Zwischen den Sternen
Um dich und mich und Gretchen und Magdy. Wann hast du das letzte Mal etwas ohne Magdy gemacht?«
»Ich erinnere mich nicht, dass er dabei war, wenn wir beide zusammen waren«, sagte Enzo.
»Du weißt, was ich meine. Ständig läufst du ihm hinterher, hältst ihn davon ab, von irgendwem verprügelt zu werden, sich den Hals zu brechen oder eine Dummheit anzustellen.«
»Ich bin nicht sein Kindermädchen!«, sagte Enzo und wurde für einen kurzen Moment tatsächlich wütend. Das war neu für mich.
Aber ich ging nicht darauf ein. »Du bist sein Freund. Sein bester Freund. Und Gretchen ist meine beste Freundin. Und im Augenblick können sich unsere besten Freunde nicht ausstehen. Natürlich schlägt das auch auf uns zurück, Enzo. Ich möchte dich fragen, wie du zu Gretchen stehst. Du magst sie nicht besonders, nicht wahr?«
»Wir hatten schon bessere Zeiten.«
»Richtig. Weil sie Streit mit deinem besten Freund hat. Mit Magdy geht es mir genauso. Ich wette, dass er mir ähnliche Gefühle entgegenbringt wie du Gretchen. Und Gretchen ist auch nicht gerade von dir angetan. Ich würde mich sehr gerne mit dir treffen, Enzo, aber die meiste Zeit sind wir nur im Paket zu haben. Unsere besten Freunde gehören einfach dazu. Und im Augenblick möchte ich mich einem solchen Drama nicht aussetzen.«
»Weil es leichter für dich ist, mich einfach links liegen zu lassen«, sagte Enzo.
»Weil ich müde bin, Enzo.« Ich spuckte die Worte geradezu aus. »Verstanden? Weil ich fix und fertig bin. Jeden Morgen nach dem Aufwachen muss ich rennen oder Kraftübungen machen oder irgendetwas anderes tun, das mich völlig erschöpft. Ich bin schon müde, bevor ihr anderen überhaupt aufgewacht seid. Dann kommt die Schule. Dann lasse ich mich den ganzen Nachmittag lang malträtieren, um zu lernen,
mich selbst zu verteidigen, weil die Chance besteht, dass irgendwelche Aliens hier aufkreuzen und uns alle umbringen wollen. Dann kommen die Abende, an denen ich alles über jede bekannte Spezies da draußen lese, nicht weil es mich interessieren würde, sondern falls ich in die Verlegenheit kommen sollte, einen ihrer Vertreter ermorden zu müssen und ich dann wissen sollte, wo ihre Schwachpunkte sind. Mir bleibt kaum noch Zeit, an irgendetwas anderes zu denken, Enzo. Ich bin einfach nur müde.«
Ich seufzte. »Glaubst du etwa, das alles würde mir Spaß machen? Glaubst du wirklich, ich hätte keine Lust mehr, dich zu sehen? Weil ich lieber lernen möchte, Aliens zu jagen und zu töten? Weil ich hellauf begeistert bin, dass ich jeden Tag mit der Nase darauf gestoßen werde, dass der Rest des Universums nur auf die Gelegenheit wartet, uns alle abschlachten zu können? Wann hast du zum letzten Mal darüber nachgedacht? Wann hat Magdy zum letzten Mal darüber nachgedacht? Ich werde jeden Tag daran erinnert, Enzo. Ich mache den ganzen Tag lang nichts anderes. Also erzähl mir nicht, es wäre leichter für mich, irgendwelchen Beziehungsproblemen aus dem Weg zu gehen. Tut mir leid, aber du verstehst gar nichts .«
Enzo starrte mich fast eine Minute lang an, bis er eine Hand hob und mir die Wangen abwischte. »Du hättest es mir sagen können.«
Ich lachte tonlos. »Dazu hatte ich gar keine Zeit.«
Das entlockte Enzo ein Lächeln.
»Außerdem wollte ich nicht, dass du dir Sorgen machst«, fügte ich hinzu.
»Damit hast du genau das Gegenteil erreicht«, sagte Enzo.
»Das tut mir leid.«
»Schon gut«, erwiderte er.
»Du fehlst mir, wirklich«, sagte ich und rieb mir die Augen trocken. »Ich würde gerne Zeit mit dir verbringen. Selbst wenn es bedeuten würde, dass auch Magdy dabei ist. Es fehlt mir, mit dir zu reden, nur mit dir. Es fehlt mir, zu sehen, wie du beim Völkerball versagst. Es fehlt mir, Gedichte von dir zu bekommen. Alles fehlt mir. Es tut mir leid, dass in letzter Zeit so miese Stimmung zwischen uns geherrscht hat und dass wir nichts getan haben, um es wieder in Ordnung zu bringen. Es tut mir leid, und du fehlst mir, Enzo.«
»Danke«, sagte er.
»Keine Ursache.«
Wir standen eine ganze Weile nur da und sahen uns an.
»Du bist gekommen, um mit mir Schluss zu machen, nicht wahr?«, sagte ich schließlich.
»Ja«, sagte Enzo. »Tut mir leid.«
»Es muss dir nicht leidtun. Ich war keine gute Freundin für dich.«
»Doch, das warst du«, sagte Enzo. »Solange du noch Zeit für mich hattest.«
Wieder musste ich stockend lachen. »Das scheint wohl das eigentliche Problem zu sein.«
»Ja«, sagte Enzo, und ich wusste, wie
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