Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
Vom Netzwerk:
unrealistisch war, dass das mit uns beiden was wird, hatte ich es mir trotzdem gewünscht. Gegen Gefühle kommt man nicht an. Jedenfalls nicht immer.
    »Ich bin sowieso nicht gut in Beziehungen. Meine Mutter hat sich umgebracht«, erinnere ich ihn trotzig. Ist tatsächlich so. Die meisten Menschen, denen das passiert, bekommen ihr Leben sowieso nicht auf die Reihe.
    Wenn man es unter diesem Aspekt betrachtet, geht es mir vermutlich gar nicht mal so schlecht. Immerhin hab ich einen Job, eine Wohnung und Freunde… Beziehungen werden überbewertet.
    »Du solltest das nicht dein Leben bestimmen lassen, Ben.«
    »Hättest du mit meiner Mutter reden müssen.« Ich klinge zynisch.
    »Das meine ich nicht«, sagt Daniel.
    »Ich weiß«, gebe ich zu. Wir sprechen selten über dieses Thema. Ich war zwei Jahre lang bei einer Psychologin, als ich nach Hamburg gekommen bin. Es war Gerds Idee. Eigentlich wollte ich nicht. Es war trotzdem gut, dass ich hingegangen bin.
    »Ich finde es einfach schade, dass du's nicht wenigstens versuchst.« Über die Kurse, die es für Menschen wie mich gibt, reden wir öfter. Mindestens einmal im Monat. Jedenfalls seitdem Gerd nicht mehr lebt. Daniel wird achtundfünfzig, er will das Blattgold nicht führen, bis er irgendwann mit der Blumenschere in der Hand tot umfällt, wie er so oft sagt.
    Er könnte eigentlich aufhören, der Laden läuft seit vielen Jahren gut und er hat ordentlich in eine private Rentenversicherung eingezahlt. Das Haus, in dem der Laden ist, gehört ihm und vermutlich muss er sich um Geld keine Sorgen machen. Die einzige, die er sich macht, ist, wer den Laden mal übernimmt. Und eigentlich will er, dass ich das bin. Aber ich kann es nicht.
    Deswegen liegt er mir schon eine Ewigkeit mit diesem blöden Kurs in den Ohren. Einem Kurs, in dem auch Erwachsene noch Lesen und Schreiben lernen. Denn wenn ich es wenigstens einigermaßen könnte, könnte ich auf die Berufsschule gehen. Das geht in Hamburg auch ohne Schulabschluss, wenn man einen Ausbildungsplatz hat. Ich könnte Florist werden. Auch offiziell. Und vor allem könnte ich den Laden führen. Und mein Leben…
    »Nicht schon wieder dieses Thema«, sage ich vielleicht ein wenig zu schroff. Denn ich weiß, dass er's im Grunde nur gut meint. Trotzdem nervt es mich. Wenn ich darüber rede, wird mir irgendwie noch klarer, was für ein Idiot ich bin.
    Der Alltag bietet Fluchten. Unauffällige. Kannst du mal eben, meine Hände sind nass im Laden zu Silke, die auch in den drei Jahren, die sie mittlerweile bei uns arbeitet, noch nichts bemerkt hat, wenn es darum geht, eine Lieferadresse zu notieren. Oder mein War nur Spaß neulich im Kino. Ein Bier bestellen in einer Cocktailbar. Anrufen statt einer SMS. All diese Dinge…
    »Ich meine ja nur«, sagt Daniel ruhig. »Selbst wenn es nicht klappt mit dir und Josh, macht es das Leben leichter.«
    » Leicht und Leben ist vielleicht nichts, was du in Bezug auf mich in einem Satz erwähnen solltest«, entgegne ich immer noch zynisch. Und für einen Analphabeten bin ich wenigstens darin ziemlich gut…
     
     

Post von Big Ben
     
    Josh
     
     
    »Uuuuund? Wie war dein Date?« Erwartungsvoll stupst Claude mich in die Seite.
    »Frag nicht«, grummle ich verschlafen und drücke dabei auf den Latte -Knopf des Kaffeeautomaten. Und wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann wäre es, dass sich dadurch ein Loch auftut und Claude auf der Stelle darin verschwindet.
    »Klingt nicht grade… enthusiastisch«, stellt er fest.
    »Hm«, bestätige ich wortkarg ins Mahlgeräusch der Maschine. »Hättest mich ja mal vorwarnen können.«
    »Vorwarnen? Vor deinem Date mit Mr. Supersexy?«
    »Nein, aber dass an diesem beschissenen See die Cruising-Area für Hamburg und das komplette Umland ist.«
    »Oh…«
    »Toll. Oh.« Ich schenke ihm einen vernichtenden Seitenblick.
    »Bei diesem Fetzen, in den du dich da gestern gezwängt hast, dachte ich, du wüsstest das. Und wo ist er überhaupt? Oliver hat ihn gestern vermisst und wenn er nicht demnächst plötzlich wie Phoe-nix aus der Asche wieder auftaucht, reißt er mir den Arsch auf.«
    »Nein, wusste ich nicht«, erkläre ich und starre dabei auf den dünnen Strahl brauner Brühe, der aus der Maschine läuft und in der aufgeschäumten Milch meiner Kaffeetasse versinkt. Aber ich bin nicht sicher, ob ein Latte macchiato mir heute Morgen helfen kann. »Und das Shirt ist in meiner Tasche, ich bring's dir später vorbei.« Den Plan, es vielleicht zu behalten, hab ich

Weitere Kostenlose Bücher