Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
Vom Netzwerk:
spontan wieder verworfen. Ich brauche kein Shirt, das mich an die größte Date-Pleite der letzten drei Jahre erinnert. Das wäre ein bisschen so, wie wenn man sich nach der 9:2 Niederlage zur Erinnerung ein Trikot von den Bayern kauft.
    »Echt nicht? Das weiß doch eigentlich jeder«, streut Claude, wenn auch vermutlich unabsichtlich, Salz in die sowieso schon tiefe Wunde. Diese Sache mit Ben hat mich die ganze Nacht beschäftigt. Irgendwann gegen fünf bin ich dann eingeschlafen. Mit der Erkenntnis, dass ich ihn wohl vergessen sollte. Und dass er mir, auch wenn ich alle zwei Minuten auf mein Handy starre, vermutlich nachts um fünf keine SMS mehr schickt oder mich anruft und versucht, mir die Sache zu erklären.
    »Dann bin ich offensichtlich nicht jeder«, nehme ich die Unterhaltung wieder auf, greife nach meiner Tasse und schlürfe möglichst geräuschlos einen Schluck warmen Milchschaum weg, um ihn nicht auf dem Weg zurück ins Büro über meine Finger zu schütten. »Und überhaupt, was meinst du mit gezwängt ?« Besser ich wechsle das Thema. Denn eigentlich hab ich nicht vor, mein Pleite-Date auch noch vor ihm auszubreiten.
    »Ach herrje… Kippe?« Verführerisch hält Claude mir die Schachtel mit seinen Gauloises unter die Nase und macht eine einladende Bewegung in Richtung Balkontür.
    Gauloises – ganz schlechtes Stichwort, aber ich selbst hab gestern alle Luckies , die ich noch hatte, geraucht und heute Morgen war ich zu spät dran, mir neue zu besorgen.
    »Hm«, sage ich also, greife in die offene Schachtel und nehme mir gleich zwei. Ist schließlich ein Notfall.
    »Also, erzähl«, fordert er mich auf, nachdem er mir Feuer gegeben und ich einen Zug genommen hab.
    »Gibt nicht viel zu erzählen«, sage ich, stelle den Kaffee auf dem kleinen Stehtisch zwischen uns ab, ziehe ein zweites Mal an der Zigarette und sehe dem Rauch nach. »War eben scheiße.«
    »Verstehe«, sagt Claude verständnisvoll. »Nicht so gut gelaufen?«
    »Nein.« Ich schüttle den Kopf. Was soll's? Erstens wird er sowieso nicht lockerlassen und zweitens rauche ich grade seine Zigarette. Vermutlich sollte ich ihm also ein Häppchen hinwerfen.
    »Nicht so gut. Mr. Supersexy ist ein Typ, der sich in Internetforen rumtreibt, sich dort BigBen nennt und aller Welt von seinen Open-Air-Erlebnissen mit Frischfleisch berichtet.«
    »Hey, ein Kollege der neuen Medien sozusagen.« Claude amüsiert sich offenbar blendend.
    »Einer seiner Freunde kam vorbei und wollte uns zuschauen...« Wenn er jetzt sagt, dass das wohl der Fotograf war, hau ich ihm eine rein.
    »Ups!«, sagt er stattdessen und verzieht das Gesicht. Anscheinend ist er bemüht, den Schein zu wahren.
    »Er hieß Heinz«, grummle ich missmutig. »Er war alt und...« Ich muss mir Mühe geben, nicht wieder an seinen Schwanz zu denken. Gar nicht so leicht, dieses Bild aus meinem Kopf zu bekommen. »Und du musst dir keine Mühe geben, es nicht witzig zu finden.«
    »Nett von dir!« Claude grinst. »Aber das ist echt scheiße, wenn man nicht drauf steht.«
    »Das Problem ist nur, ich steh total auf ihn .« Ich seufze ein bisschen theatralisch. »Er ist toll und sexy und ich hab die ganze Nacht gewartet, dass er vielleicht noch anruft.«
    » Big Ben?« Claude zieht die Augenbrauen hoch und grinst dreckig.
    »Geht dich nichts an!«, sage ich knapp. Wie es im Bett war, als niemand zugeschaut hat, mache ich ganz sicher nicht zum Thema dieser sowieso völlig überflüssigen Unterhaltung.
    »Okay, verstehe…«
    »Er hat's nicht mal abgestritten«, erzähle ich niedergeschlagen. Und vermutlich ist das tatsächlich die Sache, die mich am meisten mitnimmt. Er hat wirklich nicht mal versucht, es abzustreiten. Von seinem halbherzigen Ich wusste es nicht mal abgesehen. Aber wenn er es wirklich nicht gewesen wäre, dann wäre er mir nachgelaufen. Oder er hätte sich wenigstens bei mir gemeldet. Hätte ja wirklich sein können, dass ich Twinkfister in die Hände gefallen und nicht gut nach Hause gekommen bin.
    »Das ist natürlich blöd«, stellt Claude fest, während ich noch einen Zug nehme, einen Schritt nach vorne an die Balustrade trete und meinen Blick über die Dächer der Speicherstadt schweifen lasse.
    »Du sagst es. Na ja, ich komm schon drüber weg.« Irgendwann jedenfalls. Vielleicht...
    »Bestimmt«, sagt Claude, tritt neben mich und klopft mir mitfühlend auf die Schulter.
    »Wenn's nur so einfach wär«, sage ich wehmütig. Unten auf der Straße fährt ein HSV-blauer Beetle mit

Weitere Kostenlose Bücher