Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
Vom Netzwerk:
geschlossenem Verdeck vorbei…
    »Was ist das eigentlich für ein Forum?«, fragt Claude Gott sei Dank, bevor ich mich entschließen kann, vom Balkon zu springen.
    »Keine Ahnung, gib Boberger See und schwul ein«, sage ich.
    »Und er nennt sich da echt BigBen ?«
    »Hm. Zurecht.« Ich nehme den letzten Zug. Schöne Scheiße. Echt jetzt…
     
    ***
     
    »Kommst du mit essen?«, fragt Julie kurz vor zwölf. Mittlerweile hab ich den Vormittag hinter mich gebracht, obwohl ich ein bisschen abwesend war. Ich musste die ganze Zeit an Ben denken und natürlich hab ich dabei alle zehn Sekunden auf mein Handy gestarrt. Aber er hat sich immer noch nicht gemeldet. Ich sollte ihn mir echt aus dem Kopf schlagen. Und ich will es ja auch, aber es funktioniert nicht.
    »Wo geht ihr denn hin?«
    »Keine Ahnung, zum Chinesen vermutlich.«
    »Hm.« Ich nicke, obwohl ich nicht wirklich hungrig bin, und schließe die Seite des Word -Dokuments. Dummerweise herrscht dort immer noch gähnende Leere. Genau wie in meinem Kopf. Wobei das nicht ganz richtig ist, denn natürlich denke ich an Ben. Ich kann immer noch nicht fassen, dass ich mich so in ihm getäuscht hab.
    »Bin gleich so weit«, murmle ich, schiebe mich mit dem Schreibtischstuhl ein wenig nach hinten und recke die Arme über meinen Kopf. Das blinkende Icon auf dem Bildschirm zeigt mir schon eine Weile an, dass ich eine interne Nachricht hab. Ich sollte sie vielleicht eben lesen, bevor ich mich in die Mittagspause verabschiede.
    »Keine Eile, ich muss sowieso noch zur Toilette«, teilt Julie mir ungefragt mit, während sie neben mir in ihrer Handtasche wühlt und, ich hatte es befürchtet, triumphierend einen Tampon zu Tage fördert. »Mädchenkram.«
    »Hm«, entgegne ich nickend und stelle mir dabei im Geiste kurz die Frage, wieso Frauen meinen, sie müssten ihre schwulen Kollegen mit so einem Scheiß wie Menstruation belästigen. Kaum wissen sie, dass man schwul ist, verlieren sie da echt alle Hemmungen. Als würden sie das einem Hetero erzählen…
    »Okay«, sagt sie, schiebt sich gut gelaunt durch die Tür und ich versuche krampfhaft, mir nicht vorzustellen, was sie da gleich auf der Toilette macht. Aber das ist ein bisschen wie diese Sache mit dem rosaroten Elefanten und ich bin nicht sicher, ob es eine Verbesserung ist zum Bild von Heinz, der sich einen runterholt. Ach ja, die Nachricht…
    BigBen ist 56 und kommt aus Pinneberg, dachte, das interessiert dich vielleicht , schreibt Claude und setzt einen augenzwinkernden Smiley dahinter. Keine Ahnung, was das nun wieder soll.
    »Schön, dass du dich an meinem Leid ergötzt«, blaffe ich, allerdings nur halbernst gemeint, wenig später in den Hörer des Telefons auf meinem Schreibtisch.
    »Keineswegs«, klärt Claude mich in seinem typisch nasalen Ton auf.
    »Ach, und was sollte deine Mail dann?«
    »Na ja, ich hatte grade ein bisschen Zeit, da dachte ich, ich sollte mir dein Forum vielleicht mal ansehen. Du meintest doch, er sei süß und…«
    »Da wolltest du dich anbieten?«, stöhne ich.
    »Ich hab ein bisschen gelesen… ist unterhaltsam. Vielleicht solltest du das auch mal tun.«
    »Kann man seine Pleite mit mir mittlerweile dort nachlesen, oder was?«
    »Nein. Und wie gesagt, wenn du gestern mit einem so geilen Typen aus warst, wie du behauptest ,und nicht mit einem, der sechsundfünfzig ist, und, ich zitiere aus seiner Mail an mich, schön behaart und leicht untersetzt , dann halte ich deine BigBen -Theorie, großer Schwanz hin oder her, für ziemlich schlechte Recherche. Ach, und wenn sie schreiben, sie sind sechsundfünfzig dann sind sie in Wahrheit mindestens fünfundsechzig, Schätzchen.«
    »Hä?« Ich kann ihm nicht folgen. Und ein bisschen ärgere ich mich, dass ich ihm diese Sache mit BigBen überhaupt erzählt habe. Ich hab echt Besseres zu tun, als mir noch tagelang dumme Sprüche über Bens Schwanz anzuhören.
    »Ich hab mich registriert und ihn angeschrieben. Und er hat schon geantwortet. Ich hab übrigens auch noch Rosetten-Ben für dich gecheckt, wenn ich schon mal dabei war, weil ich dachte, Blumen und so, aber der ist es auch nicht«, flötet Claude in den Hörer.
    »Wie bitte?« Ich bin entsetzt.
    »Nur Spaß!«, feixt er. »Es gibt dort keinen Rosetten-Ben .«
    »Toll«, stelle ich fest. Keine Ahnung, ob mich das jetzt trösten soll.
    »Ist trotzdem 'ne ganz schöne Freakshow«, stellt er fest. Und irgendwie weiß ich immer noch nicht, was er mir damit eigentlich sagen will.
     
    ***
     
    »Und?

Weitere Kostenlose Bücher