedrohlich wirken zu lassen, als ein solches Wesen auf einer Bühne zu beobachten, wie es mit dem Kopf wackelte und Laute von sich gab, die wie eine Tabla klangen.
»Dort wirst du die Dateien der Kolonialen Union über andere intelligente Spezies studieren«, fuhr Hickory fort.
»Warum wollt ihr, dass ich das tue?«, fragte ich.
»Um zu lernen, wie man gegen sie kämpft«, sagte Hickory. »Und wie man sie töten kann.«
»In der Konklave haben sich Hunderte von Spezies zusammengeschlossen«,
sagte ich. »Soll ich mich mit jeder einzelnen vertraut machen? Dafür dürfte ich länger als zwei Abende pro Woche brauchen.«
»Wir werden uns auf Spezies konzentrieren, die nicht der Konklave angehören«, sagte Hickory.
Gretchen und ich tauschten einen Blick aus. »Aber das sind nicht diejenigen, die uns angreifen wollen«, sagte Gretchen.
»Es gibt viele Spezies, die dazu bereit wären«, entgegnete Hickory. »Und manche davon sind stärker motiviert als andere. Zum Beispiel die Rraey. Sie haben vor kurzem einen Krieg gegen die Eneshan verloren, die die meisten ihrer Kolonien eroberten, bevor sie wiederum von den Obin besiegt wurden. Die Rraey stellen keine unmittelbare Gefahr für ganze Völker oder etablierte Kolonien dar. Aber wenn sie herausfinden, dass du dich hier aufhältst, besteht kein Zweifel, was sie dann tun würden.«
Ich erschauderte.
Gretchen sah es. »Alles klar mit dir?«, fragte sie.
»Alles wunderbar«, antwortete ich etwas zu schnell. »Den Rraey bin ich schon einmal begegnet.«
Gretchen warf mir einen merkwürdigen Blick zu, sagte aber nichts mehr.
»Wir haben eine Liste für dich zusammengestellt«, sagte Hickory. »Jerry Bennett hat die Dateien über die betreffenden Spezies bereits herausgesucht. Achte besonders auf die physiologischen Eigenarten dieser Völker, weil sie in unserer Ausbildung eine
Weitere Kostenlose Bücher