Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen den Sternen

Titel: Zwischen den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
Vom Netzwerk:
zwitscherten und schnalzten sich ständig etwas zu. Für mich gab es keinen Zweifel, dass sie darüber diskutierten, was sie mit den beiden Menschen anstellen wollten.
    Der vierte Werwolf stand ein Stück abseits von den übrigen dreien und verhielt sich ganz anders. Wenn einer seiner Artgenossen Enzo oder Magdy zu sehr zusetzte, trat
er dazwischen und hielt sie davon ab. Gelegentlich versuchte er mit den anderen Werwölfen zu reden und gestikulierte dabei in Richtung Enzo und Magdy, um seinen Standpunkt zu unterstreichen. Er wollte die anderen von etwas überzeugen. Die Menschen freizulassen? Vielleicht. Was auch immer es sein mochte, die anderen drei Werwölfe wollten nichts davon hören. Trotzdem versuchte es der vierte Werwolf immer wieder.
    Plötzlich erinnerte er mich an Enzo, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte, wie er versucht hatte, Magdy von einer idiotischen Prügelei abzuhalten, für die es gar keinen Grund gab. Damals hatte es nicht funktioniert. Erst Gretchen und ich mussten einschreiten, um das Unglück abzuwenden. Und jetzt schien es auch nicht zu funktionieren.
    Ich blickte mich zu Hickory und Dickory um, die dafür gesorgt hatten, dass sie freies Schussfeld zwischen sich und den Werwölfen hatten. Gretchen hatte sich ein Stück von mir entfernt und sich ebenfalls in eine günstige Schussposition gebracht.
    Zu viert hätten wir die Werwölfe erlegen können, bevor sie wussten, wie ihnen geschah. Es wäre eine schnelle, saubere und einfache Lösung, und wenn wir Enzo und Magdy anschließend nach Hause brachten, würde vielleicht niemand bemerken, dass überhaupt etwas geschehen war.
    So wäre es am klügsten. Ich bewegte mich lautlos und legte meine Waffe an. Dann wartete ich etwa eine Minute, bis ich aufgehört hatte zu zittern.
    Ich wusste, dass wir sie in einer bestimmten Reihenfolge erlegen würden. Hickory, der sich ganz links befand, würde den ersten aus der Dreiergruppe übernehmen, Dickory den
zweiten, Gretchen den dritten und ich den letzten, der sich von den anderen abgesondert hatte. Ich wusste, dass alle darauf warteten, dass ich den ersten Schuss abgab.
    Einer der Werwölfe hob seinen Speer, um Enzo erneut zu malträtieren. Mein Werwolf eilte herbei, aber er kam zu spät, um es zu verhindern.
    Und ich wusste es. Ich wollte es nicht tun. Ich konnte nicht. Ich wollte ihn nicht töten. Weil er versuchte, meinen Freunden zu helfen, weil er sie nicht töten wollte. Er hatte es nicht verdient zu sterben, nur weil es die einfachste Methode war, um Enzo und Magdy zu befreien.
    Aber ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.
    Wieder fingen die drei Werwölfe zu zwitschern an. Zunächst schienen es willkürliche Laute zu sein, doch dann stimmten sie sich aufeinander ein. Sie fanden sogar einen gemeinsamen Rhythmus. Einer stieß seinen Speer im Takt auf den Boden, und zu dritt umspielten sie mit ihren Stimmen den Grundrhythmus. Es klang fast wie ein Triumphgesang. Der vierte Werwolf gestikulierte immer heftiger. Ich hatte eine schreckliche Ahnung, was am Ende des Gesangs geschehen würde.
    Sie sangen weiter und schienen sich allmählich dem Ende des Liedes zu nähern.
    Also tat ich, was ich tun musste.
    Ich sang ebenfalls.
    Ich öffnete den Mund und schmetterte den ersten Vers von »Delhi Morning«. Nicht besonders gut, und auch nicht ganz in der richtigen Tonlage. Eigentlich klang es grausam - offenbar hatten sich die Monate der Proben und der Auftritte beim Jekami für mich nicht gelohnt. Aber das spielte keine Rolle.
Die Sache erfüllte ihren Zweck. Schlagartig verstummten die Werwölfe. Ich sang weiter.
    Ich blickte zu Gretchen hinüber, die mir nahe genug war, um ihren Bist-du-jetzt-völlig-verrückt-geworden -Gesichtsausdruck erkennen zu können. Ich antwortete ihr mit einem Hilf-mir-bitte -Blick. Ihre Miene erstarrte zu einer Maske, und während sie weiterhin einen der Werwölfe im Visier ihres Gewehrs behielt, sang sie den Kontrapunkt des Liedes. Sie schlängelte sich hinauf und hinab um meinen Part herum, wie wir es so viele Male geübt hatten. Mit ihrer Hilfe fand ich schließlich die richtige Tonlage.
    Und jetzt wussten die Werwölfe, dass wir mehr als nur eine Person waren.
    Links von Gretchen stimmte Dickory ein und ahmte die Sitarmelodie nach, wie er es so perfekt beherrschte. Es war ein seltsamer Anblick, aber wenn man die Augen schloss, war es schwer, den Unterschied zu einem realen Instrument zu erkennen. Ich genoss die näselnden Klänge und sang weiter. Und links von Dickory

Weitere Kostenlose Bücher