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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
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dazu eine kleine, eiskalte Flasche Evian kredenzt und mir, auch wie immer, dabei auf den Arsch glotzen lassen. Manchmal denke ich, er hat mich nur deswegen eingestellt. Aber nachdem der Hamburger Morgen seine Praktikumsstelle leider an Simon Karcher aus meinem Semester vergeben hat, hatte ich keine Wahl. Und da ich der zweitbeste Bewerber war, durfte ich gnädigerweise beim Stylish aus derselben Verlagsgruppe anheuern, mit allen Chancen , wie Degenhardt mir versichert hat und dachte dabei wohl in erster Linie an seine Chance auf meinen Arsch. Aber bisher belässt er es beim Glotzen und in der Branche muss man ja bekanntlich nehmen, was man kriegen kann. Also ertrage ich tapfer, dass ich jeden Tag eine Etage vor der, in der ich eigentlich gerne gelandet wäre, aussteigen und dort über Frauenprobleme und sonstigen Scheiß schreiben muss. Denn direkt über uns ist die Redaktion vom Hamburger Morgen . Und da will ich immer noch hin. Am liebsten in die Sportredaktion.
    Eigentlich wollte ich nach dem Abi und einem Praktikum im Verlag, der die Kinderbücher, die meine Mutter schreibt, herausgibt, auf die Henri Nannen , aber ich hab den Aufnahmetest ziemlich verkackt. Also hab ich mit Germanistik angefangen, nähere mich der Bachelorarbeit und bin noch die nächsten drei Monate hier.
    Die ersten vier Wochen hat Degenhardt jedes Mal, nachdem er meinen Hintern begutachtet hatte, gefragt, wer ich bin. Das hat mittlerweile aufgehört, keine Ahnung, ob das ein gutes Zeichen ist.
    Claude meinte neulich, als ich ihn drauf angesprochen hab, dass ich sein Typ sei. Aber das ist mir scheißegal. Denn Degenhardt ist definitiv keine Sünde wert. Zu dünn und entsprechend faltig. Er trägt höchstens Größe achtundvierzig und sein Charme ist irgendwo zwischen Jeremy Irons und magenkrank. Davon, dass der Typ so alt ist, dass er mein Vater sein könnte, will ich gar nicht erst anfangen.
    Außerdem glaube ich, dass die Art schwuler Sex, wie er ihn hat, mir ganz sicher nicht gefällt. Nicht, dass ich's ausprobiert hätte oder mich die Vorstellung, dass er Sex hat, in irgendeiner Weise anturnen würde, aber ich bin, was das angeht, ein Romantiker. Bei Passiv kämen wir vielleicht noch ins Geschäft, dagegen hab ich nichts, im Gegenteil, aber ich lasse mich nicht gerne auspeitschen dabei. Und ich hab auch keinen Bock drauf, dass jemand meine Piercings mit komischen, kleinen Gewichten beschwert oder meine Eier mit Seilen als Geschenkpaket verschnürt. Und selbst wenn, man sollte schon aus Prinzip nicht mit seinem Chef vögeln. Auch dann nicht, wenn er einem vorher nicht den Arsch versohlt.
    »Joschi?« Gott sei Dank holt Milla mich zurück aus meinen Gedanken.
    Um ein Haar hätt ich mir sonst ernsthafte Sorgen um meine Brustwarzen gemacht.
    »Ja, wirf sie weg«, antworte ich resignierend.
    »Die waren echt schön.« In ihrer Stimme klingt Bedauern.
    »Du solltest mal den Typen sehen, der sie gemacht hat«, seufze ich und denke schon wieder an Ben. Irgendwie bekomme ich ihn echt nicht mehr aus meinem Kopf. Er ist so verdammt sexy und ich mag seine Stimme und seine Hände und…
    »Welchen Typen?«, hakt sie nach. Denn in Ermangelung eines eigenen Sexuallebens ist sie überaus an meinem interessiert. Dass es auch da momentan ziemlich überschaubar zugeht, ist nebensächlich.
    »Den Floristen«, antworte ich. »Er war 'ne verdammte Zehn.«
    »Oh«, sagt sie, greift nach den Rosen und befördert sie dann herzlos in den Mülleimer unter der Spüle. Ich hab's ja gesagt: Blumen sind ein Wegwerfprodukt.
    »Eine Zehn also?«
    »Definitiv.« Ich nicke und mache ein leidendes Gesicht.
    Milla kennt diese Skala. Im Grunde hat sie sie erfunden. Stammt noch aus Zeiten, in denen sie sich vorgenommen hatte, zu heiraten, bevor sie dreißig ist. Zur Not auch mich. Mittlerweile ist sie achtundzwanzig und hat es, nachdem ich mich vehement geweigert hab, auf unbestimmte Zeit verschoben.
    »Was dann wohl erklärt, wieso du für ein paar Blumen einmal quer durch die Stadt fährst«, schlussfolgert sie.
    »Hm«, mache ich wieder und komm mir dabei ein bisschen dämlich vor. »Aber irgendwie hat es nicht funktioniert.«
    »Nicht?«
    »Nein… ich… er hat mich nicht angerufen und wenn ich ehrlich bin, glaube ich, dass er was mit seinem Chef hat.«
    »Erzähl«, sagt Milla, greift sich einen Stuhl, setzt sich rittlings darauf und sieht mich dann auffordernd an.
     
    ***
     
    Ich schätze, ich werde mich einweisen lassen. Aber erst, nachdem ich hier fertig bin. Und wenn

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