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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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noch nie belästigt oder gar versucht, Gewalt anzuwenden. In den letzten Tagen hatte sie sich vor allem darüber den Kopf zerbrochen, wie sie aus der Sache aussteigen könnte, ohne ihn unnötig zu verletzen. Denn mit diesem Abend würde ihr Auftrag erledigt sein, wenn sie Waltin Glauben schenken konnte.
    »Du hältst mich bestimmt für schrecklich langweilig«, sagte Jeanette.
    »Nein, nein«, sagte Daniel und schüttelte ernsthaft den Kopf, während er zugleich ihre Hand mit seiner bedeckte. »Du bist nicht wie andere Frauen, die ich kenne, aber ich respektiere deine Einstellung zu … tja, du weißt schon.«
    Daniel lächelte und zuckte seine breiten Schultern.
    »Und ich mag dich. Sehr sogar«, fügte er hinzu, drückte ihre Hand und nickte.
    Verdammt, dachte Kriminalkommissarin Eriksson, aber das behielt sie für sich. Sie nickte nur schüchtern und starrte die Tischdecke an. Ungefähr so, wie die kleine Jeanette das auch getan hätte.
     
    *
     
    Waltin stöhnte vor Wohlbehagen und nippte an seinem Maltwhisky, während die Peitschenhiebe aus seinen schwarzen Bang & Olufsen-Lautsprechern hallten und die Hauptdarstellerin wie ein gestochenes Schwein schrie.
    »Es kommt noch mehr, es kommt noch mehr«, summte Waltin glücklich, denn er war zufrieden und auch ein wenig beschwipst, und in diesem Moment klingelte sein rotes Telefon. Seine geheime Leitung.
    Typisch, dachte Waltin und seufzte, während er zugleich den Film anhielt. Viertel nach acht. Er schaute auf die Armbanduhr, als er den Hörer abnahm. Es musste Hedberg sein, und das konnte nur bedeuten, dass alles nach Plan lief.
    »Ja«, sagte Waltin. »Ich höre.«
     
    *
     
    »In knapp drei Wochen fahre ich nach Hause«, sagte Daniel. »Kommst du mit?«
    Er lächelte sie an mit diesem strahlend weißen bezaubernden Lächeln, aber damit wollte er wohl vor allem den Ernst seiner Frage verstecken.
    »Ich weiß nicht, später einmal vielleicht. Ich muss einfach dieses Examen hinter mich bringen und danach mit meinen Eltern Weihnachten feiern.« Letzteres stimmte immerhin.
    »Du musst nach Südafrika kommen«, sagte Daniel und lachte. »Es ist wunderbar dort.«
    Sicher, dachte Kriminalassistentin Eriksson. Und: Wie komm ich aus dieser Sache bloß raus?
     
    *
     
    »Alles gut gegangen?« »Ja«, sagte Hedberg.
    »Irgendwas Interessantes?«, fragte Waltin. »Nada«, sagte Hedberg. »Nada? Nichts?«
    »Schäbige, chaotische Studentenbude, jede Menge Papier, und das meiste, auf dem etwas stand, lag auf seinem Schreibtisch. Dazu ein paar handschriftliche Notizen.« »Und das war alles?«
    »Ja«, sagte Hedberg. »Ich hab ein paar Filme verknipst. Ich hab irgendwie den Eindruck, dass er einen Krimi schreibt.«
    »Einen Krimi? Wieso glaubst du das?«, fragte Waltin.
    »Ich hab eine Seite gefunden«, sagte Hedberg. »Die habe ich fotografiert. War mit der Maschine geschrieben. Sah aus wie das Titelblatt für einen Krimi oder so. The Spy that went East von John P. Krassner.«
    »The Spy that went East?«
    »Ja, der Spion, der nach Osten ging. Damit sind sicher die Russen gemeint.«
    Der Spion, der nach Osten ging? Komischer Titel, dachte Waltin. Woher und wie weit nach Osten eigentlich?
    »Und mehr hast du nicht gefunden? Ich meine, das Buch selbst oder so?«
    »Es gab etliche Seiten mit mehr oder weniger viel Text, und die habe ich fotografiert. Aber das meiste lag auf dem Schreibtisch, und sonderlich viel war es nicht. Ich habe insgesamt drei Filme verknipst, ein großer Schriftsteller ist er also offenbar nicht.«
    »Konntest du das Farbband der Maschine überprüfen? Wie viel er geschrieben hat?«
    »Ja. Das schien fast nicht benutzt worden zu sein.«
    Ein alter Miesling und seine bescheuerte Fantasie, dachte Waltin.
    »Wir reden morgen weiter«, schlug er vor.
    »Klingt ausgezeichnet«, sagte Hedberg. »Ich wollte ohnehin gleich in die Falle gehen, also kannst du früh anrufen.«
    Zuerst hatte Waltin die Nachrichtenzentrale der Sicherheitspolizei anrufen wollen, damit Göransson und Martinsson von dort aus mitgeteilt würde, dass sie Feierabend machen könnten. Aber dann hatte er an diesen Trottel Martinsson denken müssen, und er hatte beschlossen, die beiden noch eine Weile sitzen zu lassen, zumindest so lange, bis sie selbst von sich hören ließen. Draußen waren es fast zehn Grad minus, und in der alten Rostlaube, die er für sie ausgeliehen hatte, dürfte es inzwischen auch nicht mehr viel wärmer sein. Er konnte nur hoffen, dass der alte Forselius sich die halbe

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