Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
war die Operation Olga beendet worden. Zu diesem Zeitpunkt wussten sie fast alles über das Objekt, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es den Dienst quittiert hatte. Danach wussten sie im Grunde nur noch, dass er »mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit« ein halbes Jahr zuvor eine Bank in Norddeutschland überfallen hatte und seither offenbar Verbindung zu einer sehr weit links stehenden schwedischen Gruppe hatte, bei der die Palästinafrage ganz oben auf der Tagesordnung stand. Der Mann selbst jedoch schien wie vom Erdboden verschluckt. Bis er vor zwei Monaten, mit unverändertem Aussehen, obwohl so viele Jahre vergangen waren, sonnenverbrannt und absolut fit, auf einem Bild auftauchte, das eine ziemlich geschickt platzierte Überwachungskamera in dem kleinen Park gegenüber der Regierungskanzlei Rosenbad aufgenommen hatte.
Sofort war Operation Olga aus dem Archiv geholt worden, hatte eine neue Projektnummer und ein neues Budget erhalten.
1 Berg hatte die Sicherheitsmaßnahmen für Rosenbad und die dort arbeitenden Schlüsselpersonen verschärft und die Verantwortlichen der Regierungskanzlei informiert. Er hatte zudem mit dem Sonderbeauftragten des Ministerpräsidenten gesprochen, den der Fall seltsam wenig interessiert, der jedoch wie immer großzügig mit Sarkasmen und Zweifeln um sich geworfen hatte. »Ich glaube nicht an solche Figuren«, hatte er hinter seinen schweren, gesenkten Augenlidern festgestellt. »Kaum haben sie ein Gesicht bekommen, sind sie fast immer uninteressant. Ich glaube auch nicht an einen Zusammenhang«, fügte er hinzu. »Bestimmt habt ihr ihn ganz einfach mit dem einen oder anderen verwechselt, was sicher nicht das erste Mal wäre. Und wenn nicht, dann sollten wir dankbar dafür sein, dass er die richtige Versammlung besucht hat.«
»Die richtige Versammlung?«, fragte Berg. »Ich verstehe nicht so ganz, was du meinst.«
»Mach dir keine Sorgen«, sagte der Sonderbeauftragte mit seinem üblichen Feixen – denn das war, ehe Krassner aufgetaucht war und die beiden zu einer Annäherung gezwungen hatte.
»Ich will dich ja nicht zur Sache der Palästinenser bekehren. Ich meine ja nur, wenn er zu einer Veranstaltung von der Sorte gegangen wäre, bei der man Leute seiner Art erwartet, dann wären doch wohl kaum Leute von euch da gewesen, die ihn erkannt hätten.«
Was du nicht sagst, dachte Berg sauer, doch da Krassner sie damals noch nicht zueinander geführt hatte, hatte er diesen Gedanken für sich behalten.
Ein ehemaliger Fallschirmjäger, der im Laufe von zehn Jahren dreimal kurz gesichtet worden war und ansonsten verschwunden blieb. Was Berg besonders beunruhigte, war der Besitzer einer Baumschule bei Finspäng in Östergötland. Die eigene Sicherheitsabteilung der Regierungskanzlei hatte diesen Mann gemeldet, und normalerweise wäre er einfach einer der vielen geblieben, die man einfach nur registrierte, sonst nichts.
Ein gutes Jahr darauf hatte er persönlich an den Ministerpräsidenten geschrieben und um dessen Hilfe gebeten. Nach der Scheidung hatte seine Exfrau das Sorgerecht für den damals sechs Jahre alten Sohn des Paares erhalten. Obwohl sie eine Nutte und ihr neuer Mann ein alkoholisierter Krimineller war und obwohl er seinen Sohn über alles in der Welt liebte. Könnte der Ministerpräsident also eingreifen und Ordnung in der Sache schaffen? Das konnte er natürlich nicht. Der Mann hatte den üblichen freundlichen Absagebrief der Sachbearbeiterin in der Staatskanzlei erhalten, die die juristischen Argumente noch im Schlaf herunterleiern konnte. Worauf er noch einmal schrieb und wieder die gleiche Antwort erhielt. In seinem dritten Brief hatte er seinen Tonfall verschärft, war persönlich, unangenehm und sogar bedrohlich geworden. Danach hatte er sich auf Anrufe verlegt, und ungefähr zu dem Zeitpunkt, da er auf Bergs Schreibtisch gelandet war, war er dann verstummt. Ganz routinemäßig war die Angelegenheit jedoch an die Abteilung der Sicherheitspolizei in Norrköping weitergeleitet worden, wo man entweder zu wenig zu tun oder zu viel Geld hatte. Der Baumschulenbesitzer war Schütze und Jäger und hatte einen Waffenschein für insgesamt acht Waffen: einen Revolver, zwei Pistolen, drei Kugel- und zwei Schrotgewehre. Vierzehn Tage, nachdem die Sicherheitspolizei von Norrköping ein Ermittlungsdossier über ihn angelegt hatte, war er bei einer politischen Veranstaltung in Ätvidaberg aufgetaucht, wo der Ministerpräsident als Hauptredner fungierte.
Nach Ende der
Weitere Kostenlose Bücher