Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
geladen war, hatte er sich an die Staatskanzlei gewandt. Im letzten Moment war der Ministerpräsident verhindert gewesen, und Berg hatte der Leibwächtertruppe der Polizei Kopfschmerzen bereitet und für unnötige Ausgaben gesorgt.
Auch ein in London lebender schwedischer Milliardär war in der Liste vertreten. In seiner Heimat war immer noch ein Steuerprozess am Laufen, bei dem der schwedische Staat mehrere hundert Millionen von ihm forderte, und mit London als Basis hatte er große Summen in allerlei Kampagnen investiert, die sich gegen die Sozialdemokraten, die Regierung und nicht zuletzt den Ministerpräsidenten persönlich richteten. Bei einem privaten Essen im Londoner West India Club hatte er außerdem weitergehende Wünsche zum Ausdruck gebracht und zehn Millionen für die Person oder die Personen ausgesetzt, »die dafür sorgen können, dass der Gustaf III. unserer Tage ein logisches Ende nimmt«. Bergs Gewährsmann zufolge, der bei diesem Essen zugegen gewesen war und der auf eine lange Vergangenheit innerhalb der Sicherheitsorganisation der Industrie zurückblicken konnte, hatte der potenzielle Anstifter sein Angebot stocknüchtern, ernsthaft und mit leiser Stimme vorgetragen. »Er wirkte fast ein wenig belustigt, als er es gesagt hat«, fasste der Gewährsmann die Lage zusammen.
In Bergs Organisation hatte der Milliardär den Spitznamen Pechlin erhalten, wie einer der größten Intriganten der schwedischen Geschichte, Berg selbst hatte ihn ausgewählt. Er interessierte sich für Geschichte und las, wenn er nicht im Dienst war, vor allem Bücher über schwedische Geschichte. Geschichte hatte etwas Beruhigendes, fand Berg. Egal, wie düster die Lage auch gewesen sein mochte und wie übel es ausgegangen war, es war eben zur Geschichte geworden, und niemand verlangte von ihm, etwas daran zu ändern. Auf jeden Fall aber waren diese beiden, zusammen mit zwei weiteren Namen, Ausnahmen, und der Schwerpunkt lag bei denen, bei denen er in solchen Zusammenhängen immer lag. Genau die Hälfte der zweiundzwanzig waren schwer belastete Verbrecher, zwei davon saßen eine lebenslängliche Haftstrafe ab.
Einer war ein jugoslawischer Terrorist, und da er dort saß, wo er saß, stellte nicht er den Grund zur Besorgnis dar, sondern seine Umgebung. Er stand in stetigem Kontakt zu mindestens drei Landsleuten, qualifizierten Kriminellen, die viele Haare auf der Brust hatten und auf freiem Fuß umherliefen. Sie waren außerdem schwer zu überwachen, extrem verschwiegen und in ihrem Verhalten und ihrem Umgang fast mafios.
Der andere Mörder war ein schwedischer Querulant, der schwedischen Behörden allgemein und juristischen Behörden ganz besonders einen tiefen und unversöhnlichen Hass entgegenbrachte. Er war auch kein normaler Querulant. Unter anderem verfügte er über technische Kenntnisse, und in seiner aktiven Zeit hatte er mehrere Bomben gebaut, was ihm so gut gelungen war, dass er wegen Mordes zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden war. Seinen Gesinnungsgenossen galt er als Vorbild und Führerfigur, und da sich fast alle seine Anhänger noch auf freiem Fuße befanden, saß er in Bergs Bewusstsein wie ein Stachel im Fleisch. In letzter Zeit hatte er noch dazu ein Interesse am Ministerpräsidenten und mindestens zwei Regierungsangehörigen an den Tag gelegt, das nichts Gutes verhieß.
Das restliche halbe Dutzend wies die Gemeinsamkeit auf, dass es sich um bisher nicht vorbestrafte Männer handelte, ansonsten aber stellten sie eine wilde Mischung dar. Zwei waren in Bergs Zusammenhang besonders interessant. Die puren sicherheitspolitischen Albträume, dachte Berg in düsteren Stunden. Der eine war ein ehemaliger Fallschirmjäger und Unteroffizier an der Fallschirmjägerschule in Karlsborg. Zehn fahre zuvor hatte er das Militär verlassen und war einfach verschwunden, niemand wusste, wohin. Eine Freundin hatte ihn bei der Polizei vermisst gemeldet, doch die Suche nach ihm war eingestellt worden, als sie eine in der Türkei abgestempelte Postkarte erhalten hatte, auf der er kurz mitteilte, dass er sie nicht wiedersehen werde, ihr für »mindestens eine denkwürdige Nummer« danke, und sie bat, seinetwegen die Polizei nicht zu bemühen, denn es gehe ihm »prima«, und er habe nicht vor, »stehenden Fußes nach Hause zu kommen«. Die Freundin hatte der Polizei die Karte gezeigt, die Polizei hatte die üblichen Fragen gestellt, hatte die Schrift auf der Karte mit früheren Mitteilungen verglichen und die Sache
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